Topographia Westphaliae: Engeren

Topographia Germaniae
Engeren (heute: Enger)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1647, S. 79–84.
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[79]
Engeren / Engern / Angrivaria,
Angern / von den Angrivariis, der Bructerorum Feinden; den Namen führende / ist vor Zeiten eine Statt gewesen / aber nach ihrer Zerstörung / vergleichet sie sich an jetzo mehrers einem Dorff. Widekind / weyland / der Sachsen König / so viel Jahr mit Keyser Carl dem Grossen / Krieg geführet / hat allhie Hoff gehalten / ist auch allda begraben worden; wie dann seine Grabschrifft noch daselbst / wie David Chytraeus in Orat. de Westphalia setzet / gelesen werden solle; wiewol Elias Reusnerus, in Steminate Witichindeo p. 13. vnnd die Braunschweigische Chronic / am 54. Blat / berichten / daß er hernach vom Keyser Heinrichen dem Ersten / nach Padeborn versetzt worden seye. Andere sagen: Daß die nahend gelegene Hervorder (so den halben Theil von dem Stifft zu Engern / vnnd den andern die Magdeburger bekommen) deß gedachten Witekinds Gebeiner / mit andern dergleichen Sachen / (als Stab vnd Täschen) so sie von Engern hinweg geführet haben / weisen sollen. Obgemelte Braunschweigische Chronic berichtet am 55. Blat / daß die Keyserin Mechtild / nach dem ihr Herr / Keyser Henricus I. obgedacht / den Thumb allhie zu Engern weggenommen / daselbst wider ein Stifft / in die Ehre vnser lieben Frawen / vnnd S. Dionisii, gemacht habe. Siehe von diesem Ort / ein mehrers beym Reinero Reineccio, in Commentatiuncula de Angrivariis. Es führen von solchem / den Hertzogs Titul / so wol der Herr Churfürst zu Cöllen (als welchem Ertzstifft / Keyser Friderich der Erste / nach dem Hertzog Heinrich der Löw zu Bayern vnnd Sachsen / in die Acht erkläret worden / denselben gegeben / ob schon einer vermeynet / daß Engern allbereit vorhero bey Cölln gewesen seye;) als auch die Herrn Hertzoge in Nider-Sachsen / oder zu Lawenburg: Aber es gehört der Ort Engern der Zeit zur Graffschafft Ravensperg / nach dem derselbe / vor diesem / selbigen Graffen versetzt worden / vnd / auff deren Abgang / zu den Gülchischen Ländern kommen ist; wie Joh. Angel. à Werdenhagen de Rebusp. Hanseat. p. 3. c. 1. fol. 206. auß besagtem Reineccio, vnd deß Angeli Brandenburgischer Chronic / hievon zulesen. Es setzen auch nicht allein die Landtafeln; sondern ingleichem der Newe Atlas dieses Engern in die gemelte Gülchisch- oder Bergische Graffschafft Ravensperg außtrücklich.

Von diesem Ort stehet in der Lippischen Chronic / an vnderschiedlichen Orten folgends: Engern die Statt / vnd veste Burg / nicht weit von der Statt Herfurt gelegen / hat den Namen / von Angern / à Campestri planitie von einem Ort / der ein guter Anger ist. Das Land gräntzet mit den Stifftern Minden / vnd Oßnabrück / vnnd den Graffschafften Lipp / Teckelnburg / vnd Ravenspurg. Vnd obwol Statt vnnd Burg jetzt verwüstet ligt / so ist doch der Ort wegen der alten Sächsischen Könige / sonderlich deß Grossen Witekindi, der allhie gewohnt / vnd begraben worden / berühmt: Wie dann noch sein Grab allhie gewiesen wird / mit dieser Schrifft:

Ossa viri fortis, cujus sors nescia mortis,
Iste locus claudit: Euge bone Spiritus audit.
Omnis mundatur, hunc Regem qui veneratur,
Aegros his morbis, Coeli Rex sanat, et Orbis.

