Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1945-05-18
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Entstehungsdatum: 1945
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Originaltitel: Freitag, 18. Mai 1945.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 18. Mai 1945
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Einführung

Der Artikel TBHB 1945-05-18 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 18. Mai 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über drei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Freitag, 18. Mai 1945.     

[1]      Gestern gegen 6 Uhr hatten wir ein Gewitter mit ungewöhnlich starkem Wolkenbruch. Die schmalen Wege zwischen den Beeten des Gartens standen im Nu randvoll von Wasser. Am Vormittag hatte ich Tomaten gepflanzt, dieser Regen ist den jungen Pflanzen sehr gut bekommen

     Vorher war Gretel Neumann bei Martha gewesen. Sie war sehr deprimiert, da die Russen das ganze Kurhaus ausgeräubert haben. Sie waren vorgestern mit 15 Wagen dort, haben alle Matratzen u. Betten herausgeholt, aus der Küche fast sämtliche Kochtöpfe gestohlen u. die Lebensmittel-Vorräte teils mitgenommen, teils vernichtet. Gestern waren sie nochmals mit 2 Wagen da u. haben noch die restlichen Stühle u. dergl. abgeholt. Wie ich höre, sollen sie es im Charlottenhof ähnlich gemacht haben. Gretel Neumann selbst ist bisher noch nichts passiert, aber ihre Kusine soll nun schon zum zweiten Male vergewaltigt worden sein. –

     Es sind gestern einige Abteilungen der Russen abgezogen, aber es sind noch genug hier geblieben, um uns weiterhin zu peinigen. Immerhin sieht man nicht mehr so viele Soldaten. [2] Von Prerow hört man ebenfalls schlimme Sachen. Es gibt dort kein Brot. Die Flüchtlinge dort sollen bis zum 21. Mai den Ort verlassen haben. Da die Russen sie aber nicht nach Barth durchlassen, – warum, ist unerfindlich, müssen sie alle hier durch nach Ribnitz. Man sieht da furchtbare Elendszüge. Auch bei uns gehen einige Flüchtlinge fort. Es erleichtert das natürlich unsere Ernährungslage. Man sagt, daß ein notdürftiger Zugverkehr bis Stralsund u. Greifswald bestünde, darüber hinaus ist nichts bekannt.

     Heute morgen scheint nun ja das Lastauto losgefahren zu sein, um Lebensmittel zu holen. Man kann gespannt sein, ob es Erfolg haben wird.

     Bei Küntzels scheint die Nervenspannung sehr ernst zuzunehmen. Grete benimmt sich höchst unzulänglich. Sie hat die Manie, sich für die Familie aufzuopfern; aber sie tut das nicht still u. demütig, sondern laut u. immerfort klagend, sodaß sie Paul damit belastet u. auch uns lästig fällt. In diesem Geiste hat sie von je her ihre Töchter, besonders Erika, dazu erzogen, nichts zu tun u. alle Arbeit ihr selbst zu überlassen u. dann klagt sie, was sie zu tun hat u. ist mißgünstig auf alle, die ihre Ruhe bewahren. Es ist recht schwer, mit ihr zu leben. Sobald es angeht, werde ich zuerst Erika an die Luft setzen u. dann müssen Küntzels sehen, eine andere Wohnung zu bekommen. Es wird ja, sobald die Verhältnisse wieder etwas normaler werden, genug Wohnraum hier geben. Paul möchte gern hier bleiben u. er könnte gut das Siegertsche Haus mieten; aber ich glaube, daß Grete zu einer Rückkehr nach Berlin drängen wird.

     Woher das Gerücht kam, daß Schweden Rußland den Krieg erklärt haben soll, habe ich noch nicht ermitteln können. Es scheint daran kein wahres Wort zu sein.

     2 Uhr nachm. Gretel Neumann u. Bachmann waren da. Beide sehr deprimiert. Gretel hat morgen Geburtstag u. sie baten uns nachmittags 4 Uhr zum Kaffee zu kommen. – Spangenberg brachte uns Erbsen. Am Vormittag waren nicht weniger als 18 Mann bei ihm, um nach Sachen zu suchen, die sie gebrauchen können.

     Es stellt sich nun heraus, daß gestern eine Abteilung Russen aus Althagen abgerückt ist, dafür sind aber neue 200 Mann gekommen. Viele Einwohner sind aus ihren Häusern hinausgejagt worden u. es wohnen die Russen darin. Heute Vormittag haben sie bei uns in der Herm. Göringstraße Betten aus den Privathäusern geholt. Trude ist heute nicht gekommen, es war ihr vielleicht zu unsicher. Von Vergewaltigungen hat man in dieser letzten Nacht nichts gehört, aber dafür räubern sie um so mehr Lebensmittel. Es wird eine entsetzliche Hungersnot geben.

     Ich hielt Herrn + Frau Lieber, die bei König wohnen, vor dem Hause an. Er war Soldat u. ist hier geblieben, seine Frau ist Italienerin. Er ist Ingenieur u. lebte bis zum Kriege in Norditalien. Er besitzt einen Akku. Er hat gehört, daß die Russen die Insel Bornholm besetzt hätten, die dänisch ist. Sonst hat es nichts Neues gegeben. Es ist z. Zt. in Deutschland nur der Admiral Dönitz da, mit dem die Alliierten verhandeln, d.h. Dönitz hat nur die Aufgabe, die Befehle u. Anordnungen der alliierten Militärbehörden entgegenzunehmen. Im übrigen denken die Alliierten garnicht daran, in Deutschland eine provisor. Regierung einzusetzten, sie wollen höchstens mit der Zeit eine deutsche Verwaltung ernennen.

     Die Spannung zwischen Anglo-Amerika u. Rußland [3] hält weiterhin an, aber es besteht die Absicht, Ende dieses Monats eine neue Konferenz zwischen Churchill, dem amerikan. Präsidenten u. Stalin stattfinden zu lassen. Davon, daß die Russen unsere Gegend räumen werden, ist nun keine Rede mehr.