Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1945-01-27
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Entstehungsdatum: 1945
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Originaltitel: Sonnabend, 27. Januar 1945.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 27. Januar 1945
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Einführung

Der Artikel TBHB 1945-01-27 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 27. Januar 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Sonnabend, 27. Januar 1945.     

[1]      Die Russen haben nun das Haff zwischen Königsberg u. Danzig erreicht u. damit den Rest Ostpreußens abgeschnitten. Auch nach Westen sind sie weiter gekommen u. stehen nun nördlich u. südlich Posens. Offenbar wollen sie diese Stadt flankieren, um sie vor Zerstörung zu bewahren. Dasselbe machen sie wohl auch mit Breslau. – Bei all dem ist das Erstaunlichste, daß der letzte Widerstand in Budapest immer noch nicht gebrochen ist u. von unserer Seite schon vor einigen Tagen die Wiedereroberung von Stuhlweissenburg gemeldet wurde. Man scheint mehr Kraft aufzuwenden, Budapest zu halten, als Berlin zu verteidigen. Die Front ist jetzt von Berlin u. Stettin nur noch 200 km. entfernt. Die Leute sind sehr aufgeregt. Unsere Propaganda hat uns seit Jahren mit so furchtbaren Geschichten über die blutgierige Grausamkeit der Russen unterhalten, daß jetzt eine panikartige Angst herrscht. – Auch im Westen sind schwere Kämpfe im Gange, aber die Erfolge der Anglo-Amerikaner sind nur gering. Immerhin scheint Rundstedt bei seinem Rückzug aus den Ardennen sehr schwere Verluste an Menschen u. Material gehabt zu haben u. diese werden sich wahrscheinlich eines Tages auswirken u. zu plötzlichen Ereignissen führen. [2] Gestern Abend bei Frau Longard. Als wir hingingen, schneite es schon stark bei Ostwind, als wir uns um 3/4 12 Uhr auf den Heimweg machten, war der Weg so tief verschneit, daß der Marsch sehr anstrengend war. Wir waren erst um 1/2 1 Uhr zuhause. Es war aber sehr nett wieder, wie immer. Sie setzte uns einen „Seehund“ vor, das ist ein Getränk zur Hälfte aus heißem Zuckerwasser, zur anderen Hälfte aus Weißwein, – sehr bekömmlich u. erwärmend. In Kaiserslautern hat die Stiftskirche, neben der die Apotheke liegt, einen Volltreffer einer Sprengbombe bekommen u. der Kirchturm ist auf die Apotheke gestürzt. Er hat das Haus bis unten hin durchschlagen, nur die Kellergewölbe haben den Ruck ausgehalten. – Sie erzählte wieder ungemein anschaulich aus den ersten Jahren ihrer Ehe in Kaiserslautern u. von ihrer Mädchenzeit in Rostock. Diese Frau stellt einen letzten Rest eines längst vergangenen soliden Bürgertums dar, welches noch nicht oder nur sehr wenig berührt worden ist von dem neuzeitlichen Scheindasein solcher Bürgerkreise, wie ich sie in meiner Jugend leider erleben mußte. Rostock war damals eben auch noch eine kleine Stadt ohne die aufgeblähte Kriegsindustrie, mit welcher Adolf Hitler diese Stadt beglückt hat. Aber nun ist auch diese alte Frau ängstlich geworden u. ich mußte ihr den Gedanken ausreden, daß die Russen uns allesamt ermorden würden. –

     Heute morgen mußte ich wieder Schnee schippen, dabei sah ich Rolf Saatmann, der heute früh aus dem Lazarett Müritz=Graal herüber gekommen war. Er sah sehr mager aus, machte aber sonst einen recht guten Eindruck. Besonders der linke Arm schien noch recht lahm zu sein, aber er meinte, daß das wohl noch in Ordnung käme.

     Von Fritz haben wir seit dem 18.1. keine Nachricht mehr. Diese war datiert vom 6. u. 7.1. – Allerdings bekamen wir ja am 20.1. noch zwei Briefe, aber diese waren längst überfällig vom 12.12. u. 27.12.44. Seit dieser Zeit haben in der Gegend von Kolmar schwere Kämpfe stattgefunden, – wir machen uns natürlich Sorge. Auch von Kurt hat Martha nichts gehört. Sein Urlaub lief am 12.1. ab, an diesem Tage begann die große Russenoffensive. Er dürfte wohl kaum seine Einheit erreicht haben u. wird wahrscheinlich mit anderen Urlaubern, Troß=Soldaten usw. in irgend eine, schnell zusammengeraffte Einsatzreserve gesteckt worden sein. Anneliese hat vor einigen Tagen mit Martha telephoniert. Sie meinte, daß sie notfalls mit ihrem Kinde hierher kommen würde, – u. nun fiel es ihr auch zum ersten Male ein, einen Gruß an mich zu bestellen. Von Ruth haben wir ebenfalls lange keine Nachricht mehr, Marthas letzter Brief an sie konnte wegen der Briefsperre nicht mehr abgehen.