Ist gestorben An. 807. seine Gebein aber hat Keyser Henricus I. gen Paderborn versetzt; wiewol Theils wollen / daß sie gen Bethlem / das ist / Bratlehem / da er auch soll getaufft seyn / geführet worden. Das Stifft / so er allhie angeordnet / darvon noch jetzt die Kirch / vnd darinn das gedachte Grab / vorhanden / hat man nach Herfurt in die Newstatt transferiert. Mit der Zeit kam Engern an Hertzog Heinrichen den Löwen zu Sachsen / der solche Herrlichkeit Graff Berharden zur Lipp / wegen seiner getrewen Dienste / gegeben. Dieweil aber zur selbigen Zeit der Bischoff von Oßnabruck / die Pfarren / oder Kirchspiel / Mell / Reimslag / Hagel / vnd andere / davon mit Gewalt genommen / so wolte auß deß besagten Graffen Nachkommen / Graff Simon I. zur Lipp / solche wider haben / ward aber im Krieg gefangen / vnd ins 6. Jahr angehalten. Wolte er nun loß werden / so muste er Versicherung thun / daß vorgenantes Hauß vnd Statt Engern / ruiniert / vnd nidergerissen / vnd am Hauß nit ein Stein auff dem andern bleiben / auch nimmermehr wider erbawet werden; die Hochheit aber der Fürstlichen Herrschafft Engern / beym Bischoff zu Oßnabruck Ludovico, vnnd seinem Bruder Simone, Graffen von Ravenspurg / eine Zeitlang / vor ein Pfand bleiben solte. Ist also das Hauß / mit der Statt / welche so viel hundert Jahr den Fürst- vnd Königlichen Stamm erhalten / vnnd das Hauß eine wolerbawete / vnnd veste Burg war / geschlaifft / vnd der Erden gleich gemacht worden; vnd hat forthin der Graff seine Hoffhaltung zu Blumberg angestellet.

[80] Auß einer geschriebenen Chronica ist vns folgends vertrawlich communiciert worden. Nach den vralten Engerischen vnd Sächsischen Fürsten / hat Sachsenland Witekindus vor vnd nach Carolo Magno einbekommen / vnd nach seinen Antecessoren das Hauß / Vest vnd Burg Engern bewohnet / biß Carolus Magnus seiner deß Witekindi mächtig worden ist / hat er sothanes Hauptschloß Engern im Jahr 776. eingenommen / vnd Witekindo entwendet. Aber da Witekindus den Christlichen Glauben angenommen / hat der König Carolus ihm nicht allein das Hauß / sondern auch das gantze Fürstenthumb von Engern vnnd Sachsen zum Erbe wider auffgetragen / welches er bewohnet / vnd nachdem er allda eine Kirche / vnnd darbey ein herrliche Canonicasey selbst fundiert / vnnd erbawet / daselbsten begraben worden.

Nach dessen Absterben ist solches bey seinen Successoren / den Hertzogen von Sachsen verblieben / vnd haben dieselbe sothanes bewohnet / biß Ludolphus (dessen älter Vatter König Wedekind gewesen) den Fürstlichen Sitz vber die Weser in Ostphaliam transferiert / vnd haben endlich die Ostphalen ihren alten Titul fallen lassen / vnd allein den Sachsen Titul behalten / vnnd dargegen die Westphalen den Sachsen Titul fallen lassen / vnd allein Westphalen behalten. Von den Engerischen Fürsten seyn viel andere Fürstliche vnnd Gräffliche Geschlecht in die Welt getheilet.

