Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1944-06-04
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Entstehungsdatum: 1944
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Originaltitel: Sonntag, 4. Juni 1944.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 4. Juni 1944
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Einführung

Der Artikel TBHB 1944-06-04 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 4. Juni 1944. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über drei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Sonntag, 4. Juni 1944.     

[1]      Wie so oft, ist in Italien ein plötzlicher Zusammenbruch unserer Verteidigung erfolgt. Gestern noch hieß es, daß wir starke Stellungen im Albanergebirge südlich Rom verteidigten, heute stehen die Alliierten bereits vor Rom. Es scheint, als wären wir im vollen Rückzuge, ohne Rom noch verteidigen zu wollen. Gott sei gedankt, daß diese Stadt wenigstens dem Schicksal zu entgehen scheint, Kampfplatz zu werden. Offenbar hat die gegnerische Luftwaffe in den letzten Wochen alle Zufahrtswege zur Front so gründlich zerstört, daß ein Nachschub nicht mehr möglich war, sodaß der Zusammenbruch plötzlich eintrat. Auch die von den Alliierten wirksam unterstützten Partisanenverbände hinter unserer Front haben das ihrige dazu getan. Sicher wird Kesselring versuchen, weiter im Norden, wohl etwa [2] in der Gegend von Florenz, nochmals eine Verteidigung aufzurichten, doch ist mit einem Gelingen kaum zu rechnen. Der Rückzug dorthin wird überaus verlustreich sein, da alle Straßen unter dem Angriff der alliierten Bomber offen liegen u. die schweren Waffen kaum zurückgeschafft werden können. Aber auch an der Jugoslawischen Grenze, wie auch an der französischen Grenze scheinen starke Partisanenbewegungen in Gang gekommen zu sein, die sich einerseits mit den Truppen des Marschall's Tito, andererseits mit der franz. Maquisbewegung verbinden, sodaß die ganze Verbindung nach Deutschland schwer gefährdet ist. Ueberdies werden die Alliierten dort Fallschirmtruppen landen u. wahrscheinlich auch vom Meere her neue Landungen unternehmen, sodaß der Zusammenbruch bis zu den Alpen hin unvermeidlich sein wird. Wir werden dabei sicher 20 Divisionen u. das ganze Kriegsmaterial verlieren. Man kann gespannt sein, wie Herr Goebbels diese Katastrophe als Vorteil für uns auslegen wird. –

     Dazu kommt, daß die Amerikaner jetzt neuerdings Stützpunkte für ihre schweren Bomber in Rußland eingerichtet haben, sodaß nun auch der ganze Osten unter deren Wirkungsbereich liegen wird, nicht nur Königsberg, Danzig, Gdingen, das Oberschlesische Industrierevier usw, sondern vor allem die Eisenbahnverbindungen durch Polen u. die Oelquellen von Ploesti, die zwar auch schon bisher angegriffen worden sind, die aber nun mit ungleich stärkeren Bomben angegriffen werden können. Da in den letzten Wochen schon unsere Industrie für synthetischen Treibstoff schwer mitgenommen worden sind durch amerikan. Bomber, so würde der Ausfall von Ploesti eine neue Katastrophe bedeuten. Damit rückt nun der Augenblick näher, wo der gesamte Zusammenbruch erfolgen muß, der dann genau so rasch kommen wird wie jetzt in Italien. –

     Von Fritz heute zwei Briefe vom Pfingstsonntag u. Montag. Er hat sich nun durchgebissen u. macht tapfer mit, was getan werden muß. Ich habe ihm gleich ausführlich geantwortet.

     Zur Andacht heute am Dreifaltigkeits-Sonntag nur Grete u. Frau Smith. Diese kam am Nachmittag mit ihrer Freundin zum Kaffee zu uns. Die Freundin ist nicht sehr sympatisch. Beide berichteten über Frau Krappmann, die sich wirklich sehr schlecht zu benehmen scheint. Schade.

     Abends mit Martha Ina Seidl: Brömseshof, gelesen. Meisterhaftes Buch.

     Mittags im Kurhaus, trafen Herrn + Frau Söhlke. Herr S. erzählte mir, wie er kürzlich im Zuge einen Fliegerangriff mitmachen mußte. Er hat unter dem Zuge gelegen u. sich gerettet, aber neben ihm wurde ein Kind durch Kopfschuß getötet, eine Frau erhielt einen Bauchschuß. Andere Leute wollten sich retten, indem sie davonliefen, doch flogen die Amerikaner hinterher u. schossen die Leute ab wie Hasen. Dergleichen ist wirklich empörend.

     Der hl. Vater hat eine Rede im Kardinalskollegium gehalten. Er geißelte diejenigen, welche den Krieg dadurch künstlich verlängern, daß sie drohen, im Falle ihres Sieges ihren Gegner völlig zu vernichten, sodaß diese in ihrer Verzweiflung weiter kämpfen. Es ist nicht klar, wen er damit meint. Es gibt unter unseren Gegnern viele, die gern von unserer völligen Vernichtung sprechen u. schreiben, doch sind das immer nur Journalisten oder Privatleute, offizielle Regierungsleute haben dergleichen m. W. noch nie gesagt, wenngleich unsere Propaganda auch nicht müde wird, dergleichen zu behaupten. Aber eben diese Propaganda behauptet es u. erfüllt damit das Volk mit [3] Schrecken u. Furcht bis zur Verzweiflung. Es ist also wahrscheinlich, daß der hl. Vater diese Propagandisten gemeint hat. Er erkannte weiterhin an, daß in letzter Zeit Bombenangriffe auf Rom nicht mehr vorgekommen seien, wie es früher geschah u. er hoffe, daß Rom das Schicksal erspart bliebe, Kampfplatz zu werden. Auch das scheint sich wohl zu erfüllen.

     Wenn die Alliierten jetzt auf der Höhe sind u. scharf nachstoßen, d.h. wenn sie an der französisch-italienischen Grenze stärkere Verbände von Fallschirmtruppen landen, dann werden sie uns zwingen, Verstärkungen nach Südfrankreich zu bringen, denn zusammen mit der Maqui-Bewegung in Südfrankreich wird das eine ungeheure Bedrohung bedeuten. Diese Verstärkungen können aber nur aus Frankreich selbst genommen werden, was eine Schwächung am Atlantik bedeuten muß. Das ist dann endlich der Augenblick für die Invasion. – Fritz schreibt übrigend, daß in Frankreich keiner mehr an die Invasion glaubt. Solche Leute gibt es auch bei uns in Deutschland, – aber man wird sich wundern!