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aus Topographia Hassiae, Text von Martin Zeiller, Illustrationen von Matthäus Merian
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Cassel.


Diß ist die Hauptstat deß Niedern Fürstenthumbs Hessen / vnd ein Fürstliche Landgräffliche Residentz / vnd Landes Regierung /

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[31] der höchste Schmuck vnd Zierde deß Landes / so wol der vornehmen Kauffmanschafft / als der schönen Fürstlichen Palästen / vnd sonsten Burgerlichen Wohnungen halber. Theils nennen Sie Castulam, Castellam, vnd Castellas, vnd führet solchen Namen Dilichius von den Casuariis, einem alten Volck her. Franciscus Irenicus vermeynet / Cassel seye deß Ptolemaei Stereontium. Aber Philippus Cluverius, vnd Petrus Bertius, beweisen / daß sie vor Zeiten Castellum Cattorum geheissen. Anno 1008. ist ein Meyerhoff bey einem zerfallenen Castell gewesen / darnach erst Anno 1143. das Closter Weissenstein vorm Habichs-Walde gebawet / vnnd Anno 1152. von Heinrich Raspen die Pfarr-Kirche zu Cassel ans Annenberger Closter vergeben worden. Vnd hat damalen auch zugleich bemelter Raspo das alte Castell ernewert / vnnd die Statt zu bawen angefangen / darüber dann Wolffsanger / so jetzo nechst darbey ligt / vnd selbiger Zeit ein Statt gewesen / in Abnehmen kommen / vnnd letztlich durch grossen Brandschaden gar in ein Dorff verkehret worden. Es ligt diese Statt in einer lustigen Awe / vnnd hat / neben der Schiffreichen Fulda / so neben dem Schloß / vnnd durch die Statt laufft / auch noch andere kleine Wasser / als die Dreusel (so durch die Gassen der Statt rinnet) den Ana Fluß (der zwischen den lustigen Gärten vnd Wiesen laufft) die Wahlbach / vnd Lossa. Anno 1523. hat erstlich LandGraff Philips vmb das Schloß / vnd Anno 26. vmb die Statt / einen Wall führen lassen. Vnnd obwoln er hernach vom Käyser Carolo V. gefänglich angenommen / die Vestung allhie von den Spanischen zu nicht gemacht / das Geschütz vnnd Munition nach Franckfurt / vnd ferrners den Rhein hinab geführt worden: So ist doch die Statt / nach seiner / deß Landgraffens / Erledigung / von Ihme / sonderlich von seinem Herrn Sohn / LandGraff Wilhelmen / wider mit Wällen / vnd Bollwercken / guter massen / vnd folgends noch mehrers / versehen worden. Es seyn allhie vornemblich zu besichtigen 1. von Kirchen / der Thumb zu S. Martin auff der Freyheit / welcher Anno 1364. zu bawen angefangen worden ist: Vnnd ligt in solcher Stiffts-Kirchen obgedachter Landgraff Philips gantz herrlich begraben / wie Michael Heberer in servit. Aegypt. schreibet. Hernach die Altstätter Pfarrkirch / die man Anno 1326. abgebrochen / wider erbawet / vnd erweitert hat. Es hanget darinn ein Reuter-Fahn / mit einem angemahltem Roß / wegen des Siegs im Jahr 1478. von den Eimbeckischen Bürgern erlangt / die auß der Statt einen Wagen mit Stricken holen lassen / die gefangene Hessen damit zu binden / die aber selbsten damit gebunden in Hessen geführt worden seyn. Es hat vor diesem auch etliche Clöster allhie gehabt / an deren statt ein FürstenSchul / das Collegium Adelphicum genant / auffgerichtet / vnnd darinnen neben den Künsten / vnnd Sprachen / auch allerhand Adeliche Exercitia zu erlernen / von Landgraff Moritzen angeordnet worden. 