Hertzog Heinrich der Löwe / welcher war deß heiligen Römischen Reichs Erbmarschalck / vnd Churfürst / Hertzog zu Sachsen vnnd Bayern / Graff zu Braunschweig vnd Lüneburg / vnnd Northeim / ein Herr von der Elbe / biß an den Rhein / hat auch diß Hauß vntergehabt / biß seine Feinde dasselbe gleichfals / wie mit andern seinen Landern geschehen / ihm abzunehmen sich vnterstanden. Dann / als derselbe im Jahr 1180. vom Keyser Friderico Barbarossa in Gegenwart deß Reichs verdampt / in die Acht erkläret / daß er aller seiner Landen beraubet werden solte / vnd dann einer hie / der ander dort / seine Länder angefallen. So hat Ertzbischoff Philippus von Cölln / so gewesen ein geborner Graff von Hingsberg / im Gülcherland am Rhein gelegen / vnd Reinoldo succediert in Westphalen / auch an sich viel zubringen sich vnterstanden / vnnd angefangen sich zu schreiben Hertzog in Westphalen (welchen Titul die Hertzogen auß Vnter-Sachsen / auß dem Geschlecht der Graffen von Anholt eben behalten.) Dem dann Hertzog Heinrich der Löw entgegen gezogen / vnnd mit seinen beystehenden Herrn / darunter auch gewesen Bernhard deß Namens / Graff zur Lippe / denselben in die Flucht getrieben. Vnnd weiln Hertzog Heinrich die getrewe Dienste G. Bernhards zur Lippe / gespüret / ob er wol selber seiner besten Länder beraubet war / vnd nicht wider gewinnen können / hat er doch / durch seine Männliche vnd Ritterliche Thaten / das Königliche Hauß Engern / in der Gegend Herford gelegen / mit Hülffe Graff Bernhards vnnd anderer Soldaten / wider eingenommen / vnnd da ers erhalten / hat er es zur Danckbarkeit / dem von der Lipp auffgetragen / vnd alle Fürstliche Gefälle / Ankünfft vnnd Rente darbey gelassen. Der Graff aber hat solche Gabe mit Danckbarkeit angenommen. Es wäre der Bischoff zu Oßnabrück / dem gantzen Engerischen Gebieth / da hohe Leut den Namen von geführet / vnnd sich Hertzoge von Engern genannt / gern (wie man spricht) in die Wolle gewesen / vnd das gantze Hauß / was darzu gehörig / zu sich gerissen / aber / dieweil es dem Graffen zur Lipp auffgetragen / hat sich auch der zur Lipp deß Hauses / dann es ein schön wolverwahrete vnd veste Burg war / also angenommen / daß ihn der Bischoff von Oßnabrück hat lassen passieren. Das hat den Bischoff von Oßnabrück sehr verdrossen / hat dannoch dargegen nichts vorgenommen / harrete aber / biß auff andere Gelegenheiten / fuhr demnach fort / da er ihm das gantze Hauß nicht vermögen zunehmen / hat er das Fürstliche Gebieth spoltiret. Vnd die Kirchspiel / Mell / Reimslag / Heuwel / vnd andere davon mit Gewalt abgenommen; wie auch andere Herrn mehr in demselben 1182. Jahr gethan. Der Graff von Ravensperg hat weggenommen / was Engern vmb Herford gehabt / der Graff von Tecklenburg / hat genommen die Statt Lübbecke vom Hauß Enger / vnd was darumb gelegen / hat angerichtet / vnnd gebawet den Reinneberg. Aber solches hat er nicht lang gebrauchet / dann der Bischoff von Minden / geborner Graff von Diepholt / hat es ihm genommen / vnnd in deß Stiffts Nutzen gewendet.

Daß dazumal also der Bischoff von Oßnabrück dem Engerischen Gebieth vnd Fürstlichen Hauß an Land vnd Leuten grossen Abbruch gethan / hat den nachfolgenden Herrn verdrossen / vnd weiln Graff Bernhard zur Lipp / deß Namens der Dritte / sich vnterstanden / das abgenommene wider beyzubringen. So hat es ihm doch gefehlet. Dessen Sohn aber / Graff Simon / deß Namens der Erste / hat sich endlich mit Heereskrafft / als ein streitbarer Held / darzu gerüst vnd gefast gemacht / dem Bischoff von Oßnabrück die Landgüter vnd Kerspiel / Rimschlage / Melle / Heyel / vnd andere Engerische Güter / welche seinem älter Vatter abgenommen / wider zu recuperieren. Es hatte Graff Simon zum Schutz vnd Zuflucht / die beyde Häuser vnd Stätte Engern vnd Rheden / darvon thäte er dem Bischoff / vnnd dessen Vnterthanen mercklichen Schaden. Also / daß sie jederzeit die Wacht gegen dem Graffen zur Lippe halten musten / vnd einer vmb den andern zusehen / ob der Graffe zur Lippe vorhanden wäre. Ob dann wol der Bischoff von Oßnabrück / durch seine Abgeordnete / Mündlich vnnd schrifftlich / bey dem Graffen / vmb Enderung deß feindlichen Gemühts / vnd daß er sich Nachbarlich verhalten möchte / angehalten. So ist doch solches beym Graffen zur Lippe / alles vnfruchtbar abgangen. Derhalben dann der Bischoff Anno 1299. sich auch feindlich gegen ihm verhalten / vnd zur Wehr stellen müssen. Vnd als der Graff im selbigen Jahr / mit einem ansehenlichen [81] Raub / das er dem Stifft abgenommen / darvon gewolt / ist der Bischoff mit seinen Soldaten ihm auff den Halß kommen / ihnen feindlich angesetzet / vnnd die Victoriam erhalten. Auff solche Victoriam deß Bischoffs / ist der Graff zur Lipp / Herr Simon erhaschet / vnd als ein Gefangener / in die Hauptstatt Oßnabrück geführet / vnd in schwärer / härter Gefängnüß / genannt der Buck / in das sechste Jahr gehalten worden. Welches dem Graffen / dessen Gemahlin / Kindern / vnnd Verwandten hertzlich wehe gethan.

