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aus Topographia Hassiae, Text von Martin Zeiller, Illustrationen von Matthäus Merian
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[T55]
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Wetzlar.


Diese Reichs-Statt ligt in der Wetteraw / an einem fruchtbaren Orth / wo die Dille in die Löhn fället / ein Meyl wegs vnter Giessen. Ist ein alte Statt / von vielen Käysern mit besondern Regalien / Gerechtigkeiten / vnd Freyheiten begabet.

Es gab gleichwol Anno 1613. zwischen Herrn Ludwigen Landgraffen zu Hessen-Darmstatt / vnd dieser Statt / Streit / wegen der Erbvogthey / vnnd Schutz-Rechtens / vnnd hat damahlen die Statt einen Erb-Vogt eingenommen / vnd demselben geschworen / wie beym Meterano lib. 30. der Niderländischen Historien / zu sehen. Ihr der Statt Monatlich einfacher Reichs-Anschlag ist / acht zu Fuß / oder 32. Gülden / zum Cammergericht gab Sie vorhin Jährlich 17. Gülden 32. Kr. den Thaler zu 69. Kr. gerechnet. Jetzt / wie ich gelesen / nach der Vermehrung 29. Gülden / 10. Kr. 5. Heller. Als man schrieb An. Christi 1328. zohen Bischof Matthias / vnnd Graf Johann von Nassaw / der zu Dillenberg wohnet / mit gantzer Macht auß / zu beschädigen das Land zu Hessen. Da zog Landgraf Heinrich / Landgraffen Otten Sohn / ihnen entgegen / vnd kamen zu Wetzlar zusammen / vnnd stritten mit einander. Da blieb der von Nassaw todt / vnd mancher stolzer Ritter zu beyden seyten / vnd wurden viel Edelleuth gefangen. Jedoch so war deß Landgraffen Schaden am grössesten; stehet in der Franckenbergischen Chronic am 38. Blat / vnd dieses geschahe auff S. Laurentius Tag. [141] Vmb das Jahr 1367. vnd folgende / entstund ein grosse Zweyung in der Statt zu Wetzlar auff der Lahne / zwischen Rath / vnd der Gemeine / also / daß der Alte Rath ward vertrieben der Statt / vnnd die Gemein machte ein Newen Rath / vnd regierten nach ihrem Sinn in das siebende Jahr / vnd gaben niemand kein Leibzucht / so wie viel das ihnen gebührete / alle Jahr bey 5. tausend Gülden Gelts Leibzucht / vnd Renten. Vnd da es kam an das siebende Jahr / da kamen die Alten von dem Rath wider in die Statt mit einem Werwort / also / daß man damit solte vmbgehen / daß sie gesünet würden. Deß wurden die vorgenannte Alten von dem Rath einträchtig / mit Juncker Johann dem Grafen von Solms. Vnd dem war gar leuffig vmb die New-Gelt / vnd war heimlich den Alten / vnd auch den Newen. Dann er kam wol mit 50. Ritter / vnd Knechten / in die Statt / vnd liesse die von dem newen Rath alle kommen in ein Hauß. Vnd er nahm sich an / er wolte mit in Rath gehen / vmb Nutz erbare Sach der Statt. Vnd fieng den newen Rath gemeinlich / vnnd bestalt da so viel seiner Diener bey / daß sie musten in dem Hauß bleiben. Vnd nahm deß Reichs Panir / vnd trat auff den Plan / vnd der alte Rath bey ihn. Da kam die Gemein wol mit 500. Mann gewapnet / vnd wolten dem Newen Rath geholffen han. Da sie sahen / daß der Newe Rath / vnd Freund nicht bey ihnen waren / da wurden sie entschupffet. Vnd der vorgeschriebene Graf Johann der beriethe sie mit süssen Worten / vnnd sprach dazu / daß sie die Waffen außthäten / vnnd wurden einträchtig mit ihme / vnd dem Alten Rath / vnd legte den newen Rath in den Thurn / vnd nahmen ihr Gut / vnd schlugen ihrer dreyen die Köpff ab / vnd wurffen ihr ein theil ins Wasser. Also gieng der vorgenandte Graf vmb mit süssen / vnnd betrogen Worten / daß er die Statt zu Wetzlar in seinen Sinn brachte / daß sie wol betrogen wurden / als man den Kindern ein Gleichnuß in der Schul lieset:

Fistula dulce canit, volucrem dum decipit auceps.

Das ist:

Deß Voglers Pfeiff gar süsse sang /
Da er thäte den Vogelfang.

Schreibet mit diesen Worten der Verfasser der Limpurgischen Chronic / so zu dieser Zeit in der Nachbarschafft gelebt hat / am 25. Blat: Der auch am 52. Blat also meldet: Anno 1394. Auff den Sontag nach Achtzehenden / ward zu Wetzlar auff der Löhn ein grosse Zweyung in der Statt. Das kam also: Einer war geheissen Haberkorn / der zog an sich die Zünfft von der Gemeind / vnd gienge Sach an / vnd wolte die vollbringen / vnd begehrten wider den Rath / vnnd wieder Ehr / vnnd kamen zu hauff von der Burg vor der Kirche / vnnd der Rath behielt die Vberhand / vnd schlugen den Haberkorn selb sechs todt / vor der Kirchen auff dem Kirchhoff / vnd die Gemein worffen die Häupter vmb / vnd suchten Gnad an den Rath / vnnd sühnet sich von stund der Rath / vnd die Gemeinde.

Anno 1643. den 24. Septembris / hat diese Statt durch Fewer Schaden gelitten / daß vber 70. der fürnehmbsten Häuser / sampt vielen Schewren mit Früchten / abgebronnen / vnd sie / nach drey vnd zwantzig Jährigen Kriegs-Trangsalen / vollends zu äusserstem Schaden gerahten. Es gehört / heutigs Tags / die Reichs-Vogtey dieser Statt / der Fürstlich Hessen Darmstättischen Lini zu. Dn. Limnaeus tom. 4. de J. publ. J. R. German. p. 869.

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