Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Burg Hermannstein
← Ilmenau | Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band von Ludwig Bechstein |
Das Ritterschwert → |
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext. |
Burg Hermannstein.
Am nordwestlichen Hange des Kickelhahn, oberhalb Ilmenau, erhebt sich über dem Manebacher Thale ein gewaltiger Felsblock von festem Porphyr, der Hermannstein oder im Munde des Volkes der Hammerstein genannt. [289] Von diesem Felsblock geht die Sage, daß darauf vor Zeiten eine Burg gestanden habe, vielleicht war es auch nur eine burgähnliche Warte. In Urkunden geschieht dieser Burg keine Erwähnung. Der Fels selbst hat unstreitig einen runden Thurm getragen, von dem sich noch Spuren zeigen. In der Mitte der Höhe des Felsens findet man einen Eingang, wie in den Thürmen sehr alter Burgen, dieser Eingang heißt der Keller; von ihm aus gelangt man durch eine senkrecht ausgehauene Höhlung auf die oberste Platte des Felsens. Rings um denselben liegen in wilder Unordnung ungeheure Massen gut ausgehauener Steine, die aber fast sämmtlich mit fußhoher Dammerde überdeckt sind, in welcher Gras und Vergißmeinnicht Wurzel gefaßt haben. Gräbt man in die Tiefe, so finden sich häufig Scherben von gewölbten Ziegelsteinen und von irdenen Gefäßen; auch ein Hufeisen und eine Kinnkette fanden sich, Spuren ehemaliger Bewohnung genug. Gegenwärtig umstehen den Hermannstein so riesige Fichten, daß derselbe von keiner Seite aus der Ferne sichtbar ist, und von dem Unbewanderten nur schwer aufgefunden wird. Die allgemeine Sage berichtet von dem Hermannstein, es habe einst eine Straße durch das unten liegende Manebacher (Ilm-)Thal geführt, die über Stützerbach und das neue Werk hinaus einen Theil Frankens mit Thüringen verbunden. Solche günstige Gelegenheit benutzend, erbaute ein Ritter, Namens Hermann, auf dem Hammerstein eine Raubburg, und plünderte die das Thal durchziehende Kaufleute. Endlich fand sich der Bischof von Erfurt bewogen dieses Raubnest zu belagern und nach tapferer Gegenwehr zu zerstören. Manche meinen, und vielleicht mit Recht, der Hermannstein habe nur eine [290] Warte und Vorhut des Raubschlosses Ilmenau gebildet. Wiewohl auf dem ganzen Thüringer Walde Furcht vor Räubern nicht zu finden ist, so erzählt man sich doch in Manebach, daß es dort noch heut nicht geheuer sei. Räuber hausen mitunter da oben am Hammersteine, und oft werden Holzhauer von dorther durch gräßliches Getöse erschreckt.