Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1945-01-23
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Entstehungsdatum: 1945
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Originaltitel: Dienstag, 23 Januar 1945.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 23. Januar 1945
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Einführung

Der Artikel TBHB 1945-01-23 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 23. Januar 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über eine Seite.

Tagebuchauszüge

[1]
Dienstag, 23 Januar 1945.     

[1]      Ueber Nacht u. heute früh ist viel Schnee gefallen, bei Südwest. Ganzen Vormittag Schnee geschaufelt. Es schneit immer noch jetzt zur Mittags Zeit.

     Die Russen haben Insterburg genommen, ferner Deutsch-Eglau u. Allenstein u. Tannenberg. So müssen sie ja auch Ortelsburg haben, die Heimat unserer Evakuierten. In Nordpolen haben sie Gnesen genommen, dort stehen sie nun dicht vor Thorn u. auch vor Posen. In das oberschles. Industrierevier haben wir vermutlich alles, was noch ein Gewehr tragen kann, vor allem Rüstungs= u. Bergarbeiter, hineingeworfen, sodaß die Russen dort zunächst aufgehalten sind, aber das kann wohl kaum von Dauer sein. Bei der Schnelligkeit dieses Vormarsches ist natürlich die normale Artillerie nicht mitgekommen, selbst Infantrie wird fehlen. In einigen Tagen wird das alles nachgekommen sein. Wir müssen bei dieser Sache ja ungeheure Materialeinbußen an Geschützen, Panzern u. allen Fahrzeugen gehabt haben, ebenso an Munition, Treibstoff, Proviant usw., u. es wird sich zeigen, wie weit wir diese Verluste ausgleichen können. Vor allem Treibstoff fehlt, da die Anglo-Amerikaner schon seit längerer Zeit u. in den letzten Wochen besonders verstärkt, unsere Treibstoff-Industrie angegriffen u. zerstört haben. Vor allem wird nun die ganze oberschles. Treibstoff-Industrie ausfallen u. wir hatten während des Krieges diese ganze Fabrikation nach Oberschlesien verlegt, um sie vor Luftangriffen zu schützen. Heute morgen traf ich Frau Ribinski, die ich nach ihrem Mann fragte, welcher ja in Tschenstochau in einem Rüstungsbetriebe arbeitet. Er baut die Radioausrüstung in die Panzer ein. Die Frau sagt, ihr Mann habe den letzten Brief am 12. Jan. geschrieben, in diesem Brief habe er aber noch kein Wort von der Russen-Offensive geschrieben.

     Die Einstellung des Briefverkehrs in Deutschland scheint sich zu bewahrheiten, aber bis jetzt ist amtlich auf der Post noch nichts darüber bekannt. Nur Postkarten können dann geschrieben werden.

     Gestern versuchte ich vergeblich, Herrn Deutschmann aufzusuchen, um ihm mitzuteilen, daß ich den Kindern der Frau Sommerhof, des Kapitänleutnants Dr. Krappmann u. der Frau v. Achenbach Religionsunterricht geben würde. Ich traf ihn nicht an u. sagte seiner Frau, er möge doch heute zu mir kommen. Er kam, während ich Schnee schaufelte. – Zuerst tat er etwas beleidigt u. er sagte, er müsse dann der Schulbehörde Mitteilung davon machen. Ich erwiderte ihm, daß er das ruhig tun solle, ich würde trotzdem den Unterricht geben, da ich vom Bischof von Berlin durch den Pfarrer in Barth schriftlich dazu ermächtigt sei u. die Eltern der Kinder mich darum gebeten hätten. Er dachte daraufhin etwas nach u. meinte dann: „Ach, wissen Sie, – ich weiß von nichts!“ – Ich antwortete ihm lachend, daß ich das auch für das Richtigste hielte, u. damit war die Sache dann erledigt. Es war interessant zu sehen, wie dieser Mann feige kniff u. sich aus der Verantwortung zog. –

     Jetzt ist Mittag u. das Schneetreiben hat wieder verstärkt eingesetzt. Es ist schon wieder alles zugeschneit, was ich freigeschaufelt hatte.