Topographia Westphaliae: Lüttich

Topographia Germaniae
Lüttich
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1647, S. 40–45.
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Lüttich.

Ist die Haupt-Statt deß Bischthumbs / gleichen Namens / so auch zu dem Westphälischen Craiß gehörig; wiewol es dem Land / eygentlich Westphalen genannt / ziemlich entlegen ist. Es wird diese weitberühmbte / auff Teutsch genante Statt Lüttich / von den Lateinern Leodium, von den Frantzosen / vnnd den Innwohnern Liege, vnd von den Niderländern Lück / oder Luyck / geheissen / welcher Name ihr von dem Wässerlein Legie, oder Liege, Legione, so allda vber den Marckt laufft / herkommen: Solches Wässerleins Benamsung aber seinen Vrsprung von einer Römischen Legion haben solle. Dann die Eburones, so vor Zeiten da gewohnet / auß Anstifftung ihres Haupts / deß Ambiorigen / deß Caesaris Legatos, Cottam, vnd Sabinum, sampt einer Legion / vnd fünff Cohorten / Romischer Kriegsknecht / erschlagen haben. Es wil aber dem Ortelio solche Herführung deß Namens nicht gefallen; vnd seyn die wenigsten / so da wissen solten / daß besagtes Wässerlein / einen Namen habe. Daher er deß Vrsprungs halber dieses Namens der Statt / nichts gewisses schliessen wil.

Es ist Lüttich / vor deß heiligen Lamberti Zeiten / nur ein Dorff gewesen / vnd waren / vnter den Pipinis, das Heristallum, vnd Jupilla, so nicht weit von hier an der Maaß gelegen / vnd jetzt Dörffer seyn / viel mehrers berühmbt: Wie dann Lüttich / biß auff diese Zeit / Keyser Carls deß Grossen / ein Dorff blieben seyn solle. Bischoff Notgerus, der im Jahr 1007. gestorben / hat die Statt mit einer Mawer vmbgeben / vnnd innerhalb 36. Jahren / viel stattliche Gebäw allhie geführet / daß er gleichsam für den Erbawer der Statt / zuhalten ist. Es ist dieses ein grosse / vnd schöne Statt / der Statt Rouen in Franckreich in der Grösse gleich / auch vber die massen Volckreich. Die Maaß fleußt mit zweyen Armen hinein / vnd macht etliche bewohnte Insuln. Hat auch etliche bewohnte Thäler in ihrem Begriff: Item / etliche Berg mit Weinreben gepflatzt / vnnd viel herrliche Brünne / also / daß in manchem Hauß auff die 2. oder 3. gefunden werden. Ist ziemlich vest / vnd mit hohen Mawren vmbgeben; hat auch schöne / weite Gassen / da man hin vnd wider lustige / lautere Bächlein finden thut. Ihr Vmbkreyß wird von vier Welschen Meilen gehalten. Ligt sechs Meilen von Mastricht / dreyzehen von Löven / siebenzehen von Brüssel / ein vnd zwantzig von Antorff / neun vnd dreyssig vnd ein halbe Meil von Franckfurt / wie Scotus, in seinem Raißbuch / erinnert. Gegen Mittag / ligt der Ardenner Wald / vnd auff der andern Seiten / ist das Land Hasbania, oder Heßbain / so sehr fruchtbar ist. Der Statt gantzes Lager ist sehr anmuthig / vnd bequem. Dann hat einer Lust auff die Berge zusteigen / so kan er solche allda nach Wundsch haben / vnd sich wol ermüden: Er findet auch darauff Steinkohlen zugraben. Ist er lieber in der Ebene / vnd wil auff den Wiesen spatzieren gehen; so gibet ihme die Statt in ihrer Mitte solches auch vberflüssig dar. Trägt einer Verlangen auff einem Schiff zufahren / so hat er ein anders Venedig allda vor ihme; allein das / an statt der stinckenden Meerpfützen / er zu Lüttich lebendiges / vnd frisches Wasser haben kan. Treibet einen seine Andacht in die Kirchen / so hat er deren inn- vnd ausser der Statt (dann es grosse / vnd Volckreiche Vorstätte da gibet) vber die Hundert; darunter allein in der Statt zwey vnd dreyssig Pfarrkirchen / vnnd zwar / alle vber die massen statelich erbawet / ansehenlich begabet / vnd schön gezieret: Item / neben dem Haupt-Stifft / noch andere sieben Stiffter; in welchen allen sehr reiche Thumbherrn sich auffhalten: Vnd dann vier sehr reiche Abteyen / mit herrlichen Bibliothecken / versehen / neben vielen andern Klöstern / vnd Spitälen / etc. seyn. Wil einer allda studieren / so findet er viel vnderschiedliche Schulen / vnd sehr viel gelehrte Leut. Vnd ist diese Statt / wegen solcher wolbestelten Schulen / jederzeit berühmbt gewesen.

