Topographia Braunschweig Lüneburg: Osteroda

Topographia Germaniae
Osteroda (heute: Osterode am Harz)
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Ottenstein
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 165–167.
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Osteroda.

Die Statt Osteroda / in dem Fürstenthumb Grubenhagen gelegen / oder vielmehr das Closter daselbst / hat anfangs Brunsroda geheissen / vnd ist erbawet von Brunone, einem Hertzogen zu Sachsen / vermuhtlich von Brunone, Hertzog Ludolffens / welcher Gandersheim gebawet / Vattern. Dieser Hertzog Bruno hat das Schloß Brunstein / nicht weit von Northeim gebawet / vnd Brunshausen bey Gandersheim zu bawen angefangen.

Daß aber diß Brunsroda nach dem eine Statt darauß worden / den Nahmen Osteroda bekommen / meynet Athanasius Kehr / vnd mit demselben Letznerus, daß es daher komme / weiln der Abgott Astaroth daselbsten soll verehret seyn / vnd gestanden haben an dem Ort / wo jetzund die alte Burg stehet / welche Meynung in etwas bestärcken die ältisten privilegia der Statt / worinnen die Statt Osteroht / vnd nicht Osteroda genennet wird.

Diesen Abgott hat S. Bonifacius, sonsten Winifridus, vnd der Teutschen Apostel genant / Anno 724. zerstöret / vnd dagegen ein oratorium in die Ehre Gottes / da S. Aegidii Kirche stehet / gebawet.

Sonsten aber könte auch seyn / daß Osteroda auß diesen beeden Worten / Osten vnd Rohda / zusammen gesetzet worden / Dann Rode / Riet oder Rent / teste Bruschio in tract. de monaster. in Michaelis Campo fol. 36. so viel ist / als ager ex loco inculto vel dumeto factus, dahero die meisten Oerter / so am Hartze gelegen / sich auff ein Rohda endigen / als Wernigeroda / Bleicheroda / Immenroda / Harlingeroda / Appenroda / etc. Dann die Leute zu dero Zeit so viel Acker außgerodet / vnd gemachet / als sie von nöhten gehabt / vnd bestellen können / Wie dann noch [166] alte Leute gedencken können / daß auffm Rodenberge vor Osteroda / welcher vielleicht auch dahero den Nahmen bekommen / daß er außgerohdet / vnd zum Acker gemachet / Buschwerck vnd Holtzung gestanden / so von den Alten außgerohdet. Es hat sich auch solch Buschwerck vermuhtlich biß an Dorste vnd Catlenburg erstrecket / wie solches der Nahme Mettlingeroda / welches Dorff zwischen Dorste vnd Osteroda gelegen / vnd vor etwa anderthalb hundert Jahren zerstöret worden / daß also dann von jetzund mehr nicht / dann die verfallene Kirchmauren zu sehen / mit sich bringet.

Hätte also Osteroda die erste Syllaben Bruns verlohren / vnd letzte Syllaben Rohde behalten / vnd wäre auß beeden Worten / Osten vnd Rohda / zusammen gesetzet / dann was disseit der Weser / vnd sonderlich zwischen dem Hartz vnd der Weser gelegen ist / Osten / vnd die Sachsen / so von der Weser gegen Auffgang der Sonnen gewohnet / sind Ostvalen genennet worden / nach welcher Meynung auch Osterwieck den Nahmen bekommen / Crantz. in Saxon. lib. 2. c. 2.

Die Statt Osteroda hat gegen Morgen den Hartz / die Graffschafften Lutterberg vnd Reinstein / gegen Mittag das Eichsfeld / gegen Abend die Statt Eimbeck / die Leine vnd den Weserstrom / vnd gegen Mitternacht die Statt Goßlar / vnd das Fürstenthumb Braunschweig / Ist mit den Stätten Göttingen / Eimbeck / vnd Goßlar / deren jede 4. Meile von Osteroda gelegen / bezircket / vnd denselben gleichsam das centrum oder Mittelpunct.

Gegen Abend hat die Statt Osteroda die Kalckberge / welche einen Alabasterstein / vnd auß denselben einen herrlichen Gips oder Kalck geben.

Die Bergwercke seynd für die Thür / darunter die Eisenbergwercke am nechsten.

Vnd ob wol die Statt allernechst am Hartz gelegen / so hat sie dennoch nach der Mittagsseiten einen herrlichen Ackerbaw / wird auch von den benachbarten Orten Korn vnd Getreydig häuffig herein geführet / vnd verkaufft / vnd ist Osteroda gleichsam ein Kornhauß deß Hartzes / oder der Bergstätte / dahin das Korn täglich durch die Hartzweiber getragen wird.

Die Statt hat 4. Thoren / als S. Marien / Johannis / Jacobs / vnd der Newstätter Thor / nach denen daran belegenen Vorstätten der Kirchen S. Jacobi vnd der Newstatt also genennet.

