TBHB 1946-04-07
Einführung
Der Artikel TBHB 1946-04-07 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 7. April 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
[1] Gestern war Frau v. Achenbach bei Martha in der Absicht, mich zu überreden, daß ich hier im Ort eine Ortsgruppe des Kulturbundes gründen möchte. Es soll sich darum handeln, daß Ahrenshoop als Erholungsort für bildende Künstler ausersehen sein soll u. dazu sei notwendig, daß hier eine Ortsgruppe des Kulturbundes besteht. Frau v. A. hat gesagt, daß ihr Mann heute hierher käme u. mit mir die Angelegenheit besprechen wolle. Martha hat aber sehr abgewinkt mit dem Hinweis auf meine Erkrankung. Außerdem hat sie bezweifelt, daß Herr v. A. zu mir kommen würde, doch soll Frau v. A. dem heftig widersprochen haben. Tatsächlich soll ja heute im Kurhause auch eine Werbe-Veranstaltung des Kulturbundes stattfinden. Herr v. A. ist aber heute Vormittag zweimal mit seiner Frau an meinem Hause vorbeigekommen, ohne hereingekommen zu sein. Ich hätte ihn auch unter keinen Umständen empfangen. Ich weiß nicht, was dieser Mensch will. Er boykottiert mich in beleidigender Weise, – u. nun soll ich ihm helfen. Ich denke garnicht daran. –
Gesundheitlich mache ich weiter langsame Fortschritte, – aber sehr langsam.
Erst gestern bekam ich den Tagesspiegel mit dem Ergebnis der Abstimmung über die Vereinigung von KPD u. SPD. Die Sabotage dieser Abstimmung, die versucht worden war, hat offenbar die Unterstützung durch die Russen gefunden, denn im russischen Sektor Berlins konnte die Abstimmung nicht stattfinden, angeblich, weil sie zu spät in der russ. Kommandantur angemeldet worden war. So wurde nur im englischen, amerikanischen u. französischen Sektor abgestimmt, wo sich 82% der Stimmberechtigten gegen die Vereinigung ausgesprochen haben. Dieses Ergebnis wird zwar sicher noch verfälscht werden u. die Vereinigung wird trotzdem stattfinden; aber das Abstimmungsergebnis bleibt doch eine Tatsache, die durch nichts abgeleugnet werden kann. –
Unsere russ. Besatzung im Hause Monheim ist gestern abgezogen u. man will wissen, daß keine neue Besatzung herkommt. Aber das ist schon oft gesagt worden.
Ueber die sog. Werbe-Veranstaltung des Kulturbundes im Kurhause ist übrigens nirgends etwas zu erfahren, auch am Schwarzen Brett ist nichts angeschlagen. Die ganze Geschichte scheint eine Schaumschlägerei zu sein.
Es ist nun ein neuer Lehrer im Orte eingetroffen, ein Herr Fischer, wie man sagt, aus Ostpreußen, ein Mann [2] von etwa 42 Jahren. Damit ist nun der gute Deutschmann vorerst einmal erledigt. Morgen früh fängt nun endlich der Schulunterricht wieder an.