Vnd lieset man / daß einmals an diesem Ort / zugleich neun Königs Söhne / vier vnd zwantzig Hertzogs Söhne / vnd neun vnd zwantzig Graffen / ausser der Freyherrn / von Adel / vnnd anderer fürnehmen Leute Kinder / gestudiert haben: Wie Guicciardinus, auß Huberto Thoma Leodio, Georgius Braun / Pet. Bertius, vnd der Autor deß Textes / vber den Atlantem Mercatoris, solches bezeugen: Wiewol Abraham Sauer / vnnd Adrianus Romanus, in ihren Stättbüchern / es anders erzehlen; auch Meibomius in seinen notis ad Levoldi Northovii Origines Marchanas, auß der grossen Niderländischen Chronic / sagt: Daß Anno 1131. bey der Kirchen zu Lüttich / ein vnd zwantzig Königen / vierzehen Hertzogen / oder Fürsten / neun vnd zwantzig Graffen / sieben Ritter / vnnd Freyherrn Söhne / vnd vnter denselben auch vnderschiedlicher Nationen Doctores, vnd offentliche Magistri gewesen / so daselbsten / als Domherrn / residiert haben. Siehe auch die durch ihn Meibomium vermehrete Braunschweigische Chronic / am 129. Blat. Die Innwohner seyn höfflich / Gastfrey / Sinnreich / eines subtilen Verstands / vnnd zu allen Sachen geschickt; auch in den Kriegen streitbar: Wiewol man die meisten vnter ihnen beschuldigen wil / daß sie gemeinlich mehr zum Müssiggang / vnnd Zwytrachten / dann zur Arbeit / vnnd Einigkeit / geneigt; vnd / wegen ihrer Stärcke / kühn vnnd frech / auch gute Säuffer seyen. Ihre Spraach helt man für grob [41] Romanisch; wiewol dieselbige sich mehr auff die Frantzösische lencken. Die Wasser allda / als die besagte Maaß / oder Mosa, vnd Legie: Item / die Vees / Veses / vnd Ambluar / so durch die Statt rinnen / vnnd darüber Marmolsteinerne Brücken gehen / seyn Fischreich: Die Bürgers- vnd andere Häuser / statt- vnd ansehenlich erbawet / darinnen man gar säuberlich Hauß helt. Es gibt auch allerley Handwerck in grosser Anzahl allda; welche / wegen der Fruchtbarkeit daselbst / gar wol nehren können. So ist auch der Lufft allhie gut / vnnd gelind. Dann obwoln ein ziemlicher Theil der Statt gegen Mittag liget; so thut doch selbigen Mittagswind der Ardenner Wald / so höher ligt / brechen / vnnd bequem machen. Die Morgenwinde haben ihren freyen Zugang; vnd thun die stätige Fewer von denen selbst gewachsenen Kohlen / den gröbern Lufft reinigen / vnd subtiler machen. Es ist Lüttich vor Zeiten ein Königliche / sehr mächtige / vnnd freye Statt gewesen / ehe sie vom Hertzog Carlen zu Burgund / wie hiennten gesagt wird / bekrieget / vnnd in ihres Bischoffs Gewalt gäntzlich gebracht worden ist / wie Kyriander in der Trierischen Chronic / part. 17. fol. 225. redet. Es wil gleichwol Lud. Guicciardinus, in Beschreibung deß Niderlands / daß sie noch ein Reichs-Statt seye / die zum Türcken-Krieg Volck / oder Gelt / hergeben müsse. Der Bischoff seye zwar ihr Herr vnd Fürst: Sie hab aber solche Privilegia, daß sie gleichsam für eine freye Statt zu achten. In Appellation-Sachen / sey sie in Geistlichen nach Cölln / vnd von dannen gen Rom: Vnd in Weltlichen / biß auff ein bestimpte Summa Gelts / an das Cammergericht gen Speyer pflichtig. Es seyen da zwey vnd dreyssig Handwerck / welche im Namen der gantzen Gemeind / einen solchen grossen Gewalt / vnnd Ansehen haben / daß man in Sachen die Landschafft / vnnd Statt-Regiment betreffend / ohn ihre Bewilligung / nichts fürnehmen / ordnen / vnd erörtern könne: Vnd vnter denen / sey das Goldschmid Handwerck das Fürnembste / vnd das ältest / der Hueffschmide. Dieses sagt der Guicciardin.