2. Vnder den Weltlichen Gebäwen ist insonderheit das ansehenlich Fürstliche Schloß / in welchem Herren Landgraffens Wilhelmen / so Anno 1637. zu Lier in Ost-Friesland / den 21. Septembr. styl. vet. gestorben / hinderlassene Fraw Wittib / Fraw Amelia Elisabetha / Herrn Graff Philips Ludwigen von Hanaw Müntzenberg / Fraw Tochter / Hoff gehalten. Andere Fürstliche Persohnen haben anderwerts / vnnd zwar Herr Land-Graff Herman / so auch verheyrathet / vnd der sonsten zu Rotenburg sein Fürstlichen Sitz hat / in dem Nassawer Hoff daselbst ihre Wohnungen; In solchem Schloß sind wol zu sehen die Instrumenta Mathematica, so Herr LandGraff Wilhelm gebraucht / darzu er einen eygenen Mathematicum Christ. Rothman / vnd drey Gesellen gehalten. Insonderheit aber seynd abgebildet viel Fürstliche Personen in dem Güldenen Saal / in welchem auch der solennis vnnd denckwürdige Actus vorgangen / in dem LandGraff Wilhelm / vnd LandtGraff Georg / beyde regierende Fürsten zu Hessen / den Hauptvertrag leiblich geschworen. Es werden ausser dem Schloß / auch die sehr schöne Gärten / das Lusthauß / die Schloßbrücke Anno 1593. erbawt Der Marstall / die Rennebahn: Item die Wag / das Kauffhauß / die Steinerne Brück vber die Fulda / so Anno 1512. außgebawet worden / die Newstätter Mühle mit zwölff Gängen / das Schlachthauß / Fruchthauß vorm Anneberge / das Viehhauß / vnnd [32] Brücke bey der Narrenburg / Cantzley / Renthoff / Zeug-Frucht-Braw: vnd Saltzhauß / das Theatrum, oder Comoedien-Hauß / etc. besichtiget; so theils von LandGraff Wilhelmen / theils von seinem Herren Sohn / Landgraff Moritzen / erbawet worden. Die Statt ist bey diesen Kriegs-Zeiten noch besser fortificirt worden; auch bißhero mit einiger Belägerung vnangefochten geblieben; Vor Jahren / in Annis 1382. 83. vnnd 1400. hat sie drey Belagerungen außgestanden / vnnd sich erhalten. Anno 1342. ist die Fulda so hoch angelauffen / daß sie in der Newstätter Kirch auff den hohen Altar gestiegen. Wie auch Anno 1643. im Januario / das Wasser also vnversehens vnnd schnell angeloffen kommen / daß man die Fürsten-Personen / so gegen dem Wasser herunder / im Nassawer-Hoff gewohnet / mit Gerüsten / zu den Fenstern herauß / hat erretten müssen. Vnd ob woln es An. 1592. diß Orths auch ein grosses Gewässer geben / ist doch in der Statt Cassel dißmahs vmb 3. Werckschuhe / vnd 4. Zoll / höher gestanden / davon nach Abschiessung deß Wassers / viel Häuser vnnd auch der Wall Schaden gelitten / wie in dem tomo 4. Theatri Europaei fol. 971. a. stehet. Im Jahr 1521. wurden 308. Wohnhäuser durch Verwahrlosung in die Asche gelegt. Auff der H. Drey König Tag ist allhie ein stattlicher Jahrmarckt / sonderlich mit Pferden / so auch auß Frießlandt dahin gebracht werden / Stockfischen / vnnd dergleichen. Der Wollhandel ist der Orth sehr berühmt / wie man dann auch sehr viel Schaaffe auff den hierzu bequemen Wiesen weydet / wie Bertius lib. 3. rer. Germ. pag. 495. hievon zu lesen; vnd es auch Caspar Enß in deliciis apodemicis per Germaniam p. 217. seq. bestättiget; also gar / daß auch die Engelländer / so sonsten stattliche Woll haben / von hier ihre Woll geholet haben / wie dessen Stephan. Ritter 4. Cosmog. metric. pag. 482. gedencket. Es wird sonderlich der Bronne gelobt / welcher Anno 1609. bey dem Dorff Nortzhausen / oder Northusen / nicht weit von Cassel / widerumb entsprungen / welcher in seiner Würckung sehr wundersamb befunden worden / vnnd im selbigem Jahr / zu Cassel / ein Schrifft darvon / durch die Hoff-Medicos, herauß kommen. Es solle dieses Wasser gut seyn zu den Kranckheiten deß Haupts / für die Melancholy / hinfallende Sucht / Catharr Zahnschmertzen / Seitenstechen / wider die Colic / Würme / Nierenwehe / Gliedersucht / vnd andere Kranckheiten / auch das Gehör wider bringen. Etliche Blinde sollen zween Tag das Wasser getruncken / die Augen / Augenlieder / vnd die Stirnen damit gewaschen / vnnd dardurch das Gesicht wider bekommen haben. Seithero deme wir die zweite Edition dieser Topographiae herauß zu geben vnnd zu publiciren im werck begriffen waren / ist vns nachfolgende Beschreibung der Statt Cassel zur hand kommen / welche wir dem günstigen Leser auch communiciren wollen:

