Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Das freundliche Licht

Der Pestmann zu Schleiz Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Der Teufelskanzelstuhl
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[149]
280.
Das freundliche Licht.

Die Straße don Schleiz nach Pösneck führt nicht weit von dem Schleiz ganz nahen Torfe Görkwitz an einem Sumpfe vorüber. Dort ließ sich in früherer Zeit ein Licht sehen, das einer Laterne glich, und den des Nachts vorüber gehenden oder fahrenden Leuten durch Erleuchtung des damals noch sehr schlechten Weges sich gefällig erzeigte. Einst kam ein Fuhrmann diese Straße und warf bei jener sumpfigen Stelle seinen Wagen um. In der großen Dunkelheit war er nicht im Stande, ihn wieder aufzurichten, und stand eben im Begriffe, nach Neundorf umzukehren, um sich von dort her Licht zu holen, als er eine Laterne gewahrte, die auf ihn zueilte. Bei diesem Anblick hielt der Fuhrmann für rathsam, bei dem Geschirre zu bleiben. Nicht lange, so war das Licht hinter seinem Wagen angelangt, wo es stille hielt. Verwundert über solche Dienstfertigkeit, sah er nach, wer es sei, der diese Laterne für ihn so zeitgerecht herbeibringe. Zu seinem großen Erstaunen erblickte er aber ein Licht, das in keine Laterne eingeschlossen war, auch von niemand gehalten wurde, sondern frei in der Luft schwebte. So überrascht er dadurch war, hub er doch bei des Lichtes Scheine den Wagen in die Höhe, richtete das Fuhrwerk in der Eile zum Weiterfahren her, und sagte hierauf dem wunderlichen Lichte für geleistete Hilfe seinen Dank. Kaum hatte jedoch der Mann das Wort Dank ausgesprochen, so erwiederte das Licht mit sanfter, klangvoller Stimme:

„Hab Du Dank für Deinen Dank;
„Nun bin ich erlöset sonder Wank!“

[150] Mit diesen Worten erhub sich das Licht in die Luft. Der Fuhrmann sah mit an, wie es aufwärts bis in die Wolken schwebte, wo es vor seinem Blicke verschwand, Seit jener Zeit ist das freundliche Licht nie wieder gesehen worden.