Topographia Westphaliae: Osnabruck

Topographia Germaniae
Osnabruck (heute: Osnabrück)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1647, S. 52–54.
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Osnabruck / Osenbrucke /

Dieser in Westphalen / an dem Fluß Hase / acht Meilen von Münster / vnd fünff von Hervorden / gelegenen Bischoffllichen vnd Hansee Statt Namen / wollen Theils von den Völckern Bructeris; Theils von Ochsenhäuten herführen / mit welchen die Statt erstlich solle seyn vmbzogen gewesen; wie Franciscus Irenicus in exeges. German. meldet. Kleinsorgius in Chronicis sagt: Daß sie Anfangs Hochsiegburg / oder Hochsenburg / oder Hoedseburg / geheissen. Sie ligt gar schön in einem Thal / vnd wird auß besagtem Wasser Hasa (so vor Zeiten die Ose geheissen haben solle / vnnd daher der Statt Name von dem Wasser / vnnd der Brücke darüber / oder / wie andere wollen / von der Ochsen Brücke / weiln daselbst auß Frießland kommende Ochsen / vber getrieben worden / kommen seyn mag) ein gutes / dickes Bier / so man Buse nennet / gesotten. Keyser Carolus Magnus, hat da eine Griechisch- vnd Lateinische Schule angerichtet; wie folgends zusehen: Vnd hat es allhie zwey stattliche Stiffter: Ist auch die Statt / vor wenig Jahren / bevestiget worden; dann sie vorhin leicht zugewinnen gewesen. Sie ist groß / vnd backet man da ein herrlich schönes / vnnd leichtes / weisses Brod / da sonsten in Westphalen solches gemeiniglich grob / schwartz / dick / teigig / vnd vnaußgebacken ist. Wer sie erbawet haben mag / das ist vngewiß. Dann / was vom Julio Caesare fürgeben wird / das wil sich nicht wol beglaubt machen: Daher andere den Graffen von Engern / sonderlich / einem Hermanno, die Verfertigung zuschreiben.

Es ist eines deß gewaltigen Sachsen-Königs / deß Wedekinds / oder Witekindi, Schlösser / Namens Widekesburg / in der Nachbarschafft dieser Statt / gestanden / wie noch neben dem Kloster Rulla / bey dem wundersamen See / dessen Boden nicht zuergründen ist / hievon Anzeigungen vorhanden seyn. Vnd dieses Schloß hat er / der König / wider bekommen / als er den Heydnischen Gottesdienst verlassen / vnnd vom höchstgedachten Keyser Carlen zu Gnaden auffgenommen worden; da er dann / nach wider erlangtem diesem seinem Schloß / einen Tempel zu erbawen befohlen / so er Bethleem genannt. Vnd wollen daher Theils / daß er in solcher Kirchen / als / wie Christus zu Bethleem von der Jungfrawen Maria / also er / durch die heilige Tauff / new gebohren / vnnd also nicht zu Minden getaufft [53] worden seye: Vnd daß diese Widekesburg / eben die Wedekindesburg seye / davon oben bey Minden gesagt worden ist. Davon aber einem jeden seyn Vrtheil darüber frey stehet. Man nennet noch heutiges Tags gedachten Tempel Belheim / Bellem / vnd Beelem / vnd können die Bawren an diesem Ort ein gewöhnliches Lied einem darvon singen.