Endlich / ist Anno 1305. am Tage Kiliani, zu Schottmahr / in der Graffschafft Lipp / von den Lippischen vnnd Oßnabrückischen Ständen / ein Zusammenkunfft gehalten / da ein Vertrag ertheydiget / vnd die Handlung dahin gerichtet worden:

Daß erstlich / Graff Simon für sich vnnd dessen Sohn Bernharde / Probsten zu Paderborn / in Eydes statt bewilligen solten / daß vorgenantes Hauß vnd Statt Enger ruiniert vnnd nidergerissen / das Gebäw vnnd Mauren / besonders das Hauß geschleyffet / die Wassergräben / vnnd sonsten / was vngleich / erfüllet / gleich gemacht / vnnd an dem Hause nicht einen Stein auff dem andern bleiben / auch nimmer reparieret / vnnd wider erbawet werden solte.

Zum andern / daß die Hochheit der Fürstlichen Herrschafft Engern / bey dem Bischoff / Herrn Ludwigen / geborn von Ravensberg / vnnd seinem Bruder Simoni regierenden Herrn in der Graffschafft / ein Zeitlang vor ein Pfand bleiben solte.

Zum dritten / daß innerhalb fünffzehen Tagen / nach Erledigung auß der Gefängnüß / das Stättlein Rhede abgebrochen / vnd nimmer von jemand der Posterität vnnd Nachkommen reaedificirt vnd wider auffgebawet werden solte.

Zum vierdten / daß der Graff hinfürter nicht Macht solte haben / vor sich selber / noch vor ihre Nachkommen / ein Veste anzulegen / oder mehr zubawen / als zuvor gewesen / vnnd der Behuff auch kein Stagnation, oder Stowing / Aufftreiben / Auffwallen der Wassern / vnnd Vberschwemmen deß Lands / anzurichten.

Zum fünfften / daß er auch / neben Eydlicher Verpflichtung / gnugsame Caution vnnd Bürgschafft / da der Stifft Oßnabrück / der Bischoff Ludwig vnd sein Bruder / ein sattsame Begnügen an hätte / der Gebühr nachstellen solte. Dieses ist in Bedencken gestellet / vnd weiln ernante Articul vnd Vertragspuncten / den anwesenden Herrn Freunden / Behuff deß gefangenen Graffen vnnd Herrn zubewilligen vnd anzunehmen / allzu schwär dauchten zuseyn / so haben sie doch alle vnnd jede Puncten / annehmen müssen / damit der gefangene Herr endlich exsqualore carceris, vnd auß der beschwerlichen Hafft erlöset wurde.

Hierbey ist endlich angehängt / vnd zum sechsten bewilliget / daß der Graff hinfüro nicht soll vnd wil den Stifft molestieren / oder demselben Schaden in einiger massen vor sich selber / oder vor ihre Posterität thun / oder thun lassen; vor den erlittenen Schaden aber dem Stifft / Bischoff vnnd Statt erlegen 4000. denariorum Osnabrugensis valoris. Auff diese gütliche Verhandlung / ist der Graff zur Lipp / Herr Simon loß gegeben worden. Vnnd haben die Gemahl / Kinder / Schwestern / Schwäger / Ritter / Land vnd Stätt / ihn mit grosse Freude empfangen. Das Hauß aber zu Engern / mit der Statt daselbst / welche so viel hundert Jahr / den Fürstlichen vnd Königlichen Stamm vnnd Geschlecht erhalten / darauß viel Länder / Königreich / Fürstenthumb / Graff- vnd Herrschafft in der Welt besetzet wurden / die auch wol vnd weißlich regieret / vnd mit ihrer Posterität / Ruhm vnnd Preiß eingelegt / die Burg auch vor sich selbst wol erbawet / vnnd ein wolverwahrter Vest war / darvor sich die benachbarten Herrn geförchtet / ist geschleyfft / vnd der Erden gleich gemacht worden. Also ist auch geschehen bey dem Stättlein Rhede / vnd alles vollführet / wie es zuvor beschlossen war / welches also alles weitläufftiger in Chronico Lippiaco durch Herrn Johannem Pideritium beschrieben.

