Topographia Palatinatus Rheni: Ingelheim

Topographia Germaniae
Ingelheim
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1645, S. 49–50.
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Ingelheim.

Ligt zwischen Mäyntz / und Bingen / von jedem Ort zwey Meilen / in dem pago Navensi, Naw- oder Nahegöw. Es vermeynen theils / daß dieser Nahm von den Schwäbischen Anglis, oder Anglern herkomme / welche mit den Longobardern hiedurch nach Italia sollen gezogen seyn; und glauben die Innwohner vestiglich / daß Käyser Carl der Grosse allhie gebohren worden; wie dann er und sein Sohn / Ludovicus Pius, auch bißweilen da Hoff gehalten habe; wiewol Aventinus will / daß Er Carolus an dem Ort auff diese Welt kommen seyn solle / da das Schloß Carlsberg am Wirmsee / 3. Meilen oberhalb Mönchen ligt; und daß Er hernach zu Ingelheim erzogen worden: Auch theils sagen / daß Lüttich seine Geburts Stadt seye. Aber es ist von diesem allem nichts gewisses. Es hat zwar da einen Königlichen Pallast gehabt / so noch zu sehen / und der Saal zu Ingelheim genant wird: Sind auch viel Reichstäg / und Synodi allhie gehalten worden. Es hat ingleichem höchstgedachter Käyser Carolus Magnus allhie seinen Ritterlichen Kriegs Rath gepflantzet / und zu Beschirm- auch Mehrung deß Reich den Adel / pro praesidiariis militibus, allda fundirt. Wie dann dieser Ort gleichsam zum Rhein / wie auch zum Hundesruck / ein stattlicher Paß / und namhafftes Castrum Caesareum deß Reichs Freyen Adels / mit gleichen Freyheiten / als die Käyserliche Burgk Friedberg begabet: Obwoln es immerzu Streit zwischen besagter Burgk / oder Adelichem Collegio allhie / und der Pfaltz / welcher die Stadt gehörig / geben hat. Anno ein tausend drey hundert dreyssig und sieben / sind allhie beym Turnier deß Rheinischen Adels / sechzehen Grafen / dreyssig und vier Ritter / und ein hundert und dreyssig von Adel / erschienen. Es ligt dieser Ort ein klein wenig an einer Höhe / und hat ein frey Gesicht in das Rheingow / biß gen Bingen hinab. Besihe von dieser Stadt / und was hieoben gesagt worden / Sebast. Münsterum, (so allhie gebohren / und erzogen worden / und welcher diesen Ort deß H. Röm. Reichs Thal / oder Grund / heist / und sagt / daß es allda gegen Mäyntz zu / eine Höhe / und auff solcher ein grosse Weite; und daß Landgraf Wilhelm auß Hessen die Stadt vergeblich Anno ein tausend fünff hundert und vier belagert habe; auch anderstwo anzeigt / wie Ingelheim / mit Oppenheim / und Käysers Lautern / der Pfaltz versetzt worden) lib. 5. cap. 161. Freherum part. 2. Orig. Palat. c. 11. et in notis ad Andlum p. 157. Aventinum l. 4. Annal. Bojor. Caspar Lerchen von Dürmstein de Ord. Equ. Germ. in fundam. 1. Sum. 11. n. 83. und Limnaeum de Iure publ. lib. 1. c. 5. pag. 24. Darzu / auß einer geschriebenen Verzeichnuß / gethan werden kan; daß die Inwohner allhie ihre Söhn gern Karle nennen; daß der Saal / oder König. Pallast allda / ein grossen Umfang habe / und mit Mauren / und einem Graben gefast seye; daß die Concilia in S. Remigii deß Beichtigers Kirchen allhie gehalten worden; und daß die Stadt / seithero sie Richardus, der von etlichen Churfürsten zum Käyser erwählt worden / weil sie ihme nicht huldigen wollen / mit Feuer [50] verbrant / und sonsten grossen Schaden herumb gethan / sich nicht recht wieder hab erholen können / und daher noch wenig sonderliches übrig / so allhie zu sehen wäre: Und dann / auß gedachtem Aventino, daß nahe bey diesem Ingelheim / im Dorff Waltzheim / Anno 879. auß der gantzen Gegend herumb / viel Baurenhund zusammen kommen / und die Todtencörper auß der Erden geschorren / und bald alle sich wieder / daß niemand / wo sie hinkommen / gewust / verlohren haben.