Anno 1026. hat Philippus Imperator, teste Laurentio Fausto in Chronicis lib. 4. cap. 2. in fin. in der Statt Oßnabruck einen Reichstag nicht allein gehalten / sondern befinden sich annoch auff den heutigen Tag vnderschiedliche Keyserliche Citationes, daß selbige Statt auff Reichstäge citiert worden / vnd dieselbige / Krafft solcher Keyserlichen Citationum, auch ihre Leut dahin deputirt vnd ablegirt / zumal dann ferner diese Statt / mit vnderschiedlichen Keyserl. Privilegiis, vnd sonderlich / vnter andern / ab Imperatore Friderico I. mit dieses Formal Inhalts Privilegio de non evocando; Quod nullus Judex Civem super aliqua causa evocare praesumat, nisi prius querimoniam suam coram Rectoribus Civitatis exequatur; welch Privilegium dann nicht allein ab Imperatoribus Rudolpho I. Ludovico, welcher dann darneben diese Statt bester massen / nach Belieben / dem Raht zubevestigen erlaubt / Sigismundo, Friderico III. et Carolo V. allergnädigst confirmiert / sondern auch ferner solche Privilegia ab Imperatoribus, Matthia et Ferdinando II. gloriosissimis renovirt, vnnd sonderlich angezogenes Privilegium, de non evocando ad quoscunque judices, et omnes causas Civiles et Criminales, allergnädgist sub poena Banni Contravenientibus dictata, extendirt, vnnd darneben von allerhöchstgedachten Keyserlichen Mayestät Ferdinando II. glorwürdigsten Andenckens Privilegium libertatis Religionis cum annexa Caesarea manutenentia, allergnädigst ertheilet. So hat auch diese Statt im Leinentuchhandel in modum Privilegii immemorialis vnd sonst possessorie das Jus stapulae herbracht / daß / nämlich / alle vnnd jede im Stifft Oßnabruck gemachte leinen Tücher / auff deß Rahts vnnd der Statt Lege gebracht / daselbst durch deß Rahts darzu sonderlich bereytete Messere gemessen / mit dessen Siegel besiegelt / vnd allda nach Marcktgangem Kauff / verkauffet werden müssen.

Ferner hat diese Statt / so weit ihr territorialischer district sich erstrecket / merum et mixtum Imperium omnimodum, jurisdictionem et superioritatem territorialem. Anno 1397. ist dieser Stadt Landwehr gestifftet: Von Anno 1348. die Chur vnd Wahl E. E. Rahts absque ullo consensu et confirmatione Episcopi, bey dieser Statt bestanden / geschicht auff Handgebende Tag / welcher ist der erste Tag nach dem Newen Jahr.

In Anno 1644. seynd in dieser Statt vnnd zu Münster die allgemeine Friedens-Tracten Teutscher Nation / zwischen der Römischen Keyserlichen Majestät / vnnd den hochlöblichen Cronen / Schweden / vnnd Franckreich / auch den Evangelischen Ständen abzuhandeln angefangen worden.

Betreffende die letztere Geschichten der Statt Oßnabruck / so meldet Chytraeus lib. 11. Sax. Daß im Jahr 1525. die Bürger wider den Raht / vnnd Thumbherrn allhie / auffgestanden / auß Vrsachen / die er daselbsten beybringet: Auch im vierzehenden Buch / p. 355. seq. sagt: Daß vmbs Jahr 1535. der Bischoff allhie / Graff Frantz von Waldeck / die Oßnabrücker in vielen Schreiben / von dem Widertäufferischen Schwarm / vnnd den Teutschen Liedern / sonderlich in der Hauptkirchen / vnnd bey S. Johann zusingen / abgemahnet: In den vbrigen zwo Kirchen aber / darüber der Raht zugebieten / habe er etlicher massen die reinere Lehr zugelassen; wofern nichts in den Kirchengepräng / eygenes Gewalts / geändert werde. Dann er ihme gäntzlich vorgenommen / ein Gottselige gleichförmige Kirchenordnung / in dem gantzen Stifft / anzurichten; so er erst acht Jahr hernach vollbracht habe. In der besagten Braunschweigischen Chronic / stehet am 310. Blat / daß Montags nach Invocavit, im Jahr 1531. allhie / Meister Johann der Müntzmeister zu Bremen / vnnd Osenbruck / in heissem Oel tod gesotten worden; vnnd hange der Kessel noch heut zu Tag am Rahthauß zu Osenbruck. Das folgende Jahr hat der Raht / durch Hermannum Bonnum, so von Lübeck hieher beruffen worden / auff Vergünstigung deß Bischoffs Francisci, gebornen Graffens von Waldeck / die Augspurgische Confession da einführen lassen: Deßwegen es aber / vor wenig Jahren / änderung / wie man berichtet hat / abgeben wollen. Anno 1613. ist sie schier gantz abgebronnen / wie Sethus Calvisius bezeuget. Anno 1626. haben die Statt die Dänischen eingenommen; vnd ist der newe Bischoff / Graff von Wartenberg / von dem Besitz deß Bischthumbs / durch sie außgeschlossen worden; den aber der Graff von Anholt wider eingesetzt hat. Anno 1633. ist Oßnabruck zu Anfang deß Septembris / von den Schwed- vnd Hessischen / mit Accord erobert worden: Darauff sich den 4. Octobris / auch deß Bischoffs Schloß bey der Statt / Petersburg genannt / ergeben hat. Vnd wurde hierauff deß Königs auß Schweden Gustavi Adolphi, vnehelicher Sohn / Gustavus, Gustavs Sohn / zu einem Landherrn dieses Stiffts / Anno 1634. den 29. Januarij / feyerlich eingesetzt / vnd den 30. diß / in der Jesuiter Kirchen / zum ersten mal Evangelisch geprediget.