Cassel ist die vornembste Fürstliche Residentz / Vestung / Hauptstatt / vnd Ampt / im gantzen Fürstenthumb Hessen / in einem sehr weiten in die runde lauffenden Thal / zu beyden seyten deß Schiffreichen Strohmbs Fulda gelegen. Das Schloß ist gantz von Steinen viereckt / wiewol langlecht / sehr hoch auffgeführt / vnd gantz mit Schieffern gedeckt / ligt sonst abwarts deß Stromhs zur lincken / an einem Hügel / vnnd hat gegen dem Wasser Sud Osten Werts einen solchen schönen Prospect / als weit vnd breyt bey keinem Fürstlichen Hause zu finden; Nord-Ost: vnnd Nord-Westwerts / gehet das Gesicht in die Statt / gegen andere schöne Fürstliche Gebäwe / vnd Plätze / vnd das vierdte Außsehen gegen Sudwest laufft gegen die Rennbahn / vnd auff die Vestung. Inwendig ist es von sehr stattlichen trefflichen gebäwen / Sälen / vnnd Gemächern / etc. wie auch einer sehr schönen / hochgewölbten / in die dritte Wanderung lauffenden Capellen / so gantz vber vnnd vber mit Sprüchen der Heil. Schrifft / beschrieben / hat auch eine grosse / vnd herrliche Orgell / vnd daneben vber einander 2. feine Gemächer / darinnen die Fürstliche Persohnen ihren Stand haben. Die vornembste Säle seynd der güldene / der Rotestein / vnd KuchenSaal / davon der erste ziemblicher Länge / vnnd gantz von steinen gewölbt / in der andern Wanderung / vnd wird daher der güldene genannt / weil Er mit vielem außgehawenen Laubwerck / so alle vergüldet / gezieret ist. Hierin findet man in Lebensgrösse die alte [33] LandGraffen zu Hessen / von LandGraff Philippo Magnanimo an / mit ihren Gemahlinen / zu beyden seyten / künstlich in Stein gehauenen Bildern nach dem Leben. So siehet man auch allenthalben im Saal / in den Fensterbogen aller solcher in voriger Zeit gelebter Römischer Keyser / Könige / Chur: vnd Reichs Fürsten / auch anderer außländischer Potentaten Ebenbildnussen. Der ander Saal ist auch mit einer sehr künstlichen von köstlichem Holtzwerck gemachter Decken gezieret / auch von grosser Höhe / Breyte / vnd Länge / vnnd in der Höhe an der Wand vmbher deß Fürstlich. Hauses Hessen Stamm- vnd Geschlecht-Register abgemahlet / vnd darunter eines jeden Leben / vnd Regiment / artig beschrieben. Der KuchenSaal / so vber der Kuchen / vnnd andern darzu gehörigen Losamentern gebawet ist / vnnd daher den Namen hat / ist auch sehr hoch / liecht / vnnd weit / vnnd hat dieser 3. Sälen keiner keine Säule / wie fast die wenigste Gemächer im gantzen Schloß / deren doch sehr viel / vnnd diesselbe mehrentheils sehr weit / liecht / hoch / vnd mit stattlichen Gemälden / vnnd Taffelwerck / oder Tappeten / versehen seyn; vnnd ist / vnter andern / eines in der dritten Wanderung am West-Eck von gantzem Alabaster / oben / vnden / vnd rings vmbher an allen Orthen bekleidet / darinnen auch ein grosser / runder / gantz Alabasterner Tisch ist. Vnnd wurde viel zu lang werden / daß Schloß / nach allen seinen vornehmen eygenschafften zu beschreiben; dessen gröster Zierhat aber in der schönen Ordnung der Gemächer / vnd deren vnten in der vntersten gewölbten Wanderung / in allen zur Hoffhaltung gehörigen bequemlichkeiten / beruhet; darzwischen es auch noch 2. schöne Gesinde Säl hat. Das ander sein die Kuchen / Backhauß / Apotheck / vnd allerhand Silber: Gewant / vorraths / vnd zur Kellerey gehörige Gewölbe / vnnd behaltnussen / darunter rings vmbs Schloß herumb schöne weite Keller. Oben am Ost: vnd Sudeck / hat es sehr schöne / lustige Altanen / vnnd Observatoria, wie auch etzliche Altanen vnnd Schwingbögen inwendig vber einander / recht im Gesichte / wann man zum Thor hinein kommet. Diß Schloß ligt in einer absonderlichen Fortification, mit einem hohen Wall / biß vnter die 3. Wanderung / an 3. seyten vmbgeben / da an jeder seyten ein groß steinern Rundell ist / auff welchem jederm man ein schön Lustgärtlein findet / auff der vierten seyten aber / Sudwestenwerts / ligt eine hohe erdene Pastey / gegen der Rennbahn / so der dritten Wanderung gleich laufft. Vnderhalb derselben / am Sudeck / ligt in / oder an der Fulda / ein groß steinern Gebäw / darinnen das Schlacht: Back: Brau: vnnd Binderhauß / auch noch viel andere vorraths Gewölbe seynd. Bey diesem gehet auß dem Castell eine höltzerne gedeckte / doch gantz auff keinem Joch / oder Pfeiler / stehende lange Brucken / die Narrenbrucke / genannt / vnnd davor ein steinern Revelin, mit gehöriger Brustwehr / darauß man vollents in einem sehr grossen herrlichen Lustgarten kompt / welcher voller schöner Gewächs / Baumfrüchten / Hütten / Gängen / vnnd sehr artigen Springbrunnen / vnnd Wasserkünsten ist / darinn auch ein absonderliches Hauß / so man Jährlich zu gewisser Zeit / ablegen / vnnd wieder auffbawen kan / darinnen die menge stattlicher traghaffter Feigen / Pomerantzen / Citronen / vnd Granat / auch Lorbeerbäume / gefunden werden. Vnnd ligen vmb den Garten her sehr stattliche Fisch-Teiche / vnnd auff der einen seiten ein sehr stattliches hohes Lusthauß / mit vier / auß dem grund / zum Dach hinauß lauffenden runden Erckern. Rings vmbs hauß her gehen schöne steinerne Altanen / vnnd Gallerien. Inwendig ist ein Saal so groß / als das gantze Hauß ist / mit den Erckern / vber vnnd vber zierlich gemahlet; auch ein schöner Spring: oder Spritzbrunne / so das Wasser biß an die Bünnen hinauff wirfft. Vber demselben hat es vnderschiedene Gemächer / darinnen man Frühlings vnnd Sommerszeit / zur Ergetzung / wohnen kan. Vnderm Saal ist eine schöne Badstuben mit Zinn bekleidet / darinnen auch sonderbare sehr artige Spritzwercke zu finden. Auff der andern seyten deß Gartens ligt ein stattliches Vorwerck / vnd Meyerey / vnd hinter derselben ein grosses / weites / gantz ebenes / fruchtbares Feld / beynahe einer halben Meylen umbfangen / vnnd zu dieser Meyerey gehörig / alles mit einander wie auch der Lustgarte / ist rings herumb / gleich einer Insel / mit der Fulda [34] vmbflossen / daß man mit grossen Schiffen herumb spatziren fahren kan. Oben am ende / da sich der Strohm theilet / ligt ein sehr lustiger / vnd nutzbarer Antenfang. Vnnd dieses Feld / so die Awe genennet wird / ist an beyden seyten / gegen dem Wasser / mit herrlichen Obstbäumen vmbpflantzet / vnd da der Strohm wieder zusammen fleust / welches recht gegen dem Schloß geschiehet / auß welchem man die gantze Insel vbersehen kan / ligt / ausserhalb vorgedachtem steinern Revelin / vnd Narrenbrucken / ein Schützenhauß / darinnen man sich Sommerszeit / mit dem Armbrust / exercirt / vnnd ein groß Gelt verzehret wird. Vnd in Summa / es fählet diesem Schloß / an allerhand guten Gelegenheiten / vnnd Belustigung schier nichts. Die Statt wird durch den Fuldastrohm in 2. theil getheilet / vnnd eines die Alte / das ander die Neustatt genennet / darzwischen eine schöne weite hohe steinerne Brucken / mit vier Schwingbögen / liget. Die Alte Statt ist die vornembste / ligt auff der seyten