Die lebende Mauer Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Die Ilmnixe
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402.
Weimars Name.

Eine der ältesten Städte Thüringens ist Weimar; sie soll bereits im zehnten Jahrhundert bestanden haben, und schon Kaiser Heinrich der Finkler habe mit seinem Sohne Otto I. dort zeitweilig Hof gehalten, namentlich hielt Kaiser Otto I. im Jahre 936 daselbst einen Reichstag. Wie bei vielen Städten, so haben auch bei Weimar früher die Gelehrten über die Wurzelform des Stadtnamens vielen unnützen Streit erhoben, und aus haltlosen Vermuthungen Schlüsse gedrechselt. Der schönste dieser Schlüsse ist der, daß der Stadtname von Wein herkomme, nicht etwa, weil man in Weimar Wein gebaut, sondern weil man dort keinen Wein gebaut, vielmehr weil der Wein von Jena dorthin zu Markte gebracht worden sei, was doch traurig für die gute Stadt gewesen wäre. Die Stadt heißt aber in den ältesten Urkunden Wimar, und erst im 14. Jahrhundert kommt die Schreibart Wyemer vor, die für den jenaischen Wein nichts beweist, wenigstens nicht mehr, als wenn man, weil sich auch die Schreibart Wehemar findet, annehmen wollte, dieser Name stamme von irgend einem großen Wehe her, das einst der Stadt widerfahren. Manche wollen die ebenfalls begegnende Schreibart Winnemar aufs Gerathewohl „windische Mark“ deuten, was eben so gesucht und eben so wenig zusagend ist, wie der erwähnte Wein. Alte Lobredner Weimars rühmen unter vielen andern rühmenswerthen dortigen Dingen die Weimarische Luft, gleichsam mit für die Nachwelt prophetischen Worten, sie sei heilsam, gütig, temperirt, gesund, und diene „zur Formirung der ingeniorum“. – Schade nur, daß von Lob und Luft allein die bestformirten [275] ingenia weder in Weimar, noch anderswo leben können, und Schade auch, daß die poetische Namensableitung der Poetenstadt nicht stichhaltig geblieben.