Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1944-05-07
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Entstehungsdatum: 1944
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Originaltitel: Sonntag, 7. Mai 1944.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 7. Mai 1944
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Einführung

Der Artikel TBHB 1944-05-07 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 7. Mai 1944. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Sonntag, 7. Mai 1944.     

[1]      Es ist immer noch sehr kalt, viel Regen, wir heizen täglich. Trotz des milden Winters haben wir in diesem Jahre mehr Kohlen verbraucht, als in strengen Wintern.

     Vorgestern u. gestern die Bu. Stu. dekoriert. Das von Paul eingerichtete Warenlager macht sich angenehm bemerkbar. Er gibt die Ware heraus nach der Uebersicht, die er hat u. ich richte mich beim Dekorieren danach. Das Verfahren ist so sehr vereinfacht.

     Während unserer heutigen Andacht flog ein Flugzeug über uns weg u. unsere lächerliche Sirene ertönte; aber es war bezeichnend, daß niemand die Sirene hörte, außer mir selbst. –

     Sonst sind wir in dieser Woche in Deutschland von Fliegern ziemlich unbehelligt geblieben, dafür waren sie um so stärker über Frankreich u. Belgien, auch in Rumänien. Die Spannung wegen der Invasion hält unvermindert an u. ist nur schwer zu ertragen. Herr Goebbels schreibt frohlockende Artikel im Reich, in denen er die Niederlage der Invasoren als absolut sicher hinstellt u. damit den Zusammenbruch der Entente kommen sieht. – Wir werden sehen! – Im Westen ist nun Urlaubssperre, womit die Hoffnungen von Fritz, zu Pfingsten bei uns sein zu können, vernichtet sind.

     Nachmittags waren Küntzels bei uns, weil es in ihrem Hause bei dem eisigen Nordwind nicht auszuhalten war.

[2]      Um 1/2 7 Uhr Abends ging das Telephon. Ich war zufällig unten, es wurde von Regensburg angerufen. Ich rief gleich Martha herunter, da hörte ich aber schon Ruth's Stimme: „Oha, Hartmuth ist krank – u. er wird nicht mehr.“ – Ich war wie vom Schlage getroffen. Ich gab Martha den Hörer u. sagte ihr, daß Hartmuth krank sei. Er hat gestern nachmittag gegen 5 Uhr eine tuberkulöse Gehirnentzündung bekommen u. zur Zeit, als Ruth anrief, lebte er zwar noch, doch war keine Hoffnung einer Rettung. Ruth meinte, daß er vielleicht noch zwei Stunden zu leben haben würde. Er war da schon nicht mehr bei Bewußtsein. Sie war natürlich in furchtbarer Verzweiflung. Martha war rührend am Telephon, selbst von tiefstem Schmerz erschüttert, tröstete sie doch ihre Tochter mehr durch den Ton ihrer Stimme, als mit Worten. Schlimm ist, daß Erich nicht zu Hause ist, er ist dienstlich in Straßburg u. Ruth konnte ihn bis dahin auf keine Weise erreichen. – Martha ist sehr erschüttert, – wir beteten lange gemeinsam vor ihrem Altar. Um 1/2 10 Uhr versuchten wir, ein Blitzgespräch nach Regensburg durchzubekommen, doch gelang es nicht, weil alle Leitungen über Berlin für die Wehrmacht gesperrt sind. Wir werden es morgen früh noch einmal versuchen, doch scheint das hoffnungslos zu sein. – Gottes Wille geschehe! – Und ich möchte glauben, daß es gut ist, daß Gott diesen zarten u. noch reinen Jungen jetzt schon zu sich genommen hat, denn er war immer eine Quelle von Sorgen u. Angst. Er war ungewöhnlich begabt, zeichnete erstaunlich gut, aber er war unfähig zur Konzentration u. zeigte einen besorgniserregenden Mangel in der Fähigkeit, Gefahren abzuschätzen. Daraus ergab sich der Anschein großen Mutes, den er besonders im vorigen Jahre beim Baden zeigte. Für die Kälte des Wassers schien er fast unempfindlich zu sein u. obgleich er noch nichts vom Schwimmen verstand, tauchte er im Wasser u. schoß Purzelbäume, sodaß alle Menschen über den Schneid dieses Jungen verwundert waren. In Wirklichkeit bestand dieser Schneid aber nur in der Unkenntnis der Gefahr. Aus dieser Unkenntnis hing er sich auch hinten an ein Auto, als dieses losfuhr u. als es dann schneller fuhr, konnte er nicht loslassen, ohne zu fallen. Als er schließlich doch loslassen mußte, fiel er natürlich hin u. da hinter diesem Auto ein zweites Auto kam, hätte das recht gefährlich werden können. Auch war er viel bei Spangenberg im Stall u. kroch den Pferden zwischen den Beinen durch. Nach den Ferien, wieder in Regensburg, kam er dann zur Schule. Auf dem Wege dorthin hängte er sich eines Tages wieder an eine Elektrische, fiel dabei hin u. schlug sich einen Zahn aus. So machte er immerfort dumme Streiche u. man kam aus der Angst nicht heraus. Ehe er aber im vorigen Jahre hierher kam, war er in Stuttgart bei seiner anderen Großmutter gewesen u. hat dort einen garnicht sehr heftigen Luftangriff mitgemacht, bei dem einige Brände ausgebrochen waren. Als nun im Sommer hier die Batterie ihr Uebungsschießen machte, wurde er blaß u. fing an zu Zittern vor Angst. Das eine Mal wußte er eben nichts von der Gefahr u. er unterschätzte sie, das andere Mal überschätzte er sie u. er war kaum zu beruhigen. – Ruth schrieb uns stets sehr anschaulich von ihm, klagte aber, daß sie nur schwer oder garnicht mit ihm fertig würde. Ich sagte zu Martha, daß ich den Jungen gern hernehmen möchte um ihn zurecht zu biegen, denn er liebte mich u. gehorchte mir stets aufs Wort; nun sehe ich, wie gut es war, daß daraus nichts geworden ist, denn wenn er hier gestorben wäre, wäre das ja ganz schrecklich gewesen. Gott wird nun seine kleine, reine Kinderseele zu sich nehmen.