Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae: Neisse

Topographia Germaniae
Neisse (heute: Nysa)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1650, S. 164–165.
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Neisse / Nissa.

Diese Bischoffliche Breßlauische Residentz-Stadt / hat den Namen von dem Wasser Neiß / so nächst an der Stadt hinfleußt / und welches in der Grafschafft Glatz / unterm Schnee-Gebürg / eine halbe Meil ohngefehr von Mittelwalde / entspringet / hernach auf die Stadt Glatz zu rinnet / folgends hieher nach der Neisse / und nicht weit vom Brig in die Oder komt. Ist ein ziemlich grosses Wasser / und ein anders / als die Neisse / so in dem Böhmischen Gebürg ihren Ursprung hat / her nach bey Görlitz fürüber laufft / und unter Crossen in die Oder fleußt. Welches dann / wider die / so beyde Flüsse mit einander vermischen / zu mercken ist. Es laufft auch durch die Stadt Neisse ein ander Wasser / die Bielau genant. Es ist Neisse in der Grösse den Städten Lignitz und Brig / nicht fast ungleich. Liget in Nider-Schlesien / in einem Thal / hat gesunde Lufft / einen fruchtbahren Boden / schönen Wiesewachs und herrliche Obst-Bäume. Ist eine schöne ansehenliche Stadt / so weite und breite Gassen hat / dergleichen in gantz Schlesien nicht sollen gefunden werden. Die Häuser seyn mehrerntheils von Stein zierlich und hoch. Hat starcke Mauren und schöne lustige Vorstädte. Die Gräben seyn voll Wasser. Es gibt allda einen grossen Ziechen-Handel / so häuffig allhie gemacht werden; und auff S. Agneten Tag jährlich einen grossen Weinmarckt. Hat gutes Bier und tieffe Keller. Zum Wappen führet sie 3. Frantzösische gelbe Lilien im blauen Felde. Die Pfarrkirch zu S. Jacob ist ein ansehenlich Gebäu. Darnach ist / neben der Bischofflichen Residentz / so schön / und wol zu besichtigen / der Creutz-Herren Kirch / in welche der Bischoff / wann er allhie gewesen / vor diesem gemeinlich gangen ist. Hat sonsten noch mehr Kirchen / als zu S. Peter / zu S. Barbara / S. Anna; und in den Vorstädten zum H. Leichnam. S. Johannis Thum / S. Marien in Rosis, S. Niclas / das Minoriten Closter / die Kirch zu S. Catharinen / und die Kirch zum H. Creutz: Item / unterschiedliche Hospitalien / und ein Jesuiter Collegium; (deme / und dem Franciscaner Closter / Käiser Ferdinandus der Ander / den 8. Hornung / Anno 1625. eine ehrliche Unterhaltung / auß dem Neissischen Bisthum / allergnädigst verordnet / auch dem Buchdrucker allda / weilen er mit seiner Arbeit den besagten Jesuiten gedienet / den 18. Augusti / deß Jahrs 1628. 571. Thaler / 20. Kreutzer / 6. Pfenning / oder 685. fl. 32. Kr. 6. Pf. zu geben / befohlen hat; wie Carolus Carafa, in Germania restaurata berichtet) Item / ein herrlich grosses Rathhauß / schönen Marckt / und sonsten noch 2. Plätz. Und / wegen solcher guten Gelegenheit / seynd bißweilen die Fürsten und Stände in Schlesien allda zusammen kommen; wie dann im Jahr 1497. geschehen / und damahlen / im sitzenden Rath / Hertzog Nicolaus von Oppeln / den Ober-Hauptmann in Schlesien / Hertzog Casimir von Teschen / und den Bischoff von Breßlau / mit seinem Dolch hat erstechen wollen; über welchen aber das Urtheil von dem Stadt-Gericht allhie gefellet / und er alsbald offentlich auff dem Marckt mit dem Schwerdt gerichtet worden ist. Boleslaus der Gerade / und erste Hertzog zu Breßlau / hatte einen ungerathenen Sohn / Namens Jaroslaus / der wider den Vatter