Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1944-08-04
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Entstehungsdatum: 1944
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Originaltitel: Freitag, 4. August 1944.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 4. August 1944
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Einführung

Der Artikel TBHB 1944-08-04 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 4. August 1944. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über drei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Freitag, 4. August 1944.     

[1]      Die Amerikaner finden offensichtlich bei ihrem Vormarsch durch die Bretagne nach Süden so gut wie keinen Widerstand. Es ist ein Spaziergang. Was sie dort an deutschen Truppen treffen, werden Formationen sein wie die, bei der Fritz ist, minderwertige Soldaten, minderwertige Offiziere, die wohl grade noch gegen Banden zu gebrauchen sind, aber nicht zum Kampf. Es scheint in der Tat so zu sein, daß die meisten dieser Soldaten sich kampflos ergeben, d.h. einfach überlaufen. Auf diese Weise stehen die Amerikaner heute schon dicht vor St. Nazaire u. haben damit die ganze Halbinsel praktisch abgeschlossen. Rommel wird sich nun entschließen müssen, ob es es wagen darf, seinen rechten Flügel zu schwächen u. Truppen zum linken Flügel zu verschieben. Er wird es wohl tun müssen, obgleich er damit dem linken Flügel kaum noch nutzen wird, dagegen aber seinen rechten Flügel gefährdet.

     In Litauen scheinen die Russen ihren Vormarsch auf Tilsit zu konzentrieren u. nicht auf Königsberg, wie es anfangs aussah. Gelingt ihnen der Durchstoß nach Tilsit, dann haben sie diese ganze Armeegruppe Lindemann in zwei Kesseln eingekesselt, der eine nördlich Riga bis zum finnischen Meerbusen, der andere südlich davon bis Tilsit. – In Polen haben sie die Weichsel in breiter Front südlich Warschau überschritten, in Warschau selbst ist ein Aufstand ausgebrochen u. es scheint, daß die Aufständischen, die militärisch geführt werden, gute Erfolge haben. So wird sich Warschau nicht halten können. Uebrigens bestätigt sich, daß der Oberbefehlshaber Nord, Feldmarschall (oder Generaloberst?) Lindemann flüchtig ist u. daß Generaloberst Schörner, der bisher die Armeegruppe [2] in Rumänien befehligte, die Nordgruppe übernommen hat. Er soll ein treuer Nazi sein, aber damit ist es heute auch nicht mehr getan.

     In Italien scheint Florenz unmittelbar vor dem Fall zu stehen.

     Heute Nachmittag gegen 2 Uhr Fliegeralarm, Entwarnung erst gegen 4 Uhr. Es kamen überaus zahlreiche Fliegerverbände über uns hinweg. Der Angriff soll Flensburg, Kiel, Rostock u. wieder Peenemünde gegolten haben, Näheres habe ich noch nicht gehört.

     Nachmittags Herr u. Frau Dr. Jaeger, sahen sich meine Bilder an. Herr Dr. J., ist unter die Maler gegangen. Er zeigte mir Fotos einiger seiner Bilder. Das reifste war ein Bildnis von Schmidt-Rotloff, der in Chemnitz lebt, seit er in Bln. ausgebombt ist, ferner sehr gut das Bildnis zweier Negermädchen, tragischer Gesichtsausdruck. Dr. J. gab mir ein Gedicht von Gottfried Keller aus dem Jahre 1844, eine seltsame Prophezeiung Adolf Hitlers u. seiner Leute. Es lautet:

Ein Ungeziefer ruht
In Staub und trocknem Schlamme
Verborgen, wie die Flamme
In leichter Asche tut.
Ein Regen, Windeshauch
Erweckt das schlimme Leben,
Und aus dem Nichts erheben
Sich Seuchen, Glut und Rauch.

Aus dunkler Höhle fährt
Ein Schächer, um zu schweifen;
Nach Beuteln möcht' er greifen
Und findet bessern Wert:
Er findet einen Streit
Um nichts, ein irres Wissen,
Ein Banner, das zerrissen,
Ein Volk in Blödigkeit.

Er findet, wo er geht,
Die Leere dürft’ger Zeiten;
Da kann er schamlos schreiten;
Nun wird er ein Prophet.
Auf einen Kehricht stellt
Er seine Schelmenfüße
Und zischelt seine Grüße
In die verblüffte Welt.

Gehüllt in Niedertracht
Gleichwie in einer Wolke,
Ein Lügner vor dem Volke,
Ragt bald er groß an Macht
Mit seiner Helfer Zahl,
Die hoch und niedrig stehend,
Sich bieten seiner Wahl.

Sie teilen aus sein Wort,
Wie einst die Gottesboten
Getan mit den fünf Broten,
Das klecket fort und fort!
Erst log allein der Hund,
Nun lügen ihrer tausend;

[3]

Und wie ein Sturm erbrausend,
So wuchert jetzt sein Pfund.

Hoch schießt empor die Saat,
Verwandelt sind die Lande,
Die Menge lebt in Schande
Und lacht der Schofeltat!
Jetzt hat sich auch erwahrt,
Was erstlich war erfunden:
Die Guten sind verschwunden,
Die Schlechten stehn geschart.

Wenn einstmals diese Not
Lang wie ein Eis gebrochen,
Dann wird davon gesprochen,
Wie von dem schwarzen Tod;
Und einen Strohmann baun
Die Kinder auf der Heide,
Zu brennen Lust aus Leide
Und Licht aus altem Graun.