Vnd zwar / was die Appellation nach Speyer anbelanget / so wird solches noch heutiges Tags in acht genommen. Aber der Reichs-Anlagen halber / findet sich Lüttich nicht absonderlich in der Reichs-Matricul; sondern ihr Herr / der Bischoff / ist / sampt den Stätten / Lüttich / Bullion / vnd Mastricht / Monatlich auff fünfftzig zu Rossz / vnd hundert vnd siebentzig zu Fuß / in derselben angelegt; wiewol diesem Stifft offt alles nachgelassen worden ist.

Von Sachen / so allhie sonderlich zusehen / vnnd darunter erstlich von Kirchen / etc. ist oben allbereyt / was gesagt worden. Den Thumb / zu S.Lamberto, oder die Bischoffliche Hauptkirch / (darinn ein gewaltiger Schatz) hat S. Hubertus, deß Hertzogen Bertrandi auß Aquitanien / Sohn / der Bischoff allhie / gestifftet / darein niemands / so nicht vom Adel / oder ein Doctor, vnd Licentiat / kommen kan. Den Ritter S. Geörgen von reinem Gold / hat obgedachter Hertzog Carl von Burgund dahin gestifftet. Die Thumbherrn / so deß Bischoffs Rähte seyn / mögen sich / wann sie noch nicht Priester worden / verheuraten / vnd ihren Stand wider ändern. Es soll Lüttich ihres gleichen / an ansehenlichen Kirchen-Gebäwen / weder in Teutschland / noch Franckreich / haben. Daher auch nicht allein die Statt / sondern das gantze Stifft / der Pfaffen / oder der Priester Paradiß genannt wird: Vnd Franciscus Petrarcha gesagt hat: Er habe Lüttich / einen herrlichen Ort für die Geistlichen / gesehen. Johannes Mandaville, oder de Mandeville, ein Engelländer / welcher so viel seltzame Reysen in der Welt vollbracht / wie auß seinem im Jahr 1507. Lateinisch / Frantzösisch / vnnd Teutsch / außgangenem Raißbuch / zuersehen / hat gesprochen: Daß er kein Land gefunden / das ihme besser / als dieses / gefallen hätte; daher er sich allhie zu Ruhe gesetzt / vnd in S. Wilhelm Convent / außerhalb der Pforten Aurei, Anno 1371. begraben worden ist; wie sein Grab / vnd die Schrifft / Abraham Ortelius in Itinerar. Gallo-Brabantino p. 212. vnd Fr. Sweertius in deliciis varior. Itinerum pag. 519. setzen. Bey seinem Bildnüß stehen / in Lütticher Spraach / diese Wort: Vos ki paseis sor mi pour Lamour Deix Proies por mi. Man weiset daselbst seine Messer / Sattel / vnd Sporen / deren er sich im Raisen gebraucht haben solle. Vnter denen vielen / vnd sehr schönen zu oberst auff den Berglein gelegenen Klöstern / ist / ausser der Statt / auch das prächtig / vnnd ansehenliche zu S. Lorentzen / so Bischoff Raginardus vmbs Jahr 1025. erbawet hat. Vnd in der Statt ist / vnter andern / auch sonderlich S. Johannis deß Evangelisten / Kirche / in einer Insul / zusehen / in welcher obgedachter Bischoff Notgerus, so die Statt mit einer Mawer vmbgeben / vnnd die Bischoffliche Kirch / so vom Alter Schaden gelitten / von Grund auff ernewert hat / begraben ligt; dessen Lebens-Beschreibung vnnd herrliche Thaten / daselbst / vnnd in dem obgemeltem Itinerario Ortelii, p. 218. seqq. weitläufftig zulesen seyn. Vnd hat besagte Stifftskirche / so gantz rund / vnd der zu Aach / ausser der Capellen / so folgends auff den Seiten darzu kommen seyn / gar gleich ist / er auff seinen Kosten auch die andere / vnd ingleichem sehr schöne in dieser Insul / so die gröste in Lüttich von der Maaß / oder Mosa gemacht ist / gelegene S. Jacobs-Kirch (so Theils ein Abtey nennen) aber / Bischoff Balduin Anno 1014. erbawet. Deß Bischoffs-Hoff / gegen der Hauptkirchen S. Lamberti vber / ist sonderlich auch zusehen; welchen / weiln vorhin die Bischöffe allhie kein gewisse Wohnung hatten / Bischoff Erardus von der Marck / sehr ansehenlich / vnd doch in einer kurtzen Zeit / damit er Keyser Carln den Fünfften / darinn beherbergen konte / auffgeführet hat. Es seyn darinn / neben andern / auch sehr stattliche Gärten / vnd künstliches Wasserwerck / angeordnet. Wie es dann in dieser Statt auch sonsten viel schöner Gärten / Gemälde / Bilder / vnd dergleichen / hat. Vnd seyn sonderlich in deß Levini Torentii, [42] mit sonderbarer Kunst erbawetem sehr schönen Hauß / viel denckwürdige Sachen / von gedruckten vnd geschriebenen Büchern / alten Bildern / Geschirren / vnnd Müntzen; wie auch in deß Arnoldi Wachtendonck Hauß / allerhand Antiquitäten / oder alte Sachen / zubesichtigen. Es haben sich in dieser Statt / sonders Zweiffels / viel denckwürdige Geschicht jederzeit begeben. Wir wollen deren / zum Beschluß / nur etlicher gedencken.