deß Schlosses / zwischen Trausel / vnnd Ahnafluß / an einem Berge / etwas thalhängig / doch in einem halben Zirckel ziemlich weit vmbfangen / vnnd mit sehr hohen starcken Wällen / vnnd sechs fürtrefflichen erdenen / inwendig aber vberauß künstlich gewölbten Bollwerken / vnnd außwendig mit vielen Schantzen / vnnd außwercken vmbgeben. Vnnd hat diese Vestung an starcken Gebäwen / hohen / vnnd dicken Wällen / vnnd tieffen Gräben wenig ihres gleichen; wie dann die Hauptbefestigung vmb die alte Statt allein auff die vierzehen Tonnen Goldes auffzuführen gekostet hat. Die Statt an ihr selbsten ist allenthalben sehr dichte gebawet / vnd voller schöner hoher / theils mit Steinen / theils mit Holtz erbawter Häuser / vnnd vberauß Volckreich. Vnter andern viel vornehmen stattlichen Gebäwen / ist erstlich der Marstall / so gleich einer Fürstlichen Hoffstatt / gantz von steinen viereckt zugebawet / vnnd hat eine Durchfahrt / darinnen nicht allein viel lange hohe gewölbte Pferdställe / sondern darüber auch stattliche Säle / Gemächer / vnnd Böden / in welchen eine vortreffliche KunstKammer / ErfündungsKammer / vnnd RüstKammer / zu sehen. Ligt recht gegen dem Schloß vber / vnnd darzwischen ein schön weiter Platz / mit einer steinern Sparziergangs Lauben. Nicht weit hievon / auch gegen dem Schloß vber / an der Bruder Kirchen / ligt das Collegium Adelphicum, vnnd daran die Fürstliche Cantzley / vnnd RentCammers Gebäw / vnnd dahinter ein lustiges Gärtlein an der Fulda / welches alles gantz steinerne / hohe / vnnd solche Gebäw seynd / daß ein Fürst mit reputation darinnnen wohnen kan. Deßgleichen das Annaberger Closter / darinnen dabevor der alten Fürsten zu Hessen Begräbnuß gewesen / ist auch ein sehr kostbares hohes steinernes Gebäw / inwendig mit einem langen viereckten Hoffe / das aber / weilen allbereit Fürstliche Paläst genug / durch vnd durch / mit stattlichen Böden / gebawet / vnd zum Provianthause verordnet. Nicht weit davon / vnd gegen vber / stehet das Zeughaus / so viel hundert Schuh lang / vnd vber 70. oder 80. Schuh hoch / gantz von Steinen auffgeführet ist / da in der vndersten Wanderung vber hundert Metalline Stück / Geschütz / vnnd Fewer Mörser / vnnd darunder halbe / gantze / vnd doppelte Carthaunen / vnnd Feldschlangen / stehen / darüber ein Boden / auff welchem ein gewaltig stattlicher Vorrath an Harnischen / Mußqueten / vnd allerhand Rüstungen vnd Gewöhren / ist. Auff den vbrigen Böden / deren etliche vbereinander / vnnd so lang / als das gantze Hauß / seyn / ligt alles voller Geträid / vnnd Vorraths Früchten. Vnnd dieses Zeughauß / wie auch den Marstall / Cantzley / vnnd andere Fürstliche Gebäw mehr / hat LandGraff Wilhelm der Vierdte / vnnd Weise / zugenannt / im Jahr 1573. erbawet. Ferners ist das Ottonium, oder ComoediHauß / so sehr hoch von Steinen / inwendig gleich einem in die runde gebawten Schawspiel-Platz / ohne Säul / oder Pfeiler / auffgeführt / das aber nunmehr / in dem Kriegswesen / eines theils zur Soldaten Kirche / das ander aber zum Gießhauß gebraucht worden. Nicht weit davon ist ein sehr artiges räumliches von Stein auffgemauertes Ballhauß / vnd dabey ein sehr grosse / vnnd weite Rennbahn / mit einem von Brettern artig auffgebawtem halb runden Judicir- oder Richter Spruchshauß. Zu vnderst der Statt / ligt noch ein Fürstlich fast vierecktes zugebautes / doch nicht gantz steinernes

