Ueber den Plan der Einrichtung eines Fondaco dei Tedeschi in Mailand 1472

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Autor: Wilhelm Heyd
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Titel: Ueber den Plan der Einrichtung eines Fondaco dei Tedeschi in Mailand 1472
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aus: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 1 (1889), S. 454–456.
Herausgeber: Ludwig Quidde
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung J.C.B. Mohr
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Erscheinungsort: Freiburg i. Br.
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Quelle: Scans auf Commons
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[454] Ueber den Plan der Errichtung eines Fondaco dei Tedeschi in Mailand 1472. Das deutsche Kaufhaus in Venedig hat neuerdings wieder die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf sich gezogen. Dass es sich einmal darum handelte, auch in Mailand ein solches zu errichten, konnte man aus einer kurzen Notiz E. Motta’s in der Rivista storica italiana (I, 262. not. 3) entnehmen. Da mir durch die Güte des Herrn Archivbeamten Ghinzoni in Mailand die Urkunden selbst in Abschrift vorliegen, aus denen Motta geschöpft, bin ich in den Stand gesetzt, Näheres über jenes Project mitzutheilen. Die deutsche Kaufmannscolonie in Mailand scheint es anfangs nicht gewagt zu haben, dem Herzog Galeazzo Maria Sforza ihren auf ein Fondaco hinzielenden Wunsch selbst vorzutragen, vielmehr wurde dieser Gedanke zunächst niedergelegt in einer Denkschrift, welche Taddeo de’ Busti an den Herzog gelangen liess. Busti gehörte einem mailändischen Kaufmannshause an, das nachweislich mit deutschen Kaufleuten in näheren Geschäftsverbindungen stand. Seine Denkschrift muss um den Anfang des Jahres 1472 geschrieben sein, ist aber nicht auf unsere Zeit gekommen, wenigstens bis jetzt nicht entdeckt. Ein an Busti gerichtetes Erwiderungsschreiben vom 3. Februar d. J. zeigt aber, dass sie vom Herzog sehr wohlwollend aufgenommen und weiterer Erwägung würdig befunden wurde. Auf dieses hin wandten sich erst acht deutsche Kaufleute an den Herzog mit der Bitte um die Genehmigung des Baus eines Kaufhauses für ihre Nation in Mailand (de poter fare uno fondico de loro mercantie ad Milano). Der Herzog gewann die Ueberzeugung, dass die Existenz eines solchen Hauses für ihn und seine Hauptstadt von Nutzen sein werde, und überwies (14. Nov. 1472) die Angelegenheit seinem Geheimen Rath, damit dieser unter Zuziehung von Zoll- und Steuerbeamten erwäge, ob und eventuell unter welchen Bedingungen dem Gesuch stattgegeben werden könne. Vom Geheimen Rath zu einer Besprechung eingeladen, beriefen sich die deutschen Kaufleute auf gewisse uns nicht näher bekannte Aussprüche in den Privilegienbriefen früherer Herzöge, des letzten Visconti und des ersten Sforza, und formulirten ihr neues Anliegen so: der regierende Herzog möge ihnen zu bleibendem Aufenthalt eine Wohnung (stantia) anweisen, in welcher sie weder Miethzins noch Abgaben für Brod, Wein und Fleisch zu zahlen hätten. Das Gutachten des Geheimen Raths (4. Dec.) lautete für das Project günstig, und zwar rieth derselbe dem Herzog, [455] zu dem Zweck der Unterbringung der deutschen Kaufleute nicht etwa ein Haus zu miethen, damit er nicht immer wieder aufs neue sorgen müsse, sondern ein solches zu kaufen; man werde finden, dass die Deutschen, welche gerne bequem wohnen, ein dauerndes Heim binnen weniger Jahre doppelt so schön ausstatten werden, als sie es angetreten haben. Wenn man den Deutschen auf diese Weise entgegenkomme, werden sich gewiss die Einkünfte des Herzogthums steigern, sei ja doch auch das Fondaco der Deutschen in Venedig eine Haupteinnahmequelle für diesen Staat. Letzteres freilich werde sich wohl ändern, da voraussichtlich das neue Fondaco in Mailand dem zu Venedig bedeutenden Abbruch thun werde. Dem Herzog, welcher auf die Nachbarrepublik sehr schlecht zu sprechen war, mochte diese zu hoffende Nebenwirkung ganz besonders einleuchten. Aber so geneigt auch im Anfang der Herzog sowohl als sein Geheimer Rath dem Project waren, verliert sich doch mit dem Gutachten vom 4. Dec. 1472 jede Spur einer Weiterverfolgung desselben; wir wissen nicht, was hindernd in den Weg trat – kurz das Fondaco kam nicht zu Stande. Für uns muss die Thatsache genügen, dass der Plan dazu gefasst und ernstlich erwogen werden konnte. Deutlicher als aus den geringen Ueberresten der Privilegienbriefe, welche die Herzoge aus den Häusern Visconti und Sforza den „von Ober- und Niederdeutschland“ kommenden Kaufleuten ausstellten, deutlicher als aus den nicht seltenen Geleitsbriefen für einzelne der letzteren, sieht man aus jenem Plan, wie stark die deutsche Kaufmannschaft in Mailand und wie unausgesetzt der Verkehr dahin von Deutschland aus war, als das Mittelalter zur Neige ging. Wäre es nicht so gewesen, wie hätte sich sonst das Fondaco mit Insassen gefüllt? Aber auch darüber, aus welchen Städten diese deutschen Kaufleute kamen, gibt eines unserer Documente einige Fingerzeige. Die acht Vertreter der Colonie, welche das Fondaco begehrten, werden namentlich genannt. Ich gestehe nun freilich rathlos zu sein darüber, welchen deutschen Kaufmannsgeschlechtern ich die an ihrer Spitze erscheinenden Pandolfo Henrico Franzo und Giliolo Franzo, sowie den den Schluss der Reihe bildenden Sebastiano Stefaner zutheilen soll. Desto deutlicher kennzeichnen sich zwei Fuchaer (Matheo e Luca) als Fugger von Augsburg, zwei Fuotrer (Henrico e Zorzo) als Fütterer von Nürnberg, zumal da auch nach Lazarus Holzschuher’s Aufzeichnungen eben dieses Kaufmannshaus „seinen Handel in Mailand und Genua hatte“[1]. Endlich glaube ich auch dem Jacomo Franco seine Heimath in Constanz nachweisen zu können. Ein Verwandter [456] desselben „Enricus Franchus de Constantia“ brachte im Jahre 1466 als Unterhändler für die deutsche Kaufmannschaft in Genua die dortigen „Conventiones Allamanorum“ zu Stande, welche ich an einem anderen Orte veröffentlicht habe[2].

W. Heyd.     



Anmerkungen

  1. Chroniken der deutschen Städte. Nürnberg. Bd. I, S. 218.
  2. Im Urkundenanhang der Abhandlung: Der Verkehr süddeutscher Städte mit Genua während des Mittelalters. Forschungen zur deutschen Geschichte. Bd. 24, S. 215 ff.