Im Jahr 1407. war allhie ein grosse Auffruhr / in welcher die Burgermeister / vnnd andere fürnehme Leut / vmbgebracht / vnd der Bischoff / sampt den Geistlichen / zur Statt hinauß gejagt worden. Es hat aber der Bischoff / mit Hülff der Benachbarten / folgendes Jahr die Statt bekrieget / vnnd in einer Schlacht der Lütticher / auff die drey vnd zwantzig tausend erleget / die Statt erobert / derselben die Privilegia genommen / die Stattfahnen verbrandt / hundert sieben vnd viertzig am Leben / vnnd die vbrigen vmb zwey hundert vnd zwantzig tausend Cronen gestrafft. Aber bald hernach / nämlich / Anno 1416. ist Keyser Sigismundus nach Lüttich kommen / vnd hat der Statt alle Privilegia wider zugestellet. Anno 1467. haben die Lütticher sich abermals wider den Bischoff auffgelainet / seine Statt HVY / eingenommen / vnnd viel daselbst vmbgebracht; deßwegen der Hertzog Carlen von Burgund vmb Hülff ersucht / welcher in einer Schlacht der Lütticher / auff die drey tausend erlegt: Darauff sie Frieden begehret / ihme Carolo,ihre Freyheiten / Wehr / vnnd Waffen zugestellet / die Mawren selbsten abgeworffen / vnnd ein grosse Geltstraaff erlegt haben. Als sie aber folgendes Jahr wider auffrührisch wurden / vnnd ihren Bischoff gefangen genommen / so hat gedachter Carolus, neben König Ludwigen dem Eylfften auß Franckreich / die Statt belägert / erobert / außgeplündert / angezündet / vnd allein die Kirchen stehen lassen. Man hat damals jederman in der Statt / so nicht bey Zeiten entrunnen war / erwürget / Frawen vnd Mann / Jung vnd Alt: Ja / man erstach die Pfaffen vnnd Münch in den Kirchen / vnter den heiligen Aemptern / wie Munsterus in seiner Cosmographia schreibet: Sie bunden die Weiber am Rucken zusammen / vnnd wurffen sie in die Maaß. Man schätzet es auff viertzig tausend Mann / die in der Statt vmbkamen / vnd zwölff tausend Weiber / die ertränckt wurden; wie besagter Munsterus meldet. Es ist aber von dem Krieg / den Burgunder mit den Lüttichern geführet / insonderheit Philippus Cominaeus, in dem zweyten Buch seiner Historien / am 1. 2. 3. 4. 5. 9. 10. 11. 12. vnnd wie die Statt in dem gedachten 1468. Jahr / endlich erobert / vnd / sampt den Kirchen / (ausser der Bischofflichen / oder deß Thumbs) meistentheils / außgeplündert; hernach die Statt angezündet / vnd biß auff die Kirchen / vnd mehr / als dreyhundert Häuser / so man den Priestern / zu ihrer Wohnung / gelassen / verbrandt; auch mit Hinricht- Tödt- vnd Ertränckung der Leut / inn / vnd ausser der Statt / (darunter viel in der Flucht / durchs Schwerd / Kälte / Hunger / vnnd Wachen / vmbkommen seyn) gehauset worden / im 13. vnd 14. Capiteln / zulesen. Es haben aber die den Geistlichen gelassene Häuser vervrsachet / daß sich das Volck bald wider / von vnderschiedlichen Orten / hieher begeben / vnd die vberbliebene Bürger dahin versamlet; die sich / sonderlich nach seinem / deß Caroli, Tod / wider erholet / ihre Freyheiten erlanget / vnnd eygene Obrigkeiten / vnd darunter Burgermeister / vnnd Schöffen / erkieft / vnd angeordnet haben. Es gab gleich hernach deß Jahrs 1482. wider Vnruhen allhie; daher Ertzhertzog Maximilian der Erste von Oesterreich / deß obgedachten Caroli Tochtermann / Lüttich belägern liesse / da dann die Lütticher herauß fielen / vnnd deß Siegs wider die Brabänder sich so gewiß versahen / daß sie auch Strick mit ihnen brachten / damit sie die jenigen / welche lebendig in ihren Gewalt kommen würden / damit