In der nähe entspringen die namhafften Flüsse / als die Innerste / Ocker / Ruhma vnd Söese / etc.

Die Söse fleusset an der Statt her / gibt Forellen / Grundlinge / Schmerlinge / Ellerlinge / vnd andere gesunde Fische in der menge.

Durch die Statt wird ein Bach / der Apenke genant / geführet / welcher die Gassen der Statt sauber vnd rein hält.

Es sind in der Statt zwo Pfarrkirchen / eine zu S. Aegidii, welche / wie schon droben gemeldet / von dem heiligen Bonifacio den Anfang genommen. In dieser Kirche ligen die Hertzogen zu Braunschweig / Grubenhagischer Linie / begraben. Die andere in die Ehre Vnser Lieben Frawen / vnd S. Jacobi gebawet / ist vor Zeiten ein NonnenCloster / Cistercienser Ordens gewesen.

Sonsten haben auch die beyde nechst angelegene Vorstätte ihre besondere Kirchen / davon die Vorstätte den Nahmen haben.

Anno 1328. hat der Pabst durch den Ertzbischoffen zu Zweybrücken / Bartholomaeum, denen jenigen / so diese Kirche zu S. Marien besuchen würden / grosse Indulgentien vnd Ablaß ertheilet.

Bey der Kirch zu S. Johannis, ist ein weitbegriffener Gottesacker / wohin die Einwohnere der Statt vnd Eingepfarrten begraben werden.

Die Newstatt ist Anno 1238. gebawet / vnd seynd derselben von Hertzog Otten / zugenant dem Kinde / welcher drey Jahr zuvor den Titul eines Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg bekommen / die Jura civitatis, gleich der Alten Statt / conferiret worden.

Hochgedachtes Hertzogen Vorfahren / die Hertzogen zu Sachsen / seynd dieser Statt Osteroda rechte Erbherren gewesen / massen dann die Statt von Hertzog [167] Brunone zu Sachsen / wie droben erwehnet / anfänglich erbawet worden.

Von diesen Hertzogen zu Sachsen haben die Grafen zu Lutterberg die Statt Osteroda zu Lehn gehabt / (gestalt sich auch dieselbe Herren zu Osteroda geschrieben) vnd besessen / biß auff das Jahr 1143. in welchem Herman / Graff zu Lutterberg / Herr zu Osterode / vnd Edler Voigt zu Pölde / Graff Cunonis Sohn / verstorben / vnd zu Pölde in die Gräfl. Capell begraben worden.

Dieweil nun dieser Graff Herman in dieser Lini der Letzte gewesen / vnd die anderen Grafen auß der gesampten Lehn kommen / haben Hertzog Heinrichen zu Sachsen vnd Beyren / welcher hernach der Löwe zugenant / Vormündere / (dann vmb diese Zeit hochgedachter Hertzog nur 7. Jahr alt gewesen) der Statt Göttingen anbefohlen / daß sie ohngesäumbt Osteroda / Hertzberg / Rotenberg / mit aller derselben Zubehörung einnehmen / vnd besetzen solten / welches dann auch geschehen / vnd ist also dieser Theil der Graffschafft Lutterberg in obbemeltem Jahr an die Fürsten zu Sachsen hinwieder zugefallen.

Hertzog Heinrich der Löwe ist auff dem alten Schloß zu Osteroda zu Zeiten gewesen / ab vnd zu geritten / hat aber dieser Oerter keine beständige Hoffhaltung angestellet.

Ist also die Statt Osteroda dem Hertzogen zu Sachsen / nach dem sich der Titul geändert / vnd auß der Herrschafft Braunschweig vnd Lüneburg von dem Keyser Friderico, dem Andern dieses Nahmens / ein Hertzogthumb gemacht / vnd Hertzog Otto / zugenant das Kind / damit belehnet worden / dem Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg verblieben.

Hertzog Heinrich der Wunderliche / welcher der Erste gewesen / so sich Hertzogen zu Grubenhagen genennet / hat zum Grubenhagen seine Hoffhaltung angestellet / zu Zeiten auch zu Osteroda auff der alten Burg Hoff gehalten.

Von der Zeit an / daß das Fürstenthumb Grubenhagen bey den Herren Hertzogen Zellischer Linie gewesen / ist zu Osteroda die Fürstl. Cantzeley angerichtet / vnd das Fürstenthumb Grubenhagen durch daselbst bestalte Land-Drosten vnd RegierungsRähte administriret worden.

Die Statt Osteroda ist Anno 1545. in der Nacht S. Aegidii, biß auff 28. Häuser / vnd Closter S. Jacobi, gantz außgebrant / nach der Hand aber durch Gottes Gnade gebawet / vnd bey vielen gefährlichen Zeiten bey erträglichem Wolwesen biß annoch erhalten worden.