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§ 9.
Specielle Fälle und Anwendungen.
Zum Schlusse sollen die gefundenen Formeln auf einige specielle Fälle angewandt werden.
1. Ein einzelner Magnetpol von der Intensität
bewege sich geradlinig parallel einer unendlich dünnen ebenen Platte. In den Fusspunkt des von ihm auf die Platte gefällten Perpendikels werde der Anfangspunkt der
gelegt, die negative
-Achse falle mit der Richtung seiner Bewegung zusammen[1]. [2] Die Coordinaten des Poles seien
dann ist sein Potential:
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Also wird das inducirte Potential erster Ordnung für positive
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| Daraus folgt das Potential zweiter Ordnung:
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In derselben Weise kann weiter gerechnet werden.
Für die Strömungsfunktionen erster und zweiter Ordnung erhalten wir:
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[3],
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worin jetzt
ist.
In der
Achse ist:
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also
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Als den Mittelpunkt der Erscheinung können wir den Punkt
bezeichnen, derselbe erscheint also in Folge der Selbstinduction verschoben um die Strecke
[4] und zwar bleibt er um die genannte Länge hinter dem bewegten Pole zurück. Das gleiche gilt von der gesammten Erscheinung in der Nähe des Pols.
Für unendliche Geschwindigkeiten wird
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für sehr grosse Werthe von
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Auch hier ist, die Abscisse des Punktes
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da aber dieser Werth sehr gross ist, und unsere Formel nur für endliche
gilt, so ist er nicht als exact zu betrachten.
Das Potential der freien Elektricität in der Platte ist:
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also für kleine Geschwindigkeiten:
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Die Niveaulinien haben also in diesem Fall dieselbe Form wie die Stromlinien. Für sehr grosse Geschwindigkeiten ist:
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welche Formel im Unendlichen ihre Gültigkeit verliert.
Die hier entwickelten Formeln sind durch Tafel 2 und 3 veranschaulicht. Die der Zeichnung zu Grunde gelegten Annahmen sind die folgenden:
| Die Platte ist von Kupfer (also

), ihre Dicke ist

(also

). Der Abstand des Pols von der
[5] Platte ist

Die eingeschriebenen Werthe von

geben absolutes Maass, wenn die Stärke des Pols

ist.
Auf Tafel 2 ist die Geschwindigkeit des Pols
dabei stellt
die Erscheinung ohne Berücksichtigung der Selbstinduction,
mit Berücksichtigung derselben dar.
Tafel 3 c) giebt die Erscheinung für die Geschwindigkeit
berechnet aus der für grosse
geltenden Formel. Bei dem gewählten Werthe ist allerdings die Annäherung noch keine sehr vollkommene. Tafel 3 d) entspricht unendlicher Geschwindigkeit des Pols, in die Zeichnung sind auch die Niveaukurven des elektrischen Potentials eingetragen. Die eingeschriebenen Werthe des letzteren bedeuten Millionen der von uns gebrauchten Einheiten.
Der Zusammenhang der verschiedenen Zustände geht aus den Zeichnungen selbst klar hervor.
[6] 2. Ein ruhender Magnetpol befindet sich über einer rotirenden unendlichen Scheibe. Die
Ebene werde durch den Pol gelegt. Neben den
führen wir die
ein, deren Nullpunkt der Fusspunkt des vom Pol auf die Platte gefällten Perpendikels sei. Uebrigens sei
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also
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ist der Abstand des Poles von der Rotationsaxe, sei

sein Abstand von der Platte. Dann ist
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Also
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also, da
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ist.
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Die Form der Strömungskurven ist also unabhängig von der Entfernung des Pols von der Achse[7]. Für die Induction zweiter Ordnung findet man
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welche Formeln im Unendlichen keine Gültigkeit haben.
Bei kleiner Drehungsgeschwindigkeit, und falls der inducirende Pol nicht sehr nahe an der Achse liegt, können wir den Punkt
als den Mittelpunkt der Erscheinung bezeichnen. Die Ordinate desselben wird gefunden
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| In der Nähe des Pols ist also die Erscheinung in Folge
[8] der Selbstinduction gedreht um den Winkel
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im Sinne der Drehungsrichtung der Scheibe.
3. Ich will die Formeln jetzt auf ein neues Beispiel anwenden. Ueber die rotirende Scheibe mögen parallel der [9]
Achse zwei Dräthe gespannt sein, die in entgegengesetzten Richtungen von gleichen Strömen von der Intensität
durchflossen sind. Für einen einzelnen Strom würden die inducirten Ströme in der unendlichen Scheibe unendlich werden.
Die Coordinaten der Punkte, in welchen die Drähte die
Ebene durchsetzen, seien
und
es ist dann für positive
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Daraus folgt durch die mehrfach angewandten Formeln, wenn
und
die senkrechten Abstände von den Drähten bezeichnen:
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Für das Potential der freien Elektricität in der Platte findet man
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die Linien gleichen Potentials sind also Gerade, welche den [10] Drähten parallel laufen. Auf Tafel 4 a) sind die Stromlinien für den Fall gezeichnet, dass
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ist.
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Da übrigens im Unendlichen die Strömungen unendlich werden, so wird man sich

