Topographia Germaniae
Zabern (heute: Saverne)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1643/44, S. 69–70.
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Zabern / oder Elsaß-Zabern /
Tabernae Alsaticae.

Diese vier Meil von Straßburg gelegene / und dem Bischthumb Straßburg gehörige Stadt / und deß Bischoffs Residentz / ist von Natur ein vest und verwahrter Orth / so wol wegen deß nächstgelenen Bergs / deß Gewälds / als auch deß engen Passes halber. Dann bald gegen über ein hoher Berg / so die hohe Barr heisset / und ein Stück vom Waßgäu / und auff solchem Berg ein vestes Schloß ist / so die Stadt beschützet. Hereinwarts gegen der Stadt zu / ist ein enger / steinigter / rauher / ungehobelter Weg / die die hohe Zaberische Staig genandt; auff der einen Seiten ein Abgrund deß Thals / durch und durch bergicht / ein eintzige Straß / da wenig viel hundert können auffhalten. Vor-Zeiten wurde diese Stadt / so nicht groß ist / Tabernae, und Tres Tabernae geheissen / in deren Gegend die Mediomatrici, gewohnet / welche hernach von den Drey-Buchern / oder Tribocis, seyn vertrieben worden. Und hatten die Römer allda eine Schantz wider die Alemannier / und als solche von ihnen verstöret worden / hat Käyser Julianus, so die Alemanner auff dem Straßburger Boden geschlagen / sie wieder erbauet. Sie wird Elsaß-Zabern / zum Underscheid Rhein-Zabern / und Berg-Zabern genandt. Und sagt Hieronymus Gebwilerus, als / bey Regierung Käysers Augusti, Drusius ein grosses Volck wider die Teutsche geführet / seyen die Römische Knecht hin und wider auff dem Frantzösischen Boden an den Gestad deß Rheins in die Winter-Läger zertheilet worden / deren Läger noch jetzt drey berühmbte seyen / als Hiberna[1] Alsatiae, Hiberna Rheni, und Hiberna Montis, so die Unerfahrene Zabernias nennen. Hat in der Stadt auch ein Schloß / so ümbs Jahr Christi 1500. ohngefähr / sampt der Pfarr-Kirch / wieder erneuert / auch ein Capell bey der Kirch / zu einer Bischofflichen Begräbnüß / erbauet worden. Es hat allhie zwey Wasser / die Sorr / oder Sorn / und die Schwartzbach. Obgedachte Zaberische Steig (so ein Theil das Waßgäu / und Gebürgs Vosagi ist / und sich bald ausser der Stadt gegen Lothringen wärts / anfahet) hat Bischoff Wilhelmus III. zu Straßburg / ein Graff von Hohenstein / so Anno 1541. gestorben / machen lassen. Munsterus sagt / daß die Rinckmauer / so ümb Zabern gehet / so viel Thürnen habe / als Wochen im Jahr seyn / und seyen je zwischen 2. Thürnen 7. Zinnen / und also hab die Mauer so viel Zinnen / als Tag im Jahr seynd. Dickernandter Hertzog schreibet libr. 3. cap. 13. auß der Collmarischen Chronick / daß Anno 1279. allhie / mehr dann 34. Menschen von einer Mauren erschlagen worden seyen. Anno 1525. wurden bey: und in dieser Stadt etlich tausend auffrührischer Bauren / von dem Hertzogen auß Lothringen / in 3. Stunden / erschlagen. Und gleich darnach / in 3. oder 4. Tagen / schlug derselbig Hertzog / bey Scherwyler / ein [70] halbe Meil fern von Schlettstadt / auch etlich tausend Bauren zu todt; wie obgedachter Munsterus bezeuget. Als Henricus II. König in Franckreich Anno 1552. wider Käyser Carolum V. ins Teutschland zoge / hat Er allhie mit seinem Kriegs-Volck / etliche Tag verharret / die Bottschafften verhöret / und abgefertiget. Anno 1574. den 4. Januarii, haben die Frantzosen / den Graffen von Embs / welcher / als ein Obrister / 1. Regiment Knecht in Braband führte / bey Elsaß-Zabern nidergelegt. Anno 1622. ist diese Stadt von dem Graffen von Manßfeld / und von Pfältzischen / vergebens belägert worden. Anno 1634. hatten sich die Lothringer in Zabern fest gesetzt / wolten auch den Graffen von Salm / als gewesten Stadthaltern / nicht mehr allda einlassen: daher Er auff die ob der Stadt gelegene Vestung Hohenbaar / und daselbst / auff Ankunfft deß Frantzösichen Obersten de la Blocquerie, sich in deß Königs in Franckreich Schutz begeben / und demselben nicht allein dieses Schloß Hohen-Baar; sondern auch Hagenau / und Reichshofen[2] / abgetretten. Und wurden darauff diese beyde Städt / von den Frantzosen / besetzt / und gaben Ihnen auch die Lothringer Zabern auff. Die Käyserischen warffen zu Hüttingen / hart underhalb Basel / eine Schantz auff / so im Martio dieses Jahrs die Rhein-Gräffischen überkommen. Zu Gebweiler lag Obrist Mercy; zu Sennen / Marg-Graff Hermann von Baden. Anno 1635. auff dem Zug deß General Gallas nach Lothringen / und Burgund / hat Er / Graff Gallas / wo nicht die Helffte / wie etliche davon melden / und[3] die Hohen-Officirer selbst unverholen bekandt haben sollen / dennoch gewißlich zehen / oder zwölff tausend Mann / und darüber / durch Hunger / und Contagion, im Lauff gelassen; Ja noch in der Retraicte viel hundert alter Knechte seyn nidergefallen / verschmachtet / und haben ihr Leben jämmerlich enden müssen Und wann nicht dieses Elsaß-Zabern / und die Vestung Hohen-Baar / als Gallas die Breche zu schiessen angefangen / die Frantzosen / ohne Erwartung mehrern Ernsts / accordirt hätten / daß Gallas / den 16. Novembris, sich alda setzen können / seine Armée von 30. oder 40. tausend Mann / gar zu trümmern gangen were. Muste gleichwol dieselbe hin und wider außtheilen / die dannoch / an vielen Orthen wenig zu beissen fande / und Hunger leiden muste / daß viel außreissen thaten. Theils lieffen den Gallassischen auch ümbs Geldt nichts zukommen. Gedachter Herr General Gallas erfrischte sich in Zabern / ein Zeitlang / ungeachtet / daß die Pest / und das Starben / so wol under Pferdten / als Menschen / erschröcklich grassirte. Als aber die Frantzosen dahin begunten zu gehen / machte Er sich mit dem General Commissario von Ossa, den 25. Januarii Anno 36. von Zabern / auff Cron Weissenburg. Sie blieben aber daselst nicht / sondern zogen weiter: und wird berichtet / daß zwischen Landau / und Weissenburg / über tausend todte Menschen under Wegens gelegen / welche / in diesem Zug / von Hunger / und Mattigkeit / verschmachtet. Und hielt man in gemein davor / daß / seyt Gallas wieder auff Teutschen Boden kommen / Ihm / von dem Volck / so Er noch mit zurück gebracht / und bey sich herümb im Quartier bißher gehalten / zwey drittheil / durch Pest / und Hunger / gestorben. Die Hunde worden von unbegrabenen / und gefressenen Todten / wütend. Den ersten Junii dieses 56. Jahrs hat Hertzog Bernhard von Sachsen die Schantz ob Zabern / ohn einiges Manns verlust: überstossen. Darauff belägerten Er / und der Cardinal de la Valette, die Stadt Elsaß-Zabern selbsten / damit es dann ernstlich daher gegangen / und ward Ihme / dem Hertzogen / der zweite Finger / oder Zeiger an der lincken Hand / weggeschossen / und Er / durch eine Kugel / an ein Bein gesträifft. Under andern vornehmen Leuthen blieb da / im stürmen / den 9. Junii, Graff Jacob Johann von Hanau. Als man den 15. dieses / wieder stürmete / haben die Belägerten die eusserste Stadt verlassen / und sich in die innere begeben; gleichwol im abweichen / die meiste Häuser in Brand gesteckt / und in die Asche gelegt. Dessen ungeacht / logirte der Hertzog in den Steinhauffen / und galt es nunmehr den übrigen zweyen Städten. Der Obrist Wurmbrand / (Frey-Herr) hat / wegen eines Truncks / mit seinen Officirern zu Straßburg / die Convoy versaumbt / und ist den 18. Junii, als Er hieher ins Läger vor Zabern gewolt / am Kochersberg / von den Croaten gefangen worden: der Feld-Marschall Hebron aber / als Er die Werck zu besehen herümb gegangen / ward den 28. Junii, auß Zabern / durch ein Mußqueten-Schuß / in den Halß getroffen / daß Er ein paar Stunden hernach sein Leben beschlossen hat. Der Viconte von Touraine ward auch an einem Arm / aber ohne sondern Schaden / verletzet. Endlich ward diese Stadt Zabern / sampt dem obgedachten Schloß Hohen-Barr / den 5. 15. Julii, vom Hertzog Bernharden / und den Frantzosen / mit Accord erobert.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Überflüssiges Komma entfernt.
  2. WS: Im Original Reichshofeu
  3. WS: Im Original uud