Was aber die Kirche vnnd Canonica sey zu Engern / welche König Widekind fundirt / belanget. So haben zu Engern Decanus vnd Capitulares Ecclesiae S. Dionysii Angariensis, Osnabrugensis Dioecesis, an den Papst nach Rom / Latine suppliciert. Cum bona ejus Ecclesiae per crebras armigerorum ac raptorum, et praediorum hostiles et violentos insultus abducerentur, et distraherentur, cultusque divinus perturbaretur, et tam rerum quàm personarum pericula adessent: Ut Collegium ipsius Ecclesiae ad oppidum Hervordiensium Padaebornensis Dioecesis, quod Imperiale et muratum esset, et a dicta Ecclesia per unam duntaxat leucam vel quasi distaret, inibi in Ecclesiam Parochialem S. Joannis transferretur. Worauff der Papst Joannes ejus nominis XXIII. Gotfridum Lenoldum Decanu Ecclesiae beatae Maria Bilefeldiensis, pro Commissario et Executore constituirt, vnd solches / wie suppliciert / per literas transmissas, Romae datas apud S. Petrum Idibus Decemb. Pontificatus ejus Anno tertio, ihme zuverrichten anbefohlen. Der dann Anno 1414. am 16. Januarij zu Hervord in der Newstätter Kirchen sothane Päpstliche Commission abzulegen sich angelegen seyn lassen. Dieser Joannes aber ist vnter den Päpsten gewesen / damals / als die Römische Kirche drey Köpffe hatte / weiln drey Päpst auff einmal gewesen / nämlich / Petrus de Luna, der sich Benedictum XII. Angelus Cornarius, der sich Gregorium XII. vnd Balthasar Cossa, der sich Joannem XXIII. nennet. Von welchen Dreyen fürterst jene beyde abgesetzt / vnd darnach dieser auff dem Concilio zu Costantz im Jahr 1415. von den Deputierten der fünff Nationen / Teutschland / Franckreich / Italien / Spanien / Engelland / auff Decret vnnd Befehl deß gantzen Concilii verdammet / deß [82] Papsthumbs entsetzet / vnnd ihm die ewige Gefängnüß zuerkant / wie solches auch weitläufftiger zulesen / im 6. Theil Historischer Chronicken / durch Joannem Ludwig Gottfriden beschrieben.

Also / vnd dermassen / wie gemeldet / seyn die Engerische Dionysianer in die Pfarr- vnd Bürgerkirchen der Newstatt Hervordt / S. Joannis genannt / kommen / vnd biß hiehin darinn geduldet / nach dem dieselbe / als das Liecht deß Evangelij auch allda angangen / vnnd nach Abschaffung der Päpstischen Messe / die Teutsche Messz / Anno 1530. fürs erst darinn celebriert / kein Motus gemacht / sondern sich gutwillig vnd gern submittiert / die Augspurgische Confession mit angenommen / gegen dem Raht / vnnd die Kirchendiener / so allein von dem Raht allda / vnd der Gemein angenommen worden / sich annoch gebührsam bezeigen / vnd vnterweilen ihre Horas cantando ex Psalterio Psalmos Hymnos, et Cantica, so der Augspurgischen Confession / nicht zuwider / halten auch die Ceremonien / so auff Annehmung der Augspurgischen Confession / in allen Kirchen zu Hervordt / für hundert vnd mehr Jahren / angeordnet / gutwillig mit observieren / vnnd deren Kirchen-Ordnung sich accommodieren. Dann / als Anno 1530. fürs erst in der Newstätter Kirchen / wie gesagt / die Teutsche Messz gehalten / ist darauff Anno 1532. gefolget.

Nachdem alle Geistliche in der Statt von einem Ehrnvesten Raht der Statt Hervord / dazumal auff das Rahthauß gefordert / vnnd was sie von der Lehr D. Dreyern / so ein AugustinerMünch gewesen / vnnd was D. Luther gelehret / auch getrieben / hielten / gefraget / die sich / wie sothane Lehr GOTtes Wort gemäß wäre / erkläret: Daß darauff die Kirchen-Ordnung / so auff Ehrngemeltes Rahts Befehl / auffgesetzet / nach Wittenberg geschickt / von D. Bugenhagen revidiert / vnnd allda in Teutscher Sächsischen Westphälischer Spraach gedrucket / Dominica Quasimodogeniti genantes Jahr offentlich in der Altstätter Kirchen / verlesen / vnnd daß derselben nachgesetzet werden solte / verordnet / wie die jetziger Zeit auch also nach an den Son- Feyer- vnd andern Tagen / in allen Kirchen allda observieret vnd gehalten wird. Sonst pflegen gemelte Dionysianer / wann zu Hervordt hohe Stands-Personen / oder andere fürnehme Herrn / ankommen / vnd deß Witekindi, darvon sie gehöret / Reliquias, oder Monumenta zusehen begehren / vorzeigen.