ausserordentlich klein denken
| müssen, um noch in einem endlichen Gebiete eine gute Annäherung zu erhalten.
Da ferner alle Ströme im Unendlichen geschlossen sind, lässt sich nicht ohne Weiteres von der unendlichen auf die begrenzte Scheibe schliessen.
Ich will deshalb nach der § 7 entwickelten Methode die Strömung unter übrigens gleichen Umständen in einer endlichen Scheibe berechnen. Der Radius der letzteren sei
.
Die exacte Lösung des Problems erfordert die Entwickelung ziemlich complicirter Funktionen in sinus- und cosinus-Reihen, ich mache deshalb die vereinfachende Annahme, dass der senkrechte Abstand der stromtragenden Drähte vom Mittelpunkt der Scheibe gross gegen die Dimensionen der letzteren sei.
Sei zunächst wieder [11]
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Entwickelt man
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nach Potenzen der Coordinaten und vernachlässigt die höheren Potenzen des Ausdrucks
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so erhält man:
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Das entsprechende
(§ 7, I, Schluss) ist:
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Also wird:
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| Die Form der Strömung ist also unabhängig von dem Verhältniss

ihre Intensität ist aber wesentlich von demselben bedingt. Ist

oder

so wird sie gleich Null. Ist

so ist die Richtung der Ströme dieselbe wie in der unendlichen Scheibe, ist

so wird sie die entgegengesetzte. Bei genauer Betrachtung der Vertheilung der wirkenden Kräfte lässt sich dies zunächst auffällige Resultat wohl verstehen
[12]. Die Form der Erscheinung ist in Tafel 4 b dargestellt.
Ebenso lässt sich die Aufgabe für eine beliebige Lage der Drähte lösen. Rückt der eine derselben ins Unendliche, so bleiben in der endlieben Scheibe die Ströme endlich, und wir erhalten, unter Bewahrung der ersten beiden Potenzen der Dimensionen der Scheibe:
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Der Zusammenhang mit dem vorigen Resultat ist leicht ersichtlich.
[13] Auf Tafel 5 sind zwei besondere Fälle dargestellt. In a) geht der geradlinige Draht durch die Rotationsaxe in hinreichender Entfernung von der Scheibe, es verschwindet in diesem Falle das zweite, der oben beibehaltenen Glieder. In b) liegt der Draht in der Ebene der Scheibe und zwar in derjenigen Entfernung von derselben, in welcher er in der Figur selbst dargestellt ist.
[14] 4. Sollen über die Drehungserscheinungen der Induction messende Versuche angestellt werden, so sind zu denselben durchaus dünne Hohlkugeln zu verwenden, da für diese sich
[15] die Rechnungen leicht und exact ausführen lassen. Die einfachste Form des Versuches würde die sein, dass man eine solche Hohlkugel unter dem Einfluss einer constanten Kraft rotiren lässt. Die Drehung der Stromebenen kann entweder durch den Einfluss derselben auf einen sehr kleinen Magnet,
| oder besser auf galvanometrischem Wege nachgewiesen werden.
Ich will für ein Beispiel den Drehungswinkel und das magnetische Moment der rotirenden Hohlkugel bestimmen.
Die Kugel sei von Kupfer, ihr Radius
ihre Wandstärke
da
so hat man:
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und für das Moment der Kugel findet man leicht, wenn
die inducirende Kraft ist:
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Ist
die Zahl der Umdrehungen in der Sekunde, so ist
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und da
so findet man
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Hiernach ist die folgende Tabelle berechnet:
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5. Die Tafeln 6. und 7. sind dazu bestimmt, den Strömungszustand in Vollkugeln zu veranschaulichen, welche unter
[16] dem Einfluss einer constanten zur Drehungsaxe senkrechten Kraft rotiren.
| Die geschlossenen Strombahnen sind hier sämmtlich Kreise, deren Ebenen der Drehungsaxe parallel sind. Kennt man daher die Stromdichtigkeit in der Ebene des Aequators, so ist es sehr leicht, dieselbe in allen andern Punkten zu bestimmen. Für die

