Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae: Baden

Topographia Germaniae
Baden
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Bellentz
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1642, S. 57–59.
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2. Baden /

Im Aergäw / oder wie Stumpfius will / vielmehr im Zürichgäw / an der lincken Seiten der Lindmat / auff zwo Meyl Wegs vnter Zürich / zwischen zween hohen Bergen gelegen. Hat 2. Schlösser / deren das eine / nemblich das alte zerstöret / in den Newen aber der Vogt wohnet. Ist ein kleine / aber gut lustige Statt / so von den warmen Bädern den Namen hat / welche gleich vnter der Statt / vnnd also ausserhalb derselben / auff beyden Seiten deß Wassers Limat entspringen. Auff der rechten Seiten ist der Bäder etwas weniger / wird zu den Kleinen Bäderen genannt / hat lustige Herbergen / vnnd darbey viel Bäwrische Häuser / wie ein Dorff: Auff der lincken Seiten aber sein der Bäder / vnd deß Wassers vielmehr / vnd dieselbigen grossen Bäder / mit herrlichen Höfen / vnd stattlichen Herbergen / verfast. Es dringet das warme Wasser zu beyden Seiten deß besagten Schiffreichen Flusses also heyß herfür / daß es der Mensch im Vrsprung kaum erleyden kan. Hat viel Schwefel / mit wenig Alaun vermischt. Es wärmet vnnd trocknet / verzehret vnd öffnet / vnd zeucht an sich alle böse vnd erkalte Feuchte. Darum es auch gut ist für Bresten deß Haupts / welche von Kälte deß Hirns kommen / als die Schlafsucht / böse Gedächtnuß / schwachheit der Nerven / den Schlag / Schäden deß Gehörs / vnd Gesichts. Es verzehret auch alle kalte Flüß / welche vom Haupt herab fallen / wärmet vnnd trocknet den Magen / macht wol däwen / öffnet die Verstopffung der Leber / vnd deß Miltzes / stillet den Schmertzen der Därm. Es dienet auch den Frawen / wider die Gebresten der Mutter. Stillet die Schmertzen der Geleych / welche von Kälte seyn / vnnd reiniget die Haut von mancherley / Vnreinigkeit. Es schadet aber denen / die hitzig- vnd trockener Complexion / auch denen / so von schwindsüchtigen Fiebern verzehret seyn: Item den Alten: vnd nutzet in allwege mehr den Frawen / dann den Mannen. Es ist die Statt Baden fast mitten in der Eydgenoßschafft gelegen / so vorhin eygenen Grafen / hernach dem Hauß Oesterreich gehöret hat / so dergleichen vestes Orth / als das Schloß allhie / im gantzen Land nicht hatte. Als An. 1415. diese Statt vnnd Schloß von den Eydgenossen erobert worden / haben sie der Statt ihre Freyheiten / so sie vorhin gehabt / gelassen / also daß sie hat Rath / Malefitz-Gericht / Schultheiß / Einnemmer / Bawmeister / Rent-Cammer / Zoll vnd Stewer: Wiewol der Zoll von den jenigen Wahren / so verführet worden / (wie oben im Eingang gesagt worden) den acht alten Orten gehörig ist / bey denen auch der höchste Gewalt vber diese Statt / vnd Herrschafft stehet / vnnd welche ordentlich einer vmb den andern / den Vogt hieher ordnen / der allhie an ihrer statt zu gebieten / wiewol die Statt / in den Kriegen / von den Eydgenossen / ihren Sold empfahet. Vnd an diesem lustigen vnd gesunden Orth / werden auch Jährlich / vnd gemeinlich vmb die Sonnenwinde im Sommer / die Landtäge gehalten / zu denen sich alle 13. Orth einstellen / vnd bey welchen die [58] Vögte auß den gemeinen Landschafften Rechnung thun / vnnd die Appellationes angehöret werden. Vnd thut gemeiniglich der besagte Vogt mit seinem Insigel besigeln / was wegen der Eydgnossen geschrieben wird. Vnd wann die Stimmen oder Vota, im Rath / oder in den Land-Tägen / gleich seyn / so entscheydet er die Strittigkeit. Es hat seinen Landschreiber / dessen sich auch die Eydgenossen bey ihren Zusammenkunfften gebrauchen. Vnd ist das Eydgnossisch Rathhauß / neben vnser Frawen Stiffts-Kirchen / vnd dem Capuciner Closter / in der Statt / vornemblich zu sehen.

Allernechst ob der Statt / in der Vogtey Baden / ligt an er rechten Seiten der Lindmat / die stattliche reiche Abbtey vnnd Kloster Wettingen / Bernhardiner oder Cisterzer Ordens / zu Latein Maris Stella genannt / so noch in seinem alten Stand ist / vnd die Römische Ceremonien hat. Das Dorff vnd die Pfarr Wettingen / ligt ein wenig von dem besagten Fluß hindan / so ein gar alter Fleck / der bey der Römer Beherrschung im Wesen gestanden / vnnd einen Heydnischen Tempel / den Göttin Isidi geweyhet / gehabt hat. Anno 1633. den 22. Augusti Alten Calenders / ist ein Irrdiner Hafe voll silberreicher Pfenning (da die Marck zehen vnd ein halb Loth fein hält) zwar nicht von gantz feinem Silber / vnnd auff solchen mehrertheils der alten Römischen Keyser Bildnuß gepräget / in der Erden vergraben / in dem Höltzlein / nicht weit von dem besagten Kloster / vnd in der Grafschafft Baden / den acht alten Orten / wie oben gemelt / zuständig (so selbiges mahl Herr Hans Jacob Füeßlin / deß Raths zu Zürich / verwaltet hat) gefunden worden / so am Gewicht 14. Marck / vier vnnd ein halb Loth / dessen Geschirrs vnd der Müntzen Verzeichnuß hiebey zu sehen / nach dem dasselbige (wie man auß etwas Zahlen / vnd andern gemerckten Zeichen gespüret) in die 400. Jahr da gelegen.