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[35] Hauß / der Nassawische Hoff genannt / worinnen die Fürstliche Herrschaft / Rotenbergischer Lini / ihre Residentz eine Zeit hero gehabt / sehr lustig an der Fulda / an dem Ort / wo die Schiffe außgeladen werden / gelegen / vnd ist mit ziemlichen Sälen vnnd Nottürfftigen Gemächern versehen. Gleich zu allernächst darbey ist noch ein gantz steinernes hohes Hauß / auff 2. seyten / gebawet / an grösse dem Schloß zu Eschwege fast gleich / so das Saltzhauß genannt / vnnd zum Proviant verordnet. An Kirch Gebäwen ist / neben vorgedachter Bruderkirchen / sonderlich die grosse Stiffts: oder Freyheitskirche zu S. Martin / welche sehr hoch / weit / vnnd liecht ist / darinnen ein vberauß grosse schöne herrliche Orgel / vnd gegen vber im Chor 2. hohe treffliche von Marmor / vnnd Alabaster / auffgemauerte Fürstliche Epitaphien / worbey nunmehr von hundert Jahren her / die Fürstliche Begräbnuß zu finden / vnnd hat auch noch newlich LandGraff Wilhelm / der Fünffte deß Nahmens / eine stattliche vor die Nachkommen bawen lassen. In dieser Statt ligt auch der reiche Spittal zu S. Elisabethen; so von dieser hochgepriesenen Fürstin gestifftet worden. Sie / die gemeine Statt / hat such sonst feine vornehme Gebäw / als das Rath: Kauff: vnnd Hochzeithauß. Ferners / die Neustatt belangende / ist selbige von keiner sonderlichen grösse / aber von Natur sehr fest / vnd gantz eben gelegen / mit einem starcken Wall / vnd braiten Wassergraben / vmbfangen. Hat ihre absonderliche Pfarrkirchen. Nicht weit davon stehet das Jägerhauß / so auch ein feines ansehenliches / vnd mehrentheils gantz ins geviert zugebautes steinernes Hauß ist; deme nächst die vortreffliche Kunstreiche Mühle von 6. Mahlgängen / vnnd noch andere Schleiff: Polier: Würtz: Schlag: Schneid: Bohr: vnnd andere Mühlen / wie auch ein Schmeltzwerck / folgen / so alles nur durch fünff Wasser-Räder getrieben wird. Gegen vber in der Alten Statt / bey dem Annaberger Closter / ligt auch noch ein stattliche Mühle von sechs Gängen / dabey ein sehr kunstreiche Schleusse / wodurch die schweren grossen Lastschiffe auff vnd ab fahren müssen. Auch hat es hierbey eine schöne Roßmühle / von 4. Gängen / vnd noch viel Handmühlen / so alle im fall der Noth wol zu gebrauchen seyn; auch hat es in der Statt / in allen Gassen / einen durchfliessenden Bach / vnd darneben 2. schöne Teiche / deren man sich in Fewersnoth sehr wohl gebrauchen kan. Vnnd ist diese Statt / wegen der Fürstlichen Hoffhaltung / vornehmer Vestung / deß Passes / vnnd Handels / mit allerhand Wahren / sehr weit berühmt / vnnd wol begüttert.

Das Ampt / so hieher gehört / ist seines weiten vmbkreiß halber / leichter einer kleinen Graffschafft / als einem Ampte / zuvergleichen. Gräntzet mit einem Orth an das Fürstenthumb Braunschweig / sonsten aber ist es in 3. theil getheilet / vnd nicht allein mit einem sehr starcken Fruchtwachs / vnd schönen weiten Feldern / zu beyden seiten deß Fuldastrohms / sondern auch an den Gräntzen herumb mit stattlichen grossen Wäldern / vnnd Wildfuhren (darunder sonderlich der Kauffunger Wald / der Soerforst / vnd Habichswald / seyn /) auch hin vnd wider mit grossen stattlichen Teichen / vnd Fisch-Wassern / versehen; vnnd also bey dieser Fürstlichen Hoffhaltung / vnnd Ampt / alle nöthige / vnd erforderte / stuck zu finden. In ermeltem Kauffunger Walde / entspringt das starke Forellen-wasser die Niesta / so sich vnterhalb Cassel / zu Sandershausen / in die Fulda ergeust / neben welchem / auff einem Berge / das alte Hauß der Herren von Sensenstein gelegen / vnd gegen vber / auff Braunschweigischer seyten / das Hauß Sichelnstein. Auff der andern seiten ligt das grosse Dorff / vnd Closter Obern Kauffungen / davon der Wald den Nahmen hat.