Ebene ist aber in unserm Falle

also die Stromdichtigkeit

Die Zeichnungen stellen nun die Dichtigkeit der Strömung in der genannten Ebene durch die
[17] Curven:
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dar.
Die eingeschriebenen Werthe von
geben absolutes Maass, wenn die wirkende Kraft
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ist.
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Die Grösse der Kugeln ist die gezeichnete
Auf Tafel 6 ist eine Kupferkugel bei
Umdrehungen in der Sekunde dargestellt, (in a ohne Berücksichtigung der Selbstinduetion).
Auf Tafel 7 a ist dieselbe Kugel dargestellt bei
Umdrehungen in der Sekunde.
Figur b derselben Tafel giebt die Strömung in einer Eisenkugel bei
Umdrehungen in der Sekunde. Dabei ist der Widerstand des Eisens gleich dem
fachen des Kupfers und
angenommen. Man sieht, dass schon bei der genannten mässigen Geschwindigkeit eine Vernachlässigung der Selbstinduction durchaus keine Annäherung mehr bieten würde.
6. Ein häufig ausgeführtes Experiment besteht darin, dass leitende Kugeln, welche zwischen den Polen eines nicht erregten
[18] Elektromagneten rotiren, durch plötzliche Erregung desselben zur Ruhe gebracht werden. Die Theorie dieses Experiments ist sehr einfach, wenn man das magnetische Feld als homogen betrachtet, von der Selbstinduction absieht, und die Strömung in jedem Augenblick wie eine stationäre behandelt. Ist

die
| magnetische Kraft, welche in Richtung der

wirkt, so ist die äussere Potentialfunktion
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also
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und demnach die erzengte Wärme: (§ 6.)
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Ist
das Trägheitsmoment der Kugel,
ihre Geschwindigkeit zur Zeit
und rotirt sie ohne den Einfluss äusserer Kräfte, so ist die Gleichung ihrer Bewegung
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oder
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Ist
die Masse eines Cubikmillimeters der Substanz, so ist
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also
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Ein analoges Gesetz gilt, wenn sich die Kugel unter dem Einfluss rotirender Magnete in Bewegung setzt.
Kugeln verschiedener Radien und Hohlkugeln werden mit gleicher Schnelligkeit in Bewegung gesetzt und zur Ruhe gebracht. Dies entspricht in der That einer Beobachtung von Matteucci[19]. [20]
Der Winkel welchen die Kugel nach Erregung des Elektromagneten noch zurücklegt, beträgt:
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| Für stark magnetische Kugeln findet man:
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Hiernach ist die folgende Tabelle berechnet. In derselben ist
angenommen, was einem mässig starken Elektromagneten entspricht. Die Anfangsgeschwindigkeit ist gleich einer Umdrehung
in der Sekunde genommen. Die zurückgelegten Winkel sind in ganzen Umdrehungen angegeben. Die relativen Werthe gelten für jedes
und jedes
Stoff:
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Aluminium
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Eisen
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Silber
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Kupfer
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Neusilber
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Graphit
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Conc. Lösung von
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Kupfervitriol
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7. Dämpfung in einem Galvanometer.
In einer leitenden Hohlkugel schwinge ein Magnet, derselbe [21] sei entweder sehr klein, oder habe angenähert die Gestalt einer homogen magnetisirten Kugel, ist dann
sein Moment, so ist in der Hohlkugel
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also
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und die erzeugte Wärme per Sekunde:
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| wenn, wie immer,

den innern,

den äusseren Radius der Hohlkugel bezeichnet.
Es sei jetzt
der Ausschlag der Nadel aus der Ruhelage,
das Trägheitsmoment derselben, dann sind ihre Schwingungen bestimmt durch die Gleichung:
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Schreiben wir dieselbe
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so sehen wir, dass
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die während
erzeugte Wärme ist, und dass wir also haben:
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Ist
klein, so erhält man daraus für das logarithmische Decrement der Nadel:
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Damit der aperiodische Zustand eintrete, muss sein: [22]
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oder:
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aus welcher Gleichung sich, bei gegebenen
leicht die zur Erreichung des aperiodischen Zustandes nöthige Dicke eines Dämpfers berechnen lässt.
- ↑ Dann wird
positiv.
- ↑ Magnetpol über einer ebenen Platte. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Dies Resultat stimmt vollständig mit dem von Herrn Jochmann erhaltenen überein.
- ↑ Verschiebung der Inductionserscheinung. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Zu Tafel 2 und 3. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Magnetpol über einer Scheibe. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Wie schon von Herrn Jochmann gefunden.
- ↑ Drehung der Inductionserscheinung. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Geradlinige Ströme und unbegrenzte Scheibe. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Zu Tafel 4 a. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Geradlinige Störme und begrenzte Scheibe. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Zu Tafel 4 b. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Zu Tafel 5. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Rotirende Hohlkugeln. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Ausführung von Versuchen. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Rotirende Vollkugeln und constante Kraft. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Zu Tafeln 6 und 7. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Anhaltung rotirender Kugeln durch einen Elektromagneten. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Wiedemann, Gebramimus, § 878.
- ↑ Beobachtung Matteucci’s. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Dämpfung im Galvanometer. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
- ↑ Aperiodischer Zustand. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.