Es gehören in die Badische Vogtey die Stättlein Klingenaw / vnd Käyserstuhl / vnd nach Klingenaw der schöne grosse Flecken Zurzach am Rhein / so sonsten deß Bischoffs von Costentz seyn.

Es ligt aber das gemelte Stättlein Clingenaw / oder Klingenaw / gleich vnter Tägerfeld / vnd Tettingen / ein halbe Meyl von Waldshut / an der rechten Seiten der Aar / vnden im Zürichgöw. Hat vor Zeiten den Freyherren von Klingen gehört / ehe sie es Anno 1260. dem Bischoff zu Cestentz Eberhardo II. verkaufft / jedoch ist es mit der hohen Obrig- vnnd Herrlichkeit gen Baden / den gemeinen Eydgnossen von acht Orten verblieben / vnnd ist der Johanniter Convent / mit der Zeit / auß Clingenow / vber das Wasser / gen Leüggeren verrucket. Anno 1586. ist allhie ein grosse Brunst gewesen. Was den obangedeuten der Jahrmärckte halben weitberühmbten Flecken Zurzach / nach Klingenaw gehörig / anbelangt / so wollen ihrer viel denselben / für deß Ptolomaei Forum Tiberii halten / vnnd vermeynen / Käyser Tiberius habe selbsten den berühmten Jahrmarckt allhie angestellet / vnd habe der Orth vorhin Cerzach oder Certiacum, von M. Junio Certo, einem Römischen Soldaten / geheissen / der daselbsten begraben worden. Andere aber halten dafür / daß Forum Tiberii, vnd Certiacum zween vnterschiedliche Plätz gewesen / vnd daß vermuthlich das Dorff Reckingen bey Zurzach Certiacum möchte geheissen haben. Im vbrigen ist dieses Zurzach bey 5000. Schritt vnder Keyserstul gelegen / ein sehr alter Ort / der vor Zeiten 3. Brücken vber den Rhein gehabt hat / vnnd daselbst man noch viel Heydnische Müntzen findet. Hat auch ein altes Münster / vnnd Stifft / neben der Pfarr-Kirchen allda / in welchem Stifft S. Verena ligen solle. Item ein gar altes Schloß. Anno 1531. wurden auff dem Tag zu Baden 2. Religionen allhie verwilligt. Die Stätte Bern vnnd Freyburg haben 2. Kauffhäuser zum Tuch / vnd Leder allhie. Die berühmbte obgedachte Jahrmärckt oder Messen / werden den 1. Septembris / vnd am Montag nach dem Sontag Trinitatis da gehalten / so vor diesem nur von einem Abend biß zum andern / vnd also nur einen Tag / darüber man sich verwundert / gewehret haben. In wehrender Meß ist der Eydgnossische obangedeute Vogt zu Baden selber allhie / vnd stehet deß Bischoffs von Costantz / als Herren dieses Orths / Jurisdiction / biß zu Ende deß Marcks / innen; Vnd gehören auch die grössere Straffen dem Vogt [59] zu. Sonsten werden die Malefitz-Personen erstlich zu Klingenaw examinirt / vnnd wann die That erwiesen / dieselbe so dann dem gedachten Vogt zu Baden vberantwortet.

Zwischen Zurzach / vnd Coblentz / (daselbst die Aar / oder Arola in den Rhein fällt) ist der mitler Lauffen / oder Wasserbruch im Rhein / von den Scribenten sonsten Catarrhact / oder Fall deß Rheins genannt / allda ein gantzer Grad durch den Rhein gehet / so in der mitten ein Lücken hat / dardurch zween Weydling neben einander fahren können / wardurch (wann der Rhein klein ist) der gantze Fluß scheust / vnd da man Bretter vber dieselbige auff beyde Felsen leget / man trocknes Fusses von der Germanier / auff die Helvetier Seiten gehen kan: Im Sommer aber / wann der Rhein groß ist / so schwelt er sich / vnnd ergiest sich alsdann vber den gantzen Felsen herunder / also / daß niemand hindurch schiffen kan / vnnd werden alle Wahren oberhalb desselben außgeladen / sonderlich alles Saltz / so in das Bernisch Gebiet geführet wird / so sonsten / wann der Rhein klein ist / mit Weydlingen durch die Lücken geführet werden. Welches so viel vns wissend / bey keinem Authore also zu finden / vnd dahero Herrn Johann Zieglern / Handelsmann zu Zürich / der solchen Lauffen selbsten allda abgezeichnet / vnnd An. 1641. günstig communicirt hat / billig zu dancken ist.

Das ander Stättlein / nemblich obangedeutes Keyserstuel / ligt vnter dem Einfluß der Glat am Rhein / auff Helvetier Erdreich / vber der Brücken aber / auff Teutschem Boden / das Schloß. Dieses Stättlein gehört sonsten dem Herrn Bischoff zu Costantz. Weilen es aber mit der hohen Obrigkeit vnter die Schweitzerische Landvogtey Baden gerechnet wird / so hat es auch daher allhie / vnter den Schweitzerischen Orten / seine Stell. Besihe von diesem allem / was von Baden / vnnd anderm gesagt worden / insonderheit Stumpfij Schweitzer Chronic / der letzten edition in Anno 1606: Item Munsteri Cosmographi, auch am letzten in Anno 1628. gedruckt / vnd Josiam Simlerum de Republ. Helvetiorum: der Bericht aber von den bey Wettingen gefundenen Pfenningen / ist vns schrifftlich in gunsten communicirt worden.

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