CLIV. Jericho Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Vierter Band (1837) von Joseph Meyer
CLV. Thun am Thuner See
CLVI. Boston, das Rathhaus
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THUN am THUNER SEE
in der Schweiz

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CLV. Thun am Thuner See.




Das freundliche Städtchen Thun, vier Stunden südöstlich von Bern, am Ende des Sees, dem es den Namen gab, hat eine äußerst reizende Lage, welche die Bewunderung aller Reisenden ist. Es bildet den Mittelpunkt einer der reichsten und schönsten Schweizerlandschaften, über welche die Natur ihr Füllhorn ohne Maas ausgoß.

[38] Mit der Natur steht das Aussehn und der Charakter der Einwohner in Einklang. Zierliche Fülle der Formen und blühende Gesundheit sind ihre allgemeine Ausstattung, und Offenheit, Freundlichkeit und Zuvorkommenheit wird man selten an ihnen vermissen. Dieses und die geringe Entfernung Thuns von den Berner Hochalpen, machen es zu einem Lieblings-Sammelplatz von Reisenden aus allen Völkern, die von hier aus ihren Ausflug nehmen in die romantischen Bergthäler und zu den Wundern der Gletscher.

Eine Fahrt auf dem Thuner See ist allein schon die Herreise werth. An Größe der fünfte der Schweizer Wasserbecken, weicht er an Schönheit der Ansichten keinem. Selbst Byron gestand: eine genügende Beschreibung seiner Szenerien sey eine Unmöglichkeit. Bald ergötzt sich der Blick an dem blendenden Zauberglanze der Hochalpen in ihrer ganzen Majestät; bald an den waldbewachsenen Mittelgebirgen, mit ihren Matten, Sennenhütten und Heerden, den Bildern der stillen, heitern, idyllischen Natur. Hier ragen Ruinen von alten Ritterschlössern und Wallfahrtskapellen von Felsen und Anhöhen; dort ruht das Auge auf freundlichen Dörfern, umkränzt von Rebengärten und den Hainen hoher Kastanien- und Wallnußbäume. – Die Ruderer sind, nach hiesiger Sitte, keine Männer; sondern schmucke, flinke, kraftvolle, hochgeschürzte Dirnen, die den Schlag der Ruder mit harmonischem Gesang nationaler Weisen begleiten. – Diese Rudermädchen, deren gewöhnlich viere zusammen einen Gesellschaftsnachen führen, sind meistens sehr hübsche Geschöpfe, und nicht selten trifft man Schönheiten unter ihnen, welche man vollendet nennen kann. Die Freigebigkeit der Reisenden verlockt sie zu diesem Gewerbe, das allerdings seine zweideutige Seite hat. Sie verlassen es aber gemeiniglich wieder, sobald sie sich ein kleines Vermögen zu ihrer Mitgift gesammelt haben, und kehren, unschuldiger nicht, doch wohlhabender, in die Berge zurück.