auffhenckten; wie Gerardus de Roo, im neundten Buch seiner Oesterreichischen Historien / am 350. Blat meldet. Aber sie wurden geschlagen / vnnd sollen ihrer bey drey tausend blieben seyn. Darauff sie Verzeihung vom Ertzhertzog Maximilian begehrten / befohlen sich seiner Trew / verordneten ihme dreyssig tausend Gülden zu einer Jährlichen Stewer / vnd nahmen von etlichen Jahren / so nach deß Caroli Tod verlauffen / darinnen sie nicht bezahlet hätten / Keyser Friderichen / die Churfürsten von Mayntz / vnnd Cölln / zu Schiedleuten. Als höchstgedachter Maximilianus, Anno 1485. hernach zu Brüssel war / kam ihm eine Bottschafft von newen Empörungen der Lütticher; als aber sie ihre Gesandten zu ihm schickten / den Krieg abbittende / vnnd ihre vier Stattvögte in einer Auffruhr vmbgebracht wurden / so seyn hernach alle Ding glücklichen genug / da fortgangen / wie besagter von Roo / am 367. Blat / deß 10. Buchs / schreibet. Was Zeitwährender Niderländischen Krieg da vorgangen / davon können derselben Geschichten Scribenten: Item / von Blocquirung dieser Statt in Anno 1636. vnd was vorhero / vnd folgends allhie / sonderlich die nächste Jahr / vorgangen / das Theatrum Europaeum Merian. vnd zwar in Tomo 4. das 88. vnd 225. Blat. wie auch die Relationen / gelesen werden. Dann alles allhie einzubringen zu lang seyn würde.

Anno 1643. im Januario / hat die Maaß allhie alle / auch die grosse steinerne Brücken / vnnd in drey biß in vier hundert Häuser eingerissen. Es seyn / neben etlich hundert Menschen / viel tausend Stück Viehs hin vnnd wider ersoffen; wie in der Franckfurter Frühlings-Relation dieses Jahrs / am 83. Blat stehet.

Was das Bischthumb allhie anbelangt / so solle desselben Erster Vorsteher S. Maternus, zwar nicht allhie / sondern zu Tongren / gewesen: Vnd solches / nach Zerstörung der Statt Tongren / von dem Attila beschehen / von S. Servatio, nach Mastricht gelegt worden seyn; von dannen es S. Hubertus, mit deß heiligen Lamberti (der vmbs Jahr 622. in [43] dem Flecken Lüttich / weiln er der Hoffleute Leben straffete / von etlichen bösen Buben vmbgebracht worden) Reliquien / hieher auff Lüttich verlegt. Es hat aber gleichwol der hiesige Bischoff noch einen Theil an der Statt Mastricht.

Was die Ordnung der Bischöffe anbelangt / so erstlich zu Tongren / oder Tungren / hernach zu Mastricht / vnnd endlich allhie zu Lüttich / ihren Sitz gehabt haben; so sagt Aubertus Miraeus, in Fast. Belg. et Burg. p. 163. seq. Daß man von den Tungrischen / Trierischen / vnnd Cöllnischen ersten Bischöffen / nichts gewisses haben könne. Daher er sich offt verwundert habe / daß die newen Scribenten so keck seyn / vnnd jedweder dieser Bischöffe Herkommen / anzeigen / vnd den Anfang / vnnd Ende / auff gewisse Jahr nach Christi Geburt setzen dörffen. Siehe Aegidium Bucherium, in disput. historica, von den ersten Tungrischen Bischöffen / zu Lüttich / Anno 1612. mit dem Leben / vnd Thaten / der Lüttichischen Bischöffen / außgangen. Vnd am 248. Blat schreibet er / daß vermuhtlich / erst Anno 312. nach dem der Kirchen / durch Keyser Constantin den Grossen / der Friede wider zukommen / der Statt Tungren ein eygner Bischoff / nämlich / der heilige Servatius, gleich wie auch der Statt Cölln / Maternus, dieses Namens der Ander / gegeben worden. Dann in den ersten Zeiten der Kirchen / hätten die Tungrer / Cöllner / vnnd Trierer / miteinander nur einen Bischoff gehabt. Welche dann in dieser Ordnung gezehlet werden.

