Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Gespenstige Jäger und Sockreiter

Die Wasserminnen Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Der Wässermann
{{{ANMERKUNG}}}
  Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
[38]
174.
Gespenstige Jäger und Bockreiter.

Schleusingen und seine Umgegend sind so reich an örtlichen Sagen, daß mit solchen allein ein Buch zu füllen wäre; von Schätzen, Schatzgräbern, Popanzen, Jesuitern, Todtenerscheinungen, Feuermännern, Gespenstern, spukenden Thieren, vom Teufel, Hexen und Hexenmeistern wäre viel zu sagen. Nordöstlich der Stadt, im Schleusinger-Neundorfer Forste, liegt der Silbacher Berg, an dessen Südseite, nach dem Dorfe Hinternahe zu, ein Fleck, welcher die Wilke heißt (vom mittelhochdeutschen Worte Wilge: Weide). Dort geht ein gespenstiger Weidmann um, der von vielen gesehen worden ist; er durchwandert sein Jagdrevier, stets von einem Hunde begleitet, bis herunter in die Gegend des Gutes Rindermannshof, und läßt fleißig seinen Jagdruf „Ho ho!“ ertönen, gleich dem „Hoihoimann“ im Wertinger Moor.[1]

In dieser Gegend hebt auch der Einfirst seinen ziemlich verrufenen Gipfel; eine Wallfahrtkapelle hat vormals droben gestanden; über ihm zieht die wilde Jagd hin, man hört ihr Getöse in den umliegenden Dörfern. Ebenso am Einsiedlerberge und von da nach Eisfeld zu. [39] Dort herum liegt eine Schleifmühle! der Tellerhammer, und südlich derselben, westlich von Heubach, ein Bergwald, „die Leite" genannt, der wegen seiner Ungeheuerlichkeit von Alt und Jung gefürchtet ist. Wer des Nachts oder selbst am Tage dorthin kommt, ist seines Lebens nicht sicher, denn es ist dort ein Geist hingebannt, der in Jägertracht auf einem Bocke reitet, und schrecklich brüllt, der die Wanderer schreckt und nach Befinden umbringt. Einmal fuhr ein Büttner in Begleitung seiner Frau einen Schiebkarren voll Büttnerwaaren durch die Leite, der hörte von weitem den Bockreiter brüllen, wußte aber nicht, was es war, und ließ sich beigehen, das Geschrei nachzuahmen. Alsbald sauste das Gespenst daher und brach ihm das Genick. Mit Todesschrecken sah es die Frau und eilte, von Grausen erfüllt, nach Hause, und verkündete das geschehene und gesehene.

  1. D. S. B. 964.