Was das Bischthumb anbelaget / so hat vor höchstermelter Keyser Carl der Grosse / solches allhie / An. 780. angerichtet / vnd die Kirch S. Petro, S. Crispino, vnd S. Crispiniano zu Ehren erbawet. Pet. Bertius, in Beschreibung dieser Statt / nennet den Ersten Bischoff / so er / der Keyser / hieher gesetzt / vnd der An. 804. gestorben / Wisonem, vnd beweiset solches mit seinem / deß Keysers Caroli, Instrumento donationis, welches er am 635. Blat setzet. Aber Johan. Angelius a Werdenhagen part. 4. de Reb. [54] publ. Hanseat. cap. 7. p. 37. sagt: Daß er / Bertius, es vbel damit getroffen. Dann er / der erste Lehrer / oder Vorsteher dieser Kirchen / Wiho geheissen habe: Welcher entweder ein Frießländer / oder ein Engelländer / solle gewesen seyn. Wie hoch diese Kirch / von ihme / dem Keyser / befreyet worden / das mag man auß dem obgedachten Instrumento ersehen.

Es schreibet Gotschalcus, deß Augustiner Ordens / serm. 3. habit. Dom. 4. post Pascha, bey dem Nicolao Serario lib. 4. Rer. Mogunt. in Historia Hattonis II. deß Ertzbischoffs zu Mayntz: Man lese in den Chronicken der Bischöffe von Oßnabruck: Daß derselbigen Kirchen ein Bischoff / Namens Benno, vorgestanden / welcher geordnet / daß man ein gewisses Allmosen durch das Bischthumb solte außgeben / wegen der Rellen / oder Ratzen. So lang nun solches geschahe / so haben sich keine Ratten in selbigem Bischthumb sehen lassen. Als aber Bischoff Gottfried von Arnsburg (oder Arnsberg / so dem gedachten Bertio, der fünff vnd dreyssigste Bischoff allhie ist) solch Allmosen liesse abgehen / so kam die Menge der Ratzen im Jahr 1348. gleich wider. Vnd hat selbiger Bischoff sein Leben elendiglich geendet. Vnd dieses sagt gedachter Autor. Wer deß Ertwini Ertmanni Histori der Bischöffe diß Orts / oder die Oßnabruckische Chronic / hat / die wir zusehen nicht bekommen / auch nicht eygentlich / ob sie gedruckt seye / wissen können / der wird weiter daselbst den Sachen nachschlagen.

