TBHB 1945-05-20
Einführung
Der Artikel TBHB 1945-05-20 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 20. Mai 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über eine Seite.
Tagebuchauszüge
[1] Unsere Andacht war heute wieder stark besucht, auch von Protestanten. Es war sehr schön u. erhebend, zum Schluß sangen wir mit Begeisterung „Lobt froh den Herrn“. – Gleich nach Ende der Andacht hieß es, daß das „Haus am Meer“ brenne. In diesem Hause wohnen die schlimmsten Flüchtlinge aus Stettin, richtiges Hafen=Proletariat, von denen es heißt, daß sie in vielen Fällen die Russen zum Plündern aufgehetzt haben, die selbst das Kaffee Namenlos ausgeplündert u. demoliert haben u. die auch bei der Plünderung von Reichert-Saatmann vorwiegend beteiligt waren. Nun geht zum Schluß noch das Haus in Flammen auf, was ja zum Pfingstfest ganz passend ist. Die Leute haben das Feuer des Hl. Geistes nicht aufgenommen, so brennt das Haus nieder.
Paul sagte mir gestern, daß es allgemeine Ansicht sei, daß sich lt. Wehrmachtsbefehl Nr. 1. jeder melden müsse, der noch nicht genau 60 Jahre alt sei. So ging ich denn auch hin, mich registrieren zu lassen. – Heute Nachm. müssen die Rundfunk-Geräte abgegeben werden. Paul meint, daß dieselben nur in der Gemeinde aufgehoben werden u. man sie später zurückbekäme. Wir werden also unsere Apparate auch abgeben, da ein Verbergen derselben uns selbst zu unsicher machen würde.
Das Feuerhorn tutet draußen, es sind aber genug Leute dort, sodaß es nicht nötig ist, auch noch hinzugehen.
Die Nacht scheint wieder ruhig gewesen zu sein, es ist zu hoffen, daß langsam eine Beruhigung eintritt.