Topographia Circuli Burgundici: Gröningen

Topographia Germaniae
Gröningen (heute: Groningen)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 102–103.
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[T45]

Gröningen

[102] Gröningen / Diß ist die Hauptstadt deß Landes / so von ihr den Namen / und welches oben im Eingang beschrieben worden ist; von welcher Thaten / Geschichten / Sachen / Regiment / und anderm / Ubbo Emmius, hin und wieder in seiner Histori von den Friesischen Geschichten / sonderlich aber de agro Fris. inter Lavicam et Amasum (da er ein eignes Buch von ihr hat / so dem Tractat de Republ. Frisiorum einverleibt ist) gar weitläuffig geschrieben. Und hält er darfür / daß diese sehr lustige / mächtige / veste / und unter den Friesischen die gröste Stadt / entweder von den grünen Wiesen / oder Büschen herumb / oder vielleicht besser vom Gruno, oder Gryno, dem Herrn / oder Erbauer diß Orts / den Namen habe / der aber kein Trojaner / oder deß Frisonis auß India Enickel / wie theils gedichtet / sondern ein Frieß gewesen sey / wie dann noch die Friesen diese Stadt Grinse / oder Grense / nennen. Sie ligt an dem Fluß Aha, oder Ea, der durch die Stadt laufft / und ausserhalb hernach zum Huneso, an der Stadtmaur kompt / welche beede Wasser Schiff tragen. Hat acht Thor / etliche schöne / und grosse Vorstädtte / lustige Gärten / treffliche Gebäu / gerade / breit / und schöne Gassen / stattliche Häuser / zween grosse Plätz / sonderlich den / darauff das Rathhause stehet / der seines gleichen wenig haben wird / und da man täglich allerley zu kauffen findet. Das Volck / so allda in grosser Menge / ist wacker / freundlich / geschickt / prächtig / reich / und für die Freyheit streitend. Wie dann diese Stadt herrliche Freyheiten hat / die auch Joh. Angel. à VVerdenhagen part. 4. de Rebuspubl. Hanseat. cap. 5. fol. 32. in ihrer Beschreibung / setzen / und zugleich / was es vor der Zeit vor eine Beschaffenheit deß Regiments halber allhie gehabt / und anders mehr / auch etliche Geschichten / so sich allda zugetragen / erzehlen thut. Jetzt ist sie mit den andern freyen Niederlanden im Bund. Hat herrliche Gesetz / und ein schön Regiment / 2. Vogteyen / darunter 29. Dörffer / und 5. Clöster gehören. Es hat da 12. Kirchen / und darunter 2. Pfarren / deren die ältiste zu S. Walburg / wie ein Schloß / und in die runde gebauet; darinn ein Brunn beständigen / und springenden Wassers. Die sehr schöne Kirch zu S. Martin / hat einen grossen starcken Thurn / so mit Verwunderung gesehen wird. Auß den Clöstern / so aber alle der Zeit reformirt / seyn der Franciscaner / und Dominicaner die fürnehmste. Es hält die Stadt sechs Prediger / die in der Würde einander gleich / darneben seyn bey die 16. Aeltiste / die / neben den gedachten Predigern / auff gute Disciplin achtung geben: Item ungefehr 16. Diaconi, so ein besonders Collegium machen / und auß den ehrlichsten Burgern erwehlet werden / mit dem Allmosen umbgehen / und deßwegen offentliche Rechnung thun / darzu jederman / wer da will / kommen darff. Es ist auch da ein Geistlicher / der die Krancken besuchet. In der Stadt-Schul lehren 7. Praeceptores, deren Besoldung von E. E. Rath ist 2680. Caroliner Gülden / neben freyer Wohnung: Hergegen sie von den Discipulis nichts nehmen sollen. Darneben ist auch Anno 1614. den 23. Augusti / von den Ständen / nehmlich der Stadt / und den Umblanden / ein Hohe-Schul allhie introducirt, auch eine Communität vor 40. Studenten angerichtet worden / daß deren einer jährlich 45. Caroliner Gülden / oder Francken / zu zehen Batzen gerechnet / wie zu Franeker / geben / das andere die Stände reichen; und deß Tags dreymal der Tisch gedeckt werden solte. Der erste Rector ist obgedachter Ubbo Emmius, der weitberühmte Friesische Historicus, gewesen / so Anno 1625. gestorben / dessen Lateinische Grabschrifft / in der Academi Kirchen allhie / Gotfridus Hegenitius, in Itinerario Frisio-Hollandico, pag. 14.

[T44]

Gröningen

[103] seq. setzet. Es hat diese Hohe Schul auch eine feine Bibliothec / in welcher eine Tafel hanget / an der geschrieben stehet / daß Anno 1607. den 22. Augusti / allda auff den Abend / ein Soldat / eine Wunden in der Brust bekommen / davon er den 8. Septembris / ein Stund nach auffgang der Sonnen / nemlich den 16. Tag. nach empfangener Wunden / gestorben; wiewol / als man ihn geöffnet / es sich befunden / daß die rechte Seiten deß Hertzens verletzt / und fast gantz verwesen gewesen: dieweil aber die lincke Seiten gesund verblieben / da die rechte Werckstatt der lebendigen Geister ist / so hat er daher noch so lang leben können; wie hiervon beym erwehnten Hegenitio, pag. 16. seqq. zu lesen. Es hat allhie auch ein Zuchthauß / deme vier Männer vorstehen / deren zween von der Stadt / und zween vom Lande seyn / so diß Ambt umbsonst trager müssen / ausser daß man einem jeden alle viertel Jahr zwo kleine Maß Wein verehret. Es ist von hinnen Wesselus Gransfortus bürtig gewesen / der seiner Zeit ein Liecht der Welt genannt worden / und Anno 1490. frölich in dem HERRN entschlaffen ist / als er zuvor diese letzte Wort gesprochen hatte: Gratias ago Deo meo, quod superare mihi disputationes istas (scil. contra Indulgentias, et Purgatorium,) licuerit: equidem nil ego scio praeter Christum, et eum crucifixum; wie vielgedachter Emmius lib. 29. rer. Frisicar. histor. fol. 456. seqq. schreibet. Sein / deß Wesseli, der allhie begraben ligt / Schrifften / hat Petrus Pappus von Tratzberg colligirt und edirt. Was aber Rudolphum Agricolam anbelangt / dessen Geburts-Stadt auch von den meisten dieses Gröningen gesetzet wird / so sagt Emmius, daß er nicht in der Stadt / sondern in dieser Landschafft / bey den Bafflois Hunesgoniis, obscuris natalibus, gebohren worden / und Anno 1486. (al. 85.) gestorben. Sonsten war von hinnen Regnerus Praedinius, dessen etliche Bücher vorhanden seyn sollen. Anno 1579. brachte diese Stadt der Graff von Renneberg in der General Staaten Gewalt: Als er aber bald darauff von ihnen zum König in Spanien fiel / so wurde Gröningen auch wieder Spanisch; biß Anno 1594. sie Graff Moritz von Nassau belagerte / und den 23. Julii / (wie im Nassauischen Lorbeerkrantz fol. 102. seqq. und beym Meterano lib. 17. hiervon weitläuffig zu lesen /) mit Accord eroberte. Von welcher Zeit an Gröningen Staadisch verblieben ist. Sihe von dieser Stadt / über die oberwehnte Scribenten / auch G. Braun pag. 1. et 2. C. Ens p. 211. und andere mehr; corrigire aber / das / darin sie sich verstossen / aus dem offtgedachten Ubbone Emmio.