Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Das Gottesfeld
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Das Gottesfeld.
Drei Stunden von Schleusingen in der Richtung nach Suhl zu hebt der Adlersberg seinen breiten, kahlen und unfruchtbaren Gipfel. An ihm liegt das Gottesfeld, eine verrufene Stätte, über welche auch im heißesten Sommer die Luft kalt hinstreicht. Eine Stadt lag einst auf dieser aussichtreichen Höhe, reich und schön, und beherrschte rings das Land. Aber die Tugend und die Gottesfurcht wohnten nicht in ihr, und ihre Einwohner waren gottlos und lasterhaft, und forderten durch Missethaten aller Art die Strafe des Himmels so lange heraus, bis er sie traf. Die Stadt versank mit allen ihren Bewohnern, und das Feld, das der Zorn Gottes getroffen, wurde ein großes, weites Grab. Einst wühlte ein wildes Schwein auf dem Berge, und ein Hirte fand an dem Orte, wo dasselbe gewühlt, das Oehr einer großen Glocke dem Boden entragen, warf etwas auf sie, und grub sie dann vollends aus. Darauf wurde die Glocke nach Schleusingen gebracht, und [36] dort geläutet. Aber ihr Ton war schauerlich, und beim drittenmale Läuten zersprang sie. Darauf wurde sie umgegossen, allein es war derselbe Schall, wie der vorherige; es klang immer ohrzerreißend: Sau aus! Sau aus! und dann zersprang die Glocke abermals. Noch zweimal goß man die Glocke um, aber der Ton war und blieb derselbe, worauf man, da man sie zu Gottes Ehre nicht läuten konnte, sie bestimmte, blos als Sturm- und Feuerglocke geläutet zu werden.
Nicht weit vom Gottesfeld steht ein dritter Fels, welcher der rothe Stein heißt, häufig aber auch der Schlüsselheinze-Stein, an welchem es nicht geheuer ist. Ein Reiter ohne Kopf läßt dort sich blicken, der einst sammt seinem Roß von der Spitze des hohen Porphyrfelsens hinab stürzte, und sich den Kopf abfiel.