1. Maternus, deß heiligen Apostels Petri discipulus. 2. Navitus. 3. Marcellus. 4. Metropolus. 5. Severinus. 6. Florentius. 7. Martinus, der Haspengäwer Apostel. 8. Maximinus. 9. Valentinus. alle heilige Leut / deren ein jeder zugleich Bischoff zu Trier / Tungren / vnd Cölln / gewesen ist. Vnd dieses hat / wie gemelt / biß auff die Zeit deß Keysers Constantini Magni gewähret / zu welcher / so dann einer jeden derselben Kirchen ein eygener vnd absonderlicher Bischoff fürgesetzt worden. Vnd zwar der Tungrischen der heilige Servatius, so sonsten ins gemein für den 10. Bischoff zu Tungren gerechnet / vnd daß er dreyhundert Jahr gelebt habe / zwar vngewiß / gesagt wird. Er ist dem Tungrischen Bischthumb fast in die siebentzig Jahr vorgestanden / Anno 383. gestorben / vnnd zu Mastricht an der Maaß / dahin er den Bischofflichen Sitz von Tungren gelegt hatte / begraben worden. Nach seinem Tod / ist / wegen der Vngarischen Verwüst- vnnd Zerstörung / in die 114. Jahr lang / kein Bischoff / biß auffs 497. gewesen / in welchem B. Agricolaus, Bischoff zu Mastricht worden / deme die folgenden succediert haben / als der 12. vom heiligen Materno, dem Ersten Tungrischen Bischoff an / nämlich / B. Ursicinus, so Anno 505. gestorben seyn solle / wie man wil. 13. B. Designatus. 14. B. Resignatus. 15. B. Sulpitius. 16. B. Quirillus. 17. B. Eucherius, oder Eucherus. 18. B. Falco. 19. B. Eucharius. 20. S. Domitianus. 21. S. Monulphus. 22. S. Gondulphus. 23. S. Perpetuus. 24. S. Ebregisus, oder Evergislus (welchen etliche außlassen.) 25. B. Joannes, Agnus zugenant. 26. S. Amandus. 27. S. Remaclus, der hernach Abt zu Stablo gewesen. 28. Theodardus Martyr. 29. S. Lambertus, der Lütticher Patronus, so Anno 696. vmbgebracht worden. 30. S. Hubertus, der Jäger Patron / welcher seines Vorfahren / deß heiligen Lamberti Cörper / vnd zugleich auch damit den Bischofflichen Sitz / Anno 709. von Mastricht nach Lüttich verlegt / diesen Ort hernach mit Mawren vmbgeben / vnd daselbsten die Bischoffliche Kirch / zu Ehren der heiligen Jungfrawen Mariae / vnd Lamberti, vnd das Thumbstifft S. Petri, erbawet. Ist Anno 727. gestorben / vnd ligt zu S. Hubert / in dem fürnehmen Benedictiner Kloster / mitten im Ardenner Wald / begraben. Ihme hat der 31. Bischoff S. Floribertus succediert / welchen Joannes Roberti, in notis ad historiam S. Huberti, Anno 1621. zu Luxemburg gedruckt / für sein / deß heiligen Huberti leiblichen Sohn gewesen zuseyn bestreitet. Wie dann er S. Hubert / ein eheliche Gemahlin / so Theils Floribanam nennen / gehabt hat. Besagter S. Floribertus ist Anno 746. gestorben. 32. Fulcarius. 33. Agilfridus. 34. Gerbaldus. 35. Valcandus. 36. Pirardus. 37. Hircarius. 38. Franco. 39. Stephanus, ein berühmbter Scribent / so Anno 920. gestorben. 40. B. Richarius. 41. Hugo. 42. Farabertus. 43. Ratherus. 44. Baldricus I. 45. Eraclius, oder Eraclus. 46. Notgerus, so Lüttich mit Mawren verwahret. 47. Baldricus II. so An. 1017. verschieden. 48. B. Wolbodo. 49. B. Durandus, der Anno 1025. gestorben. 50. Reginardus, der eine Brucken vber die Maaß geschlagen / vnd Anno 1038. Tods fürworden. 51. Richardus. 52. B. Wazo. 53. Theodvinus, dessen oben bey Huy gedacht worden / vnd von welchem Aub. Miraeus, in Fastis Belgicis, in Jul. p. 380. also schreibet: Huic Theodvino Stephanus IX. Papa superhumerale gemmis et unionibus ornatum, in humeris deferendum transmisit; ut Joannes Placentius rerum Leodicensium scriptor commemorat. Illud ipsum super humerale Leodici, inter sacras reliquias, et Cimelia Basilicae S. Lamberti magnâ curâ adservatur. Est instar balthei militaris, quo humeri tegi solent, compositum. 54. Henricus I. so Anno 1091. gestorben. 55. Otberus, der Bullon, vnnd Convin, erkaufft. 