Chytraeus lib. 5. Saxon. p. 241. sagt: Daß gedachter Erdwin Erdmann / ein weiser / vnnd beredter Mann / der Bischöffe Münster / vnnd Oßnabruck / vnd etlicher benachbarten Graffen Raht / vnd Burgermeister zu Oßnabruck / so die Oßnabrückische Chronic / vom Anfang deß Bischthumbs / biß auff seine Zeit gemacht / den 30. Maij / Anno 1505. gestorben / vnd in der Franciscaner Kirche allhie begraben worden seye. Vnter dem neun vnd viertzigsten Bischoff / Hertzog Erichen von Braunschweig / stunde die Burgerschafft zu Oßnabruck / mit dem Raht / vnd den Thumbherrn / nicht zum besten / vnd wolte der Bischoff / bey solcher Gelegenheit / ihme die Statt völlig vnterwürffig machen / vnd sie deßwegen belägern. Es ist aber die Sach durch Vnterhandlung der Hertzogen zu Braunschweig / vnnd deß Graffen von Waldeck / beygelegt worden / vnnd muste die Statt dem Bischoff sechs tausend Rheinischer Gülden geben. Ihme Bischoffen Erico, succedierte obgedachter Bischoff Frantz / Graff von Waldeck / Anno 1532. diesem Johannes Graff von Hoya Anno 53. den Anno 1574. gestorben. Diesem Henricus, ein Hertzog von Sachsen-Lawenburg. Disem Wilhelmus Schencking (deme Bertius einen andern / vnd vnrechten Namen gibet.) Diesem / Bernhard Graff von Waldeck. Vnd diesem Hertzog Philipp Sigismund von Braunschweig / der fünff vnd fünfftzigste Bischoff in der Ordnung; welcher / ob er wol einer andern Religion gewesen / doch die Catholischen bey ihren alten Freyheiten erhalten / vnnd geschutzt hat; wie Augustinus Brunnius in libello synoptico, etc. p. 132. schreibet. Er ist Anno 1591. erwehlet worden. Besoldus im Thesauro practico voc. Bischoff / p. 122 sagt: Daß Anno 1629. Hertzog Philips von Braunschweig vnd Lünenburg / allhie Bischoff gewesen. Müsten also zween Bischöffe / ein Catholischer / vnd Lutherischer / mit einander regiert haben. Dann der jetzige Bischoff / Herr Frantz Wilhelm / Graff von Wartemberg / ist gegen dem Ende deß 1625. Jahrs / nach Absterben deß vorigen Bischoffs allhie / deß Cardinals / vnnd Graffens zu Hohen-Zollern / wie selbigen Jahrs Relation es geben / erwehlet worden; der aber noch zur Zeit / wegen der Schwedischen Regierung / sich im Stifft nicht sicherlich auffhalten kan. Ist sonsten auch Bischoff zu Verden / vnnd Minden / vnd Coadjutor zu Regenspurg. Obgedachter Bischoff Philipp Sigmund / hat Anno 1620. noch gelebt / damals man das neun vnd zwantzigste Jahr seiner Regierung gesetzt hat. Es gehöret ein feines Ländlein in dieses Stifft / in welchem auch das Stättlein Forstenowe / (allda Anno 1639. Schwedische gelegen.) Item / die Häuser / Vorde / Grönenberg / oder Groneburg / bey Melle / Hunteborg / vnd das Bischoffliche Residentz-Hauß Iburg / oder Iborg / neben andern mehren gelegen seyn. In dem Anno 1644. wider zu Ambsterdamm außgangenen Atlante wird gesagt: Daß im Stifft Oßnabruck auch kleinere Stättlein gefunden werden / als Fürstenaw / Vorde / Witlage / Melle / Iburg / vnnd Hundeburg an der See Dammer. Obgedachtes Iburg / hat Anno 1553. Hertzog Philippus Magnus, Hertzog Heinrichs deß Jüngern zu Braunschweig Sohn / eingenommen / vnnd ein grosses Gut allda bekommen / wie Chytraeus lib. 18. Saxoniae meldet. Siehe vnten im Anhang Petershagen. Siehe von der Statt Oßnabruck / ausser den obangezogenen Authorn / auch Georgium Braun / Tom. 1. et 4. Theatri Urbium, vnd Casp. Ens, in delic. apodem. per German. p. 212.

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