Thalia/Erster Band/Zuschrift
[WS: Biblotheksstempel]
Unvergeßlich bleibt mir der Abend, wo Eure Herzogliche Durchlaucht Sich gnädigst herabließen, dem unvollkommenen Versuch meiner dramatischen Muse, diesem ersten Akt des Dom Karlos, einige unschäzbare Augenblicke zu schenken, Theilnehmer der Gefühle zu werden, in die ich [IV] mich wagte, Richter eines Gemähldes zu seyn, das ich von Ihresgleichen zu unterwerfen mir erlaubte. Damals, gnädigster Herr, stand es noch allzu tief unter der Vollkommenheit, die es haben sollte, vor einem fürstlichen Kenner aufgestellt zu werden – ein Wink Ihres gnädigsten [V] Beifalls; einige Blicke Ihres Geistes, Ihrer Empfindung, die ich verstanden zu haben mir schmeichelte, haben mich angefeuert es der Vollendung näher zu bringen. Sollten Sie, Durchlauchtigster Herzog, den Beifall, den Sie ihm damals schenkten, auch jezt nicht zurücknehmen, [VI] so habe ich Muth genug, für die Ewigkeit zu arbeiten.
Wie theuer ist mir zugleich der jezige Augenblick, wo ich es laut und öffentlich sagen darf, daß Karl August der edelste von Deutschlands Fürsten, und der gefühlvolle Freund [VII] der Musen, jezt auch der meinige seyn will, daß Er mir erlaubt hat, Ihm anzugehören, daß ich Denjenigen, den ich schon lange als den edelsten Menschen schäzte, als meinen Fürsten jezt auch lieben darf.
[VIII] Ich ersterbe mit unbegränzter Verehrung
Eurer Hochfürstl. Durchl.
Mannheim,
den 14ten des Lenzmonats
1785.