55. Fredericus, so von Gifft vmbkommen / im Jahr 1121. 57. Albero I. 58. Alexander I. 56. Albero II. 60. Henricus II. 61. Alexander II. welcher Anno 1167. in Italia gestorben. 62. Radulphus, deme Anno 1191. durch Gifft das Leben genommen worden. 63. S. Alberrus, so Anno 1192. vmbkommen. 64. Albertus Cuquensis. 65. Hugo Petrapontius. 66. Joannes Apianus. 67. Guilielmus Valentinus. 68. Robertus Lingonensis. 69. Henricus Geldrensis. 70. Joannes Angianus, so mörderischer Weise vmbkommen 1281. 71. Joannes Guido. 72. Hugo Cabilonensis 73. Adolphus Waldegius. 74. Theobaldus [44] Barreniis. 75. Adolphus Marcanus, so Anno 1344. gestorben. 76. Engelbertus Marcanus, so hernach Ertzbischoff zu Cölln worden. 77. Johannes Arkelensis. 78. Arnoldus Hornanus. 79. Johannes Bavarus, von welchem Jacobus Meyer lib. 15. rer. Flandricar. p. 265. also schreibet: Anno 1408. Leodicenses Johannem Bavarum, Episcopum suum, per totos 4. menses obsederunt, in Trajecto, sed victis illis restitutus est in locum suum Episcopus ille sine pietate, qui post annos aliquot, postquam tot millia suarum Ovium Orco miserat, rejecto omni ordine sacro, ac spectro Pontificatu, duxit uxorem. 80. Joannes Walenrodius. 81. Joannes Heinsbergius. 82. Ludovicus Borbonius, der Anno 1482. vmbgerbracht worden. 83. Joannes Hornanus, der Anno 1505. gestorben. 84. Erardus Marcanus, Cardinal / so Anno 1538. diese Welt gesegnet. 85. Cornelius Bergius. 86. Georgius Austriacus. 87. Robertus Bergius. 88. Gerardus Grosbequius, Carinal / der Anno 1580. 89. Ernestus Bavarus, der Anno 1612. gestorben. 90. Ferdinandus Bavarus, so noch lebet / vnd zugleich auch Ertzbischoff zu Cölln / vnd Bischoff zu Münster / vnd Paderborn ist.

Es hat dieses Bisthumb von Mitternacht / vnnd Abend / Braband; vom Morgen einen Theil der Maaß / mit dem Hertzogthumb Limburg; vnd vom Mittag das Hertzogthumb Lützenburg / vnnd die Graffschafft Namur / oder Nauen. Es gehört aber auch hieher das Hertzogthumb Buillon / die Marggraffschafft Francmont / vnd die Graffschafften Loten / oder Loots / Hasbaw. Obgedachter Ludwig Guicciardin sagt: Es habe dieses Stifft zwey vnd fünfftzig fürnehme / vnnd trefflich reiche Abteyen: Den halben Theil von der Statt Mastricht / (dann den andern Braband / vnd jetzt die vereinigte Niderländer besitzen) vnnd in allem vier vnd zwantzig vmbgemawerte Stätte / als nämlich / Lüttich / Boulion / Franchimont / Loots / Borckworm / Tongren / Huy / Hasselt / Dinant / Maseyck / Stockem / Bilsen / S. Truden / Tuin / Visset / Varem / Beringe / Herck / Bree / Per / Hamont / Sinei / Fosse / vnnd Covine. Neben diesen Stätten seyn auch folgende Ort im Stifft Lüttich fürnehm: Als 1. Florene / fünff Meilen von Beaumont, vnd Namur gelegen / so vor dem Frantzösischen Krieg ein feines Stättlein gewesen. 2. Cercy, ein feine Vestung / drey Meilen von Lüttich. 3. Ebura, ein Dorff / vnd ein grosse Meil von Lüttich gelegen / so noch der Eburonum, als weyland Innwohner dieses Lands / Namen behelt. 4. Herstall / bey einer Meilen von Lüttich: Vnd 5. Jupilia, darvon hieoben: Vnd welche beyde Ort deßwegen berühmbt / weiln die Pipini, weyland / Großhofmeister / vnd Regenten in Franckreich / sich gern allda in ihren Pallästen auffgehalten haben; wie dann deß Luffts / der Wasserflüß / Wälder / Berg / Thäler / Weingärten / vnd Früchten; auch deß Gejages / der Fisch / vnd Vogelfangs halber / daherumb ein herrliche Landschafft ist; wiewol von den gemelten Pallästen / geringe Anzeigungen mehr vorhanden seyn. Vorgemelter Guicciardinus schreibet: Es habe dieses Bischthumb Jährlich / ob dreyssig tausend Ducaten / ohne das Extraordinari, Gefäll / vnnd Einkommen: Der Hertzog von Braband seye Schirmfürst / vnd