Es sein hiebey sonderbare Dorffschafften / doch alle im Casselischen Bezirck gelegen; vnnd ist darunder insonderheit der vornehme Fleck Helsa / an der Lossa / welcher Fluß bey dem Stättlein Lichtenaw entspringet / ferners auff Helsa / Kauffungen / vnnd vollents nahe vnterhalb Cassell in die Fulda fleust. Bey dem Dorff Kaufungen hat es ein Alaunbergwerck / wie auch deßgleichen beym Dorff Groß Almeroda / am Hirschberge / allda man auch Steinkohlen findet. Hart vor Cassel / vor der Newstatt / ligt eine sehr grosse weite platte Weyde / der Forst genannt / weil es zuvor ein Wald gewesen / aber / wegen Erder [36] Vestung schädlich / vnnd etwan darinn verrähterey gespielet worden / verstöret worden ist. Vmb diese ebene ligen etzliche Dörffer / darunder eines die Waldau genannt / allda man noch Gemäwr von einem alten Raubschloß / mit einem ziemblichen Wassergraben vmbgeben / siehet. Vff der andern seyten der Statt / vorm Habichswalde / ligt das schöne / lustige Schloß Weissenstein / auff einem Hügel. Oben auff ermeltem Habichs Walde (welcher eine sehr stattliche Wildfuhr / wie auch der Söerforst / ist / also / daß das Wildpreth hauffenweiß / wol am hellen liechten Tage / zu nächst am Hauß Weissenstein sich sehen lässet /) ligt ein stattliches reiches Steinkohlen Bergwerck / der Statt / vnnd Vestung Cassel sehr nutzlich: vnnd entspringen auff diesem Walde / vier starcke Flüsse / als die Ahna / Trusell / Bauna / vnnd die Warme / deren die ersten zwey / vnnd zwar die Ahna / vnter / die Trusell aber ober / vnnd durch Cassel / in die Fulda lauffen / die Bauna aber weit oberhalb nahe dabey / wo sich die Eder mit der Fulda vermischet; vnd dann so erstrecket sich die Warme nach der Dimel. Dieser Wald / wie auch der daran stossende sehr hohe / vnnd gantz kahle Berg / der Dörnberg genannt / sein auch von den höchsten im Lande: Vnnd auff diesem Dörnberg / so / wie auch der Habichs Wald / auff der höhe ziemblich raumlich / hat Carolus Magnus ein Lager gehabt / dessen Anzeigungen man noch sihet. Vor diesem Berge liget auff einem Hügel ein sehr hoher fast glatter Steinfelsen / welcher oben eine weite / vnnd tieffe Höle / gleich einem grossen Kessel / hat / welcher stäts voller Wasser ist / vnnd auch zuweilen AntVögel sich darauff mercken lassen. Nicht weit davon ligt auch fast ein solcher Felsen / auffm Farnsberge / da man wie in einen gewölbten Keller hinein gehet / hernach aber ein gehlinges sehr tieffes durch den Felsen gehendes Loch / als ein Brunnen / sich findet / vnnd ist doch ein Werck der Natur. Nicht weit auch von diesem Walde / bey dem Dorff Northausen / ligt ein stattlicher Brunnen / welcher vor wenig Jahren noch sehr im Ruff / vnd Brauch gewesen / daß Er viel stattliche wunderliche Curen / an Blinden / Lahmen / Stummen vnnd dergleichen presthafften Leuthen gethan hat. In dieser Gegend / zwischen dem Habichs Walde / vnnd Langenberg / ligt auff einem hohen spitzigen Berge / das alte verwüstete Schloß die Schauenburg genant. Wer dessen Inwohner gewesen / weiß man eygentlich nicht. Im vbrigen hat dieses Casselisch Ampt / vor allen andern / seine stattliche Gelegenheiten / vnnd Fischwasser / sonderlich einen sehr grossen Teich / bey dem Dorff Münchhoff / oder HohenKirchen / welcher etliche hundert Acker in sich helt / vnd der allergrösseste im gantzen Lande ist / seinen Außfluß aber / vnterhalb Cassel / nahe beym Dorff Simmershausen / in die Fulda nimbt.

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