Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1945-05-02
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Entstehungsdatum: 1945
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Originaltitel: Mittwoch, 2 Mai 1945.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 2. Mai 1945
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Einführung

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Der Artikel TBHB 1945-05-02 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 2. Mai 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

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[1]
Mittwoch, 2 Mai 1945.     

[1]      9 Uhr Morgens. Der gestrige Abend verlief noch etwas dramatisch. Der Zug der flüchtenden Truppen aus dem Darss wurde gekrönt durch einen im Leichenzugtempo daherkommenden Zug der Strafgefangenen, die in Born untergebracht waren unter SS-Bewachung. Voraus fuhr ein hoch getürmter, verdeckter Wagen mit zwei kleinen, weißen Panje-Pferden. Oben auf dem Verdeck saß neben dem Kutscher ein Mensch mit blau-weiß gestreiftem Sträflingsanzug u. spielte sehr gut auf einer Ziehharmonika. Dann kamen die Sträflinge, alle in derselben Sträflingskleidung, den Beschluß machten SS-Leute als Bewachung, die ebenso gemein aussahen wie die Sträflinge selbst.

     Gegen 8 Uhr kam Regina Treffer sehr aufgeregt u. berichtete, daß alle Soldaten entlassen seien u. daß um 9 Uhr die Batterie gesprengt werden würde. Das war gewiß sehr erregend, denn wenn sich das bewahrheitet hätte, wären die Dörfer Alt= u. Niehagen u. Ahrenshoop zusammengestürzt. Zum Glück kam Mehlis auch noch u. sagte, daß nur die Geschütze unbrauchbar gemacht würden, die Munition würde nicht gesprengt. Allerdings wußte er es auch nicht genau, er hatte nur den Oberfeldwebel gefragt u. der hatte gesagt, er glaube nicht, daß die Munition gesprengt werden würde. Verrückterweise hatte nämlich die Batterie grade gestern neue Munition erhalten.

     Einesteils war diese Nachricht ja gut, weil dann eben nicht geschossen würde, andererseits konnte die Sprengung auch allerhand Unglück anrichten. Ich ging vorsichtshalber zu den Nachbarn u. sagte, daß alle Fenster geöffnet werden sollten. Inzwischen kamen drei Marine-Helferinnen vom Hause Monheim u. baten flehentlich um Unterkunft. Sie hatten Angst, alle 12 Helferinnen im Monheimschen Hause zu bleiben, weil der Russe ja dann sofort merken würde, daß sie Marine-Helferinnen waren. Nun wollten sie gern unauffällig untertauchen. Wir schickten sie zunächst zurück, da der Russe kaum in dieser Nacht ankommen würde u. bestellten sie für heute Morgen. –

     Inzwischen kamen viele der Autos der SS wieder zurück. Sie waren nur bis Ribnitz gekommen, der Russe war bereits im Anmarsch. Ein höherer SS-Offizier war arg zugerichtet. Es wurde erzählt, daß er in Ribnitz angeordnet hätte, Panzersperren zu errichten u. Ribnitz zu verteidigen, aber er habe von der Bevölkerung furchtbare Prügel bezogen.

     Um 1/2 9 Uhr hörte man dann die ersten Detonnationen von der Batterie her, wo sie anfingen, die Geschütze zu zerstören. Die Detonnationen waren nicht stärker als gewöhnliches Uebungsschießen. Da dann nichts weiter erfolgte, schloß ich um 1/2 10 Uhr wieder die Fenster. Martha u. ich saßen mit Paul im Seezimmer, als es einen starken Lichtschein gab u. darauf eine Detonnation, daß unser ganzes Haus schwankte wie ein Schiff. Dennoch waren nirgends Fensterscheiben kaputt gegangen. Am Himmel stand eine riesige schwarze Rauchsäule. Ich ging mit Martha runter, um zu sehen, ob auch an der BuStu. nichts passiert sei. Es war hier eine Schaufensterscheibe rechts neben dem Eingang kaputt gegangen, sonst war alles in Ordnung. Als wir noch dort standen gab es eine zweite Explosion von nicht minderer Heftigkeit, die der [2] Scheibe den letzten Rest gab, sonst aber auch keinen neuen Schaden anrichtete. –

     Das ganze Dorf war natürlich auf der Straße. Ich ging noch zur Dühne, um durch das Glas den Brand des Göring'schen Jagdhauses im Darss zu beobachten, der sich bedrohlich ausgedehnt hatte. Während der Nacht ist er dann aber doch erloschen, da es etwas zu regnen anfing u. das Holz überhaupt feucht war vom Regen der letzten Tage. – Der Brandt'sche Treck kam im Laufe des Abends auch wieder zurück.