Advocat deß Stiffts / vnd hätten diese beyde Länder ewige Bündnüß mit einander: Man mache guten Salpeter in diesem Land: Der Wein sey gering, hab aber köstlich Fleisch / Fisch / vnd Vogelwerck: Vnd das allein auß der Statt Lüttich Gebieth / eine Meil Wegs darumb ligend / doch die Statt / welche eine mächtige Summ verbrauche / wol versehen / der Steinkohlen / ob hundert tausend Ducaten werth / Jährlichen verführet werden. In Summa / es seye dieses / sagt er / ein Wunder gut Land. Besiehe / ausser denen obangezogenen Scribenten / vnnd der Niderländischen Chronic / C. Jul. Caesarem lib. 5. Commentar. suorum, de Bello-Gallico, p. 99. seqq. P. Bertium, in descript. Leodiensis Dioecesis, lib. 2. Tabular. Greograph. p. 169. seqq. Georg. Braun / in tom. 1. Theatri Urbium, Joan. Hocsemium von den Bischoffen zu Lüttich / deß Mersaei Catalogum Episcopor. Leodiensium, Joannis Chapeavillii, Canonici et Vicarii Generalis Leodiensis, Tomos rerum Leodiens. Bartholom. Fisen, Historiographum Leodiens. vnd Gelenium in Catalogo Episcoporum Colon. der da sagt: Licet Bucherius in suis Leodiensibus Episcopis, et alii multi opinentur, eosdem Tungror. Treviror. et Ubiorum, Episcopos fuisse; sed nihil pro ea assertione argumenti afferunt; vnnd das Itinerarium Germaniae Martini Zeilleri; daselbsten im ersten Theil / am 460. Blat / auß andern / gesagt wird / daß im Stifft viel Frey-Herrschafften / vnd siebenzehen hundert Dörffer / so Kirchenthürn haben / vnd daß der Lufft deß Landes rein / vnd gesund seye: Es auch da Eisen- Bley- vnd Goldgruben / sampt schönem / weissen / vnnd allerley anderm Marmor / vnd Alabaster / habe. Item / daß oberwehnte Steinkohlen / so von dem Lande den Namen / sich bald erhitzen / vnnd mächtige Wärme von sich geben. Daher auch die Lütticher sich dreyer Stücke / vor andern Ländern / rühmen / daß sie nämlich / das beste Brod / so besser / als ander Brod; das härtiste Eisen / vnnd das stärckste Fewer / so heisser / als ander Fewer / haben. Vnd werden solche Kohlen vom Wasser noch mehr erhitzet / vnd können alein mit Oel gedämpffet werden; wie hievon auch obernanter Bertius zulesen ist.

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Verzeichnuß
Der fürnehmbsten Gebäwen der Statt Lüttich.

1 S. Lamberti Thumbkirch.
2 S. Petri.
3 S. Martini auff dem Berg.
4 S. Joannis Evangelistae.
5 S. Pauli.
6 Heilig Creutz.
7 S. Denis, oder S. Dionysii.
8 S. Bartholomaei.
9 Nostre Dom aux fonds.
10 S. Albert de Prage.
11 Dominicaner.
12 S. Jacobi, Benedictiner.
13 S. Cornelii de Beaurepaire.
14 FF. Croisiers.
15 Carmeliter.
16 Alt Jesuiten.
17 S. Georgii.
18 S. Gangolphi.
19 S. Stephani.
20 A la Chaine.
21 S. Matthaei.
22 S. Michaëlis.
23 S. Severini.
24 Huberti.
25 Minoriten.
26 S. Clarae.
27 Newe Jesuiten.
28 S. Waldpurgis
29 Carmelitarum discalceatorum, oder FF. Minimes.
30 S. Servatii.
31 FF. Alexias.
32 S. Mariae Magdalenae.
33 S. Catharinae.
34 FF. Mineurs Conventuels.
35 S. Joannis Baptistae.
36 S. Georgii.
37 S. Thomae.
38 S. Foliani.
39 S. Nicolai.
40 S. Julini Hospital.
41 Mineurs observant.
42 FF. Pied deschalz.
43 S. Remacli.
44 S. Vincentii
45 4. Hospital.
46 Carthauß.
47 Augustiner Kloster.
48 S. Veronae, vnd S. Martini.
49 Soeurs Angelines.
50 FP. Coquins Lais.
51 S. Christophori.
52 S. Mariae Magdalenae Kloster.
53 S. Laurentii.
54 S. Margarethae.
55 S. Agissae.
56 Palatium.
57 Grand Halle.
58 Die Metzig.
59 Pont S. Julien.
60 L’Arsenal.
61 Porte S. Martin.
62 Porte S. Walpurg.
63 Porte du pont d’amercur.
64 Hocha Porte:
65 Porte des Begards.
66 Porte de S. Margerite.
67 Porte du ponte d’Auroix.
68 Porte de Beau-reparie, vnd mehr dann zwantzig Pforten zum Wasser.
69 Der große Marckt.
70 Maison de Ville, oder das Rahthauß.