1. Ein alt Buch in Folio / darinn der vier Evangelisten Evangelia auff rein Pergament geschrieben / außwendig ist der Band vberzogen mit Silber / so vergüldet / darinn etliche Figuren vnd Bilder von Helffenbein eingemacht / daherumb gesetzet Onichel / vnd dergleichen Edelgestein mehr: Auch ist darauff zufinden / ein Bildnüß / so Caroli Magni seyn sol: Item / S. Joannis, vnd S. Dionysii.

2. Ein silbern Kästlein / so vergüldet / welches nicht auffgemacht wird / darauff ein grosser Crystall / neben etlichen kleinen / zusehen. Vnter dem grossen auff der einen Seiten / stehet geschrieben: Reliquiae S. Dionysii, S. Mauritii Exyperii: Auff der andern / Laurentii, Vincentii, et aliorum.

3. Ein silbern Crucifix, so vergüldet / darauff ein grosser Rubin / sampt andern mehr / vnnd ein grosser Crystall / vnter welchen zulesen diese Wort: De ligno Domini: Darunter auch zusehen / ein Bildnüß / so Caroli Magni seyn soll.

4. Ein Evangelien-Buch in Quarto, darinn die Evangelia Dominicalia Lateinisch / durch das gantze Jahr / auff ein Pergament geschrieben / auch der Capitularen Juramenta.

5. Ein silberne Tasche / so vergüldet / welche auch nicht auffzumachen.

6. Ein Trinckgeschirr / darauß der König sol getruncken haben / gegen vergifft / von Silber / so vergüldet / darinn ein grosser Jaspis, so außgehölet / einer Handbreyt / darauff geschrieben: Munere tam claro, ditat nos Aphrica raro.

7. Ein grosse Laden / darinn zu sehen etliche Ossa, als ein Hirnschal / vier grosse Arme / vnd Beinknochen / neben andern kleinen Knochen.


Von dem grossen Wedekind / der
Sachsen König / vnd seinem Herkommen.

Nach dem Tod Harminii, der Teutschen berühmbten Fürstens / welcher dem Sachsenland wol vnnd getrewlich vorgestanden / seyn vnter den Herrn / die die Länder regierten / die Angarii, vnd Engerfürsten / die frünembsten worden. Sie hatten ihr Hofflager in diesen Ländern / auff ihrem Fürstlichen Hauß Engern.

Bodo regierte nach den Cheruscern gantz Sachsenland / derowegen ward er ein König der Sachsen genant. Zeugete

Vechtam, oder Wichten: Der zeugete

Wittigisslum, der sich nennet ein Hertzog der Sachsen. Zeugete

Hengistum, einen König in Britannia. Dieser zeugete in Engern

Hatugastum.

Hengistus, ein mächtiger Fürst vnd Herr / war in Sachsen vnd Teutschland der löblichen Thaten berühmbt / vnd bekant / also / daß es in Groß-Britannia erschall / vnd derowegen im 449. Jahr von Vertigerio, König in Britannia, dieweil er von den Scoten vnd Picarden sehr hat betrangt war / zum Capitäin mit seinen Sachsen vnd Angariis, vociert vnnd beruffen worden / ihm mit Hülff zuerscheinen. Darauff hat sich vorgemelter Hengistus, bestellen lassen / vnd dero Behuff auß seinem Fürstenthumb Engern / dieser Oerter / an der Weser vnnd Elbe / vnd sonst in welchen Orten in Sachsen / Rittermässige Leut befunden worden / vnnd die Lust hatten / mit in Britanniam zureysen / darzu zu conscribiren vnd zuvergaddern: Mit diesen Soldaten / Sachsen / vnd Engerischen Landsassen / so Anglo Saxones genannt worden / hat sich der Fürst von Engern / neben seinem Bruder Horsa, auffgemacht / vnd ist mit dreyen langen [83] Schiffen in Britannien / jetzt Engelland genannt / geschiffet / vnd ankommen / dem König Hülff zuerzeigen / gegen seine Feinde. Dieweil aber der König durch der Feinden Tyrannisch Wesen außgemattet. Hat er dem Hertzogen von Engern vnd Sachsen / seinen mit Gefahr Leibs vnd Lebens wolverdienten Kriegssold / der Gebühr nach / nicht geben können / auch die Engerer / ohne gebührliche Abfindung vnd Bezahlung / nicht auß Britannia weichen wollen. Hat der König Vertigerius, dem Fürsten Hengisto, einen Ort Landes in seinem Königreich / Canthia genannt / darinn Cantuaria (Candelburg) die Hauptstatt ist / neben seiner Tochter / zum Gemahl anweisen / vnterthun vnnd vertrawen müssen.