     Ich legte mich schließlich halb angezogen schlafen. Man hörte noch lange Detonnationen bis nach Kiel hin u. immer noch Autos, aber sonst ereignete sich nichts mehr. Leider gab es aber auch keinen Strom mehr. Die letzten Nachrichten hatten wir gestern früh zwischen 4 – 6 Uhr, seitdem war es mit dem Strom aus.

Heute früh um 7 Uhr hieß es, daß Russ. Panzer kämen. Bei Reichert-Saatmann stand bereits eine lange Schlange, die sich sofort eiligst verflüchtete. Es kamen dann wieder die drei Helferinnen aus dem Monheimschen Hause, die wir zunächst in der BuStu unterbrachten. Inzwischen hat Martha sie wieder los werden können, da Ilse Schuster-König sich bereit erklärte, sie aufzunehmen. Regina Treffer kam ebenfalls mit einer Kollegin, beide brachten wir im kleinen Hause in der Schneiderei unter. Dann kam Mehlis, dem wir die Kammer im Dach anboten, dazu bekam er den blauen Anzug von mir, den ich bisher noch immer als Sonntagsanzug getragen habe u. abgelegt habe, seitdem ich den neuen Anzug von Frau Mazurek bekam. Mehlis erzählte, daß ein russ. Panzer-Spähwagen in der Nacht bei der Batterie vorgefahren sei u. sich sehr höflich erkundigt hätte, was los sei. Nachdem man ihm gesagt hatte, daß die Batterie gesprengt worden sei, hat er höflich gedankt u. ist wieder Richtung Ribnitz zurückgefahren.

     Die Bevölkerung hat in der Nacht die Essenvorräte der Batterie geplündert. Es soll dabei toll zugegangen sein.

11 Uhr Vorm. Frau Margot Seeberg war hier um mich zu bewegen, mit Herrn Dr. Ziel zusammen den Bürgermstr. Gräff abzusetzen u. die Geschäfte zu übernehmen. Zufällig kam Herr Ziel dazu. Ich hatte die Sache sofort abgelehnt u. Ziel tat dasselbe. So war diese Unterredung nur kurz. Frau Seeberg versuchte, uns noch zu überreden, aber wir sagten beide, daß wir garnicht daran dächten, unaufgefordert irgendetwas derartiges zu tun. Es wäre auch völlig sinnlos, denn Ziel wie ich sind in den Augen der Russen auch nur Bourgois. Der Bürgermeister soll von sich aus sehen, wie er mit den Russen fertig wird, – u. die Russen selbst können dann ja sagen, was sie wollen, – es läßt sich dann immer noch darüber reden. Vor der Hand werde ich mich hüten, auch nur das Allergeringste zu unternehmen, u. wenn etwas Derartiges an mich herantreten sollte, werde ich auch dann nur im äußersten Falle mich zur Verfügung stellen, also nur in dem Falle, wenn ich damit den ganzen Ort vor einer ernsten Gefahr retten kann.

     Sehr freute es mich, daß Ziel fragte, ob heute Abend der Vortrag stattfinden würde. Ich bejahte es, falls nicht höhere Gewalt den Vortrag verhindern sollte.

     Die Russen sind über Ribnitz nach Rostock weiter[1] vorgedrungen, vorläufig interessieren sie sich offenbar garnicht für uns.

     Frau Seeberg war über Nacht in Müggenburg, wo es elektr. Strom gab. Sie hat den hamb. Sender gehört, der bekannt gegeben haben soll, daß Hitler tot sei.


  1. später stellte sich heraus, daß die Russen von Rostock her in Ribnitz einmarschiert sind.