TBHB 1946-01-09
Einführung
Der Artikel TBHB 1946-01-09 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 9. Januar 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
[1] Brief Nr. 5 von Fritz, der nichts Neues enthält. Ausführlicher Brief von Otto Wendt, der uns schreibt, er sei Vorsitzender der christl-demokrat.-Partei in Hamburg. Ich habe ihm gleich geantwortet u. gewarnt.
Die Landschaft mit den zwei Erlenbäumen wurde gestern fertig. Es ist ein sehr schönes Bild geworden, das [2] mir große Freude macht. Heute habe ich das neue Bild angefangen, die Fortführung des „Melchisedeks“, aber diesmal ganz als Vision.
Von Landrat in Rostock erhielt ich vor einigen Tagen endlich Die Bestätigung, daß ich von den Geschäften des Bürgermeisters frei sei.
Im Monheim'schen Hause sind nun doch wieder neue Russen. Diese Plage hört nicht auf, aber in Wahrheit merkt man wenig von ihnen.
Der engl. Sender gibt bekannt, daß am 1. Mai die Friedensverhandlungen beginnen sollen, vermutlich in Paris. Damit hätte denn also der Krieg sieben Jahre gedauert. In London tritt heute die erste beratende Versammlung der Vereinten Nationen zusammen.
Nachdem die Sozialdemokraten im amerikanisch besetzten Gebiet den von Berlin betriebenen Zusammenschluß der SPD. u. der K.P.D. bereits vor einigen Tagen für sich abgelehnt haben, haben nun auch die Sozialdemokraten im englisch besetzten Gebiet dasselbe getan. In Berlin dagegen ist dieser Zusammenschluß Tatsache, – was die Mitglieder dazu freilich sagen, erfährt man nicht. Es ist das ein prächtiges Beispiel für die Demokratie in der russischen Zone, es wird genau wie bei Hitler einfach befohlen u. die Mitglieder haben zu gehorchen. „Führer befiehl, wir folgen“.
Ich habe neuerdings das unheimliche Gefühl, als wäre meine angebliche Blinddarm-Entzündung damals doch eine Fehl-Diagnose von Dr. Lasch gewesen. Es mag ja gern sein, daß der Blinddarm etwas entzündet gewesen ist, doch war ich damals schon nicht sehr überzeugt von der Diagnose. Ich glaube, daß die großen Schmerzen, die ich so urplötzlich bekam, doch von Nierensteinen herrührten u. daß diese Sache eben mit der Operation durchaus nicht behoben ist. Zuweilen, z.B. gestern Abend, fühle ich in derselben Gegend wie damals etwas, als ob da was nicht in Ordnung wäre. Ich würde mich nicht wundern, wenn sich diese Sache wiederholen würde, was dann freilich ein großes Kreuz wäre. Es mag schon sein, daß mir Gott dergleichen zugedacht hat zur Sühne.