Wie nun der Fürst Hengistus von Engern / den Ort Landes innen hatte / hat er seiner Vnterthanen auß Sachsen vnnd Teutschland / in Britannien / nach Gelegenheit / wann / vnnd wie er konte / gar viel eingeführet / daß er der Britannier / die folgends Engelländer genannt / mächtig wurde / wie auch geschehen. Da der Fürst sehr reich vnd mächtig wird / hat er nach der Cron / vnnd gantzem Regiment in Britannia gestanden / vnnd damit er solches an sich bringen möchte / hat er den gantzen vornehmen Adel in Engelland getödtet / vnnd den König in Engelland / in Walliam relegiert vnd verweiset. Also ist durch Geschwindigkeit der Fürsten von Engern / das Königreich Britanniae; in der Sachsen vnnd Engern Macht vnd Gewalt kommen. Vnd weiln zu der Zeit Herfurt bey Engern / ein Herrschafft gewesen / hat vermuhtlich / die Graffschafft Herfordia in Engelland / dahero auch ihren Namen bekommen.

Hatugastus blieb Gubernator der Sachsen vnd Engerischen Länder / vnd vermehret das Geschlecht. Dem folgete

Gilderich / oder Hulderich / ein Hertzog zu Engern. Ferner.

Bodico. Nach diesem

Bertoldus, Hertzog zu Engern / Anno 548. Ist erster Hertzog / so diese Länder gegen die Francken beschützet. Dem folgete

Sigismundus, oder Sieghard / welcher anfieng zu regieren / vmb das Jahr Christi 630. Dieser König Sieghard hat einen Sohn gelassen / der hieß

Theodoricus (Dieterich) der ist auch ein König der Sachsen gewesen / der war vmb das Jahr nach Christi Geburt 723. von Carolo Martello, dem Hauß Meyer in Franckreich / gefangen. Dieser König Dieterich / hat mit seiner Gemahl Fraw Debra / geborner Hertzogin der Wenden / zween Söhn gezeuget / nämlich / König Edelgarten / vnd Hertzogen Warnekind.

König Edelhard / hat gegen Pipin König in Franckreich / grosse Kriege geführet. Endlich / ist König Edelhard in der letzten Schlacht tod geblieben / welches geschehen Anno Christi 756.

Nach König Edelhards Tod / ist sein Bruder Warnekind / ein Hertzog der Sachsen worden / der zeugete mit seiner Gemahlin Fraw Künigunden / geborner Königin auß Rügen / zween Söhne / nämlich / den grossen König Wedekinden / vnd Hertzog Brunen.

Nach dem tödlichen Abgang Hertzogen Warnekinds / ist sein Sohn Hertzog Wedekind / widerumb regierender Hertzog zu Engern / Westphalen / vnnd Sachsen / Anno Christi 758. vnd wegen seiner herrlichen Thaten / Magnus genant worden.

König Carolus deß Namens der Erste / König in Franckreich / hat viel Jahr Krieg geführet wider die Sachsen / die er zum Christlichen Glauben zwingen wolte. Nun hatten die Sachsen zwölff Hertzogen / die regierten einer vmb den andern ein Jahr / vnd zu welches Hertzogen Zeiten / die Sachsen mit Krieg wurden angegriffen von ihren Feinden / derselbe Hertzog ward von ihnen zum König erwehlet / so lange der Krieg währet. Da nun aber die Sachsen von König Carl schwärlich vberzogen wurden / da erwehleten sie zu einem König Hertzog Wedekinden / der zu Engern vnnd Westphalen Hertzog war. Der thät König Carlen grossen Widerstand / von seinen Schlössern vnnd Vestungen in Engern / Sieburg / Eresperg / vnd von der Wedekinds Burg / die an dem Ort lag / da jetzt Minden gelegen ist. Die erste Feldschlacht geschah nicht weit von Osenbrück am Bucholtz / daselbst schlug König Carl die Sachsen / auß dem Feld / vnd zog gen Eresperg / erobert die Vestung mit Gewalt / vnd verstöret da der Sachsen Abgott Irmensäul / (Hermansäul / oder Armensäul) diß geschahe im Jahr nach Christi Geburt 772.