kriegte / hernach Anno 1198. Bischoff zu Breßlau ward: derselbe hat / seinem Herrn Vatter zum Verdruß dem Breßlauischen Bisthum seinen Antheil / nemlich diese Stadt Neisse / samt denen darzu gehörigen Städtlein / geschenckt; starb aber vor dem Vatter im Jahr 1201. Mit der Zeit hat auch Boleslaus III. von der Lignitz / Henrici [165] Crassi Sohn / dem Bischoff Praetislao zu Breßlau / Anno 1341. das Fürstenthum Grotkau verkaufft; wie oben bey selbiger Stadt gesagt worden; dardurch dann der Bischoff zur Fürstlichen Hoheit kommen / also / daß er jetzt dem neugekrönten König in Böheim / die Pflicht / als ein Princeps Ligius thut / und dieses Fürstenthum noch besitzt / und der Zeit einer auß dem Königlichen Polnischen Geblüt ist; wie oben bey Breßlau gesagt worden. Es gehören aber unter Grotkau / und die Neisse / die Städtlein Otmachau / Wansen / Ziegenhals / Freywaldau / (al. Freywalde) Hozenplotz / Jawernick / Kaltenstein / Patschkau / Oyziest / (al. Oyest) Weidenau (al. Weida / Weidau) und Zuckmantel. Darzu J. H. Hagelganß / Johannesthal und Hermanstadt / thut. Es hat die Stadt Neisse von Wasser / Feuer / Feinden / und innerlichen Spaltungen / auch der Religion halber / viel außgestanden; wie nach längs in der Schlesischen Chronik / so ein jeder im Register daselbst auffsuchen kan / zu lesen. Wir wollen daher allein vernehmen / was in derselben nicht stehet; sondern erst die letztere Jahr her / sich allhie in Kriegs-Sachen / unter andern / begeben hat; Als / daß Anno 1632. den 10. Herbstmonat / der Chur-Sächsische Feld-Marschall Arnheim diesen Ort mit Beding eingenommen / den aber / noch in diesem Jahr / deß Heinrich Holcken / Käiserlichen Generals / Volck / mit Hülff der Burger / wieder bekommen; darinn damalen die Wolffersdorffischen / und etliche Holsteinischen / mercklich eingebüßet haben: welches vielleicht vorhero / im Jahr 1627. das den 9. Herbstmonat allda entstandene grosses Ungewitter bedeutet hat. Anno 1642. ward diese Stadt von den Schwedisch-Torstensohnischen belägert / und endlich den 8. Brachmonat bezwungen. Die Wildschützen und Croaten wurden alle niedergemacht / die andern Soldaten aber untergestellt. Es muste die Stadt 15000 Reichsthaler / 300. Faß Wein (dann allhie die Niderlag aller Wein / die auß Ungarn in gantz Schlesien und Polen / wie einer berichtet / geführet werden / seyn solle) 200. Faß Bier / eine starcke Anzahl Getreide / Schlaf und Rindvieh / 1500. wolgerüste Pferde / lieffern / und 4. Regimenter verpflegen. Der Herr Weyhe-Bischoff / der Lands-Hauptmann / und etliche andere vornehme Leute / nahmen / mit ihren besten Sachen / und den geheimen Schrifften der Bischofflichen Canzley / 12. Tage zuvor / die Flucht nach Breßlau / wurden aber / bey Olau / von einer streiffenden starcken Parthey / ergriffen / ihnen alles abgenommen / und zuvorderst die Fürstliche Canzley hoch beklaget. Als die Schweden folgends vor Brig nichts außgerichtet / so haben sie auch diese Stadt verlassen; zuvor aber viel Häuser allda geplündert / Wein / Bier / Getreid / und alles / so ihnen gedienet / auffgeladen / 4. Thor / und etliche Thürne / außgebrant / auch etliche Feuer / die gleichwol zeitlich gedämpfft worden / eingelegt; die Besatzung abgeführt / den Burgermeister / 2. Rathsherren und Adels-Personen / wegen außständiger Contribution, mitgenommen; wie hievon mit mehrerm in dem IV. Theil deß Theatri Europaei Meriani, fol. 925. und 928. zu lesen.