Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae: Wollin

Topographia Germaniae
Wollin (heute: Wolin)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1652, S. 126–128.
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Wollin / Julinum,

Diese Stadt liget sub latit. 53. 45. et longitud. 38. 45. an dem Orthe / da Julin ein mächtige Handels-Stadt in Pommern / vor diesem zu finden gewesen. Folgendes ist es ein geringe Stadt worden / die zur Folge / nach dem alten Anschlage / nur 6. Pferde / und 34. Mann Fußvolck auffbringen muste. Heutiges Tags aber ist es noch geringer worden / theils wegen des Brandes / so im 1628. Jahr entstanden / theils wegen deß Kriegswesens das sie rechtschaffen von beyden Parten getroffen hat. Es ist hie ein Fürstlich Ampt / und Schloß. Vorzeiten ist auch ein Jungfrauen Closter Anno 1288. gestifftet / bey dieser Stadt gewesen. Der Synodus, und Praepositur / bestehet von 11. Pfarren. Ist sonst ein Vatterland deß vornehmen Theologi Johannis Bugenhagii, der insgemein Pomeranus genant wird / und zu Wittenberg Professor, Pastor und Superintendens, biß ins Jahr 1558. gewesen ist. Von dem Geschlecht Bogdale oder S. Otten-Schläger alhie / ist Micraelius, in Beschreibung dieser Stadt / lib. 6. Pomer. pag. 608. zulesen. Es hält dieser Orth drey Märckte / als Montags nach Invocavit, auff Trinitatis, und auff S. Otten Tag. Was obgedachte Stadt Julinum anbelangt / so seynd theils der Meinung / daß / zum Zeiten Käysers Augusti / etliche Römer zu Schiff an die Wollinische Insul / die Saxo Grammaticus Ostroßna nennet / kommen / und die Säule alda / zu Ehren deß Käysers Julij / auffgerichtet haben. Zu welcher hernach ein Zulauff der Leute / und endlich ein mächtige Stadt daselbst erbauet worden. Es könne aber auch wol seyn / das die Teutschen selbsten / die entweder den Römern gedient / oder mit ihnen gekriegt / wegen deß K. Julij rühmlichen Thaten / dieser von Ihnen erbauten Stadt / den Nahmen Julin gegeben. Allgemach aber ist diese Stadt Wollin genant worden / und ist schon Witichindo, [127] dem Sächsischen Historien-Schreiber / bekant / der der Wollinischen Slaven gedencket. Cromerus aber will lib. 2. de rebus Polon. daß Wollin / oder Volinum, auff Polnisch / von den Ochsen den Nahmen habe. Es ist Julinum, insonderheit nach Winerae Untergang / ein berühmte / ja die grösseste Stadt in gantz Europa worden / wie Adamus Bremensis sagt. Dann aller Handel / der zuvor bey Wineta / ward theils nach Wißburg in Gothland / theils nach Julin geleget. Und ist Julin so mächtig worden / daß sie grosse Kriege geführet / und Svenottonem / den König auß Dennemarck / wol dreymal gefangen davon gebracht hat. Wie volckreich sie gewesen / erhellet darauß / daß da Bischoff Otto von Bamberg sie endlich zum Christl. Glauben beredete / sich bey 22. tausent Menschen zur Tauffe angegeben haben. Aber kurtz nach deß Bischoffs Abscheid / sind die Julinischen widerumb vom Christlichen Glauben abgefallen / und da sie / im Anfang deß Sommers / alter Gewonheit nach ein Heydnisch Fest mit fressen und sauffen feyreten / und einen alten verlegenen Götzen wiederumb herfür sucheten / und denselben mit grossem Frolocken in der Stadt herumb trugen / und dabey Christum auffs hefftigste verlästerten / ist / wie die Pommerische Chronicken vermelden / Feur auß der Lufft in die Stadt gefallen / hat sie angezündet / und in Grund verbrant / daß sie gantz zu nichte worden ist. Und ob sie wol wieder daran baueten / ist sie doch nie zu vorigen Kräfften kommen / sondern Gottes Hand ist schwer über sie immer fort geblieben / biß auch endlich im Jahr 1170. Waldemar / König in Dennemarck / durch die Divenow / (an welcher / und nit weit von dem Grossen Haff Wollin liget / und die Insul zwischen der Swyne / und Divenow / das Wollinische Werder genandt wird;) / mit einer ansehenlichen Schiff-Armee auff sie zugieng / sie unversehens überfiel / plünderte / und auffs neu verbrante. Und ist nachmalen ein geringe Stadt nemlich das jetzige Wollin / da kaum 2. oder 3. hundert Burger der Zeit wohnen mögen / nit weit von dem vorigen berühmten Julin / erbauet worden / die in der Ordnung erst nach Schlawe / Golnow / und Gartz / gesetzt wird / und in dem Außschuß / oder Folge / nicht so viel Mannschafft / als Regenwalde / und Belgard / herauß geben / und in den Steuren nicht so viel / als Greiffenhagen / und Lauenburg auffbringen kan. Sihe gedachten Joh. Micrael. l. 1. p. 107. seq. et lib. 2. p. 144. seq. und an vielen andern folgenden Orthen: Item Dan. Cram. im 1. Buch seiner Pommerischen Kirchen-Histori / im 19. (da er viel von der alten Stadt Julin / und dem Wollnischen Werder / hat) / wie auch im 22. 25. 32. und 35. (da er von Stifftung deß Bisthums alhie / und desselben Verlegung nach Cammin / handelt;) Capitel; Joh. Angel. à Werdenhagen de Rebuspub. Hanseat. part. 3. c. 23. p. 329. Caspar. Ens; delic. apodem. per Germaniam, p. 279. Herman. Bonnum, in der Lübeckischen Chronic. A. ij. Johan. Regkmann in der Lübeck Chronic. p. 1. seq. und Herm. Conringium de Urbib. Germanicis, th. 29. et 86. Wir wollen / zum Beschluß / nur noch etwas vermelden / so sich zu unsern Zeiten alhie zugetragen / nemlich / daß / wie gedachter Micraelius, im 5. Buch schreibet / alda Anno 1628. das auch obenangedeutete Feuer / durch eines Obristen Wachtmeisters Koch / außkommen / und dadurch Kirche / Schule / Rathhauß / und die gantze Stadt / auch ein Theil vom Fürstlichen Schloß / verbrandt worden ist. Anno 1630. wandte sich der König auß Schweden ins Wollinische Werder / nach der Stadt Wollin / die bißher mit 13. Compagnien zu Roß und Fuß besetzet gewesen war. Aber dieselbe haben nit stand halten wollen / sondern sind 3. Tage zuvor / ehe etwas feindliches daselbst sich erzeigte / durchgangen / haben doch zuvor die Stadt / und das Fürstliche Schloß / gantz außgeplündert / und hin und wieder brennende Lunten / dasselbe / was nach dem vorigen Brande wieder auffgebauet war / auffs neu mit dem übrigen einzuäschern / geleget; die Brücke so / wie oben gesagt / über die Divenou gehet / nach sich in den Brand gestecket / sich auff das feste Land gemachet / und also auch diese Insul / so sich in die vier Meil erstrecket / verlassen.

Vielgemelter Micraelius setzet lib. 5. p. 621. noch ein anders Wollin / under den Pommerischen Städten / und Städtlein / und sagt / es gehöre zum Colbatzischen Ampt / [128] und der Werbischen Praepositur / und liege zwischen Pyritz / und Greifenhagen. In den Landtaflen wird in selbiger Gegend / und nahend Greiffenhagen / ein Orth für mehr als ein Dorff gezeichnet aber Woltin genennet.