Nach der Zeit seyn mehr Schlachten geschehen: Dann / wann König Witekind wider abfällig worden / ist König Carl zu vnderschiedenen Zeiten auß Italia / oder Franckreich widerkommen / vnnd hat die Sachsen mit Kriegsmacht vberzogen / doch nicht so viel durch Kriegszwang / vnnd Widerwertigkeit im Streit / als endlich / mit Holdseligkeit vnnd Lindigkeit vberwunden / vnnd so viel mehr vnnd ehe erweichet / daß er / König Wedekind / sich ihm / vnd dem HERREN CHRisto / ergeben / den Christlichen Glauben angenommen / vnd von Bonifacio Ertzbischoff zu Mäyntz / vnd Abten zu Fulda getaufft worden / im Jahr 785. Da König Carl Gefatter worden / vnd selbst mit an der Tauff gestanden. Es ist aber König Wedekind / der nur allein in Sachsen / zu Engern / vnd Westphalen war / endlich vmbkommen im Krieg / dann er gegen Hertzog Gerolden in Schwaben führet / nach Christi Geburt 807. vnnd in dem Thumb zu Engern / den er selbst gestifftet hatte / begraben worden / da er in Engern vnd Sachsen neun vnd viertzig Jahr regiert / vnd die Christliche Relgion mit Fleiß befördert hatte 22. Jahr. Aber Keyser Henrich der Erste / Auceps genannt / Hertzog zu Sachsen (welcher Anno 920. Keyser worden / vnnd im 936. Jahr gestorben) hat den Thumb / welchen König Wedekind zu Engern gebawet hatte / gen Vallersleben gelegt / vnnd einen Bischoff dahin gesetzt / der hieß Marcus, ein Gottsförchtiger [84] Mann / vnd ligt zu Vallersleben begraben. Zu derselbigen Zeit / als der Thumb zu Engern zubrochen / vnnd gen Vallersleben gelegt war / da sind die Gebeine König Wedekindes wider auffgegraben / vnd von Engern gen Padelborn / laut der Braunschweigischen Chronicken / geführet / vnd daselbst zur Erden bestattet worden.

König Wedekind hat noch ein ander zur Ehegemahlin gehabt. Die erste hieß Fraw Gena, geborne Königin auß Dännemarck / die ihm Hertzog Wigberten geboren hat. Wigbert Hertzog zu Engern vnd Westphalen / regieret nach seinem Vatter. Vnd hat zu Wildeshausen ein schöne Kirchen gebawet. Sein Ehelich Gemahl Fraw Sindacilda, eines Hertzogen auß Frießland Tochter / die gebahr ihm zween Söhne / Brunen vnnd Walberten. Braun regierte nach seinem Vatter / vnnd hat die Kirchen zu Wildeshausen fertig gebawet / die sein Vatter Hertzog Wigbert angefangen hatte / daselbst ist er auch bey seinem Herrn Vatter begraben. Sein Ehelich Gemahl Susanna / eines edlen Herrn Tochter / von der Rohten-Fahnen auß Schwaben / die gebahr ihm Hertzog Ludolphen. Ludolph Hertzog zu Engern / ist im Jahr 893. von Keyser Lothario zu einem Hertzogen in Sachsen gemacht worden.

Die andere König Wedkinds Ehegemahl / hieß Fraw Suatana, geborne Hertzogin zu Behmen / die ihm Hertzog Wedekinden / den Jüngern Herrn / der Wenden vnd Sorben / Graffen zu Wettin / vnnd Burggraffen zu Zorbeck gezeuget hat / von welchem Hugo Magnus, vnd die jetzigen Könige in Franckreich: Item / die Landgraffen in Thüringen / Marggraffen zu Meissen / vnnd die jetzigen Churfürsten / vnnd Hertzogen zu Sachsen ihren Vrsprung haben. Biß hiehero die geschriebene Chronic.