Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Holzweibel beklagt sein Männchen
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Holzweibel beklagt sein Männchen.
Mein Großvater, erzählte ein junger Bursche aus Wilhelmsdorf, saß an einem sehr dunkeln Winterabende mit den Seinen um den Tisch, als plötzlich die Thüre auffuhr und ein Holzweibel mit Geheul und Geschrei hereintrat, und jämmerlich die Hände rang, indem es schmerzvoll ausrief: Huhu, der wilde Jäger! huhu, hat mein Männel erschossen! Huhu! – Alle erschracken, doch der Hausvater fragte: Und warum denn, was hat’s denn gethan? Da seid Ihr Schuld daran! erwiederte weinend das Holzweibel: Ihr habt heute wieder ein Bäumchen auf den Stamm gedriebt,[1] da muß allemal eines von uns sterben: Huhu! Thuts nicht wieder! Um Gotteswillen nicht, huhu! Und da ging das Weibel in der Stube [192] herum und mußte ihm jedes die Hand darauf geben, nicht wieder Bäumchen zu drieben. Als dies geschehen war, gab die Hausfrau dem Holzweibel einen Teller voll Sauerkraut und ein Stück Brod, das nahm es und kroch damit hinter den Ofen, aß und schluchzte aber immer dabei. Es blieb auch die Nacht über hinter dem Ofen sitzen, am frühen Morgen, als die Familie wieder in die Stube kam, war es aber über alle Berge.
- ↑ Drieben heißt in der Volkssprache des Voigtlandes ein Bäumchen so lange umdrehen, bis Rinde und Bast sich vom Stamme lösen.