Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1943-03-07
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Entstehungsdatum: 1943
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Originaltitel: Sonntag, 7. März 1943.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 7. März 1943
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Einführung

Der Artikel TBHB 1943-03-07 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 7. März 1943. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge

[1]
Sonntag, 7. März 1943.     

[1]      Endlich ist Martha so weit, daß sie mit mir zusammen wieder einmal frühstücken konnte. Es war unser feierliches u. genußreiches Sonntags=Frühstück mit einem Ei für jeden (dank der Güte von Evi Schönherr) u. Schinken (dank Fritzens Fürsorge), dazu frisch aufgeröstete Brötchen u. Bohnenkaffee, dieser ebenfalls von Fritz. Nachher lasen wir gemeinsam die Messe des heutigen Sonntages Quinquagesima, am Tische sitzend, denn mehr konnte sich M. noch nicht zumuten. –

     Am Südteil der Ostfront scheint die verbesserte Lage weiter anzuhalten, die Russen kommen nicht weiter, haben sogar im Raum Isjum-Kramatorsk zurückweichen müssen. In der Mitte im Raume von Rschew räumen wir dagegen weiter u. gehen zurück. Es braucht das aber keine Gefahr zu sein, solange die Russen nicht in Richtung Pleskau weiter kommen, u. unsere Front scheint hier zu halten. Unsere sonstige Rückwärtsbewegung bedeutet eine Frontverkürzung, die Stärkung bedeutet.

     In der Marineleitung sind sehr einschneidende Aenderungen vorgenommen. Auf Vorschlag von Generaladmiral Dönitz sind fünf oder sechs Großadmirale u. höchste Kommandoführer entlassen worden. Ich kann mir diese Maßnahme nur damit erklären, daß Dönitz, der ja in seiner neuen Stellung als Höchstkommandierender der ganzen Marine das Kommando der U=Boote beibehalten hat, die Absicht hat, alle Schlachtschiffe u. Kreuzer stillzulegen, um Mannschaften u. Offiziere, auf U=Boote umzuschulen. Dieser Gedanke ist wohl richtig, denn was tun wir schon mit unseren paar Schlachtschiffen u. Kreuzern. Bei einem Angriff der Engländer auf Nord=Norwegen, der nun wohl bald zu erwarten ist, werden diese Schiffe in kürzester Zeit so wie so erledigt sein, u. mit ihnen die Besatzungen, während diese auf U=Booten nützlicher verwendet werden können. Aber andererseits erkennt man daran auch, daß man nicht mehr weiß, wo man die Besatzungen für neue U=Boote hernehmen soll. Man kann daraus schließen, daß unsere Verluste in dieser Waffe, die ja niemals bekannt gegeben werden, recht beträchtlich sein müssen, sodaß der normale Ersatz aus jungen Mannschaften nicht mehr ausreicht. Man muß also bereits vom Kapital leben, weil Reserven nicht mehr genügend vorhanden sind.

     Inzwischen hat Finnland begonnen, ein recht unsicherer Faktor zu werden. Der Präsident Ryti ist zwar in Neuwahl wieder gewählt worden, fast einstimmig, aber es ist ihm dann schwer geworden, eine neue Regierung zu bilden. In letzter Zeit haben Regierungsmitglieder mehrfach Reden gehalten, in denen gesagt wurde, daß der Friede mit Rußland eine rein finnische Frage sei, d.h. also, daß die Finnen bereit seien, Frieden zu schließen auch ohne uns, wenn Rußland bereit sei, annehmbare Friedensbedingungen zu stellen. Es scheint, als wollten sie einen Separatfrieden machen, ehe die Engländer [2] ihre Offensive in Nord=Norwegen starten. Die Türken dagegen verstärken offensichtlich ihre neutrale Stellung u. es macht den Eindruck, als wollten sie sich damit gegen einen Einmarsch der 9. u. 10. englischen Armee, die jetzt beschäftigungslos in Irak, Iran u. Syrien stehen, wehren. Es fragt sich bloß, wie lange sie das können, man hat ja zu oft im Laufe dieses Krieges erlebt, wie so etwas gemacht wird. –

     Essen ist wieder einmal schwer bombardiert worden. Es vergeht kaum eine Nacht, in der die Engländer nicht irgendwo Bomben werfen. Bis Ende Oktober haben wir noch rund 150 Nächte vor uns, in dieser Zeit läßt sich allerhand kaputt schmeißen.

     Von einer Firma bekamen wir 6 Dtz. Lippenstifte geliefert mit der Auflage, dieselben vorwiegend an die Arbeiterbevölkerung zu verkaufen u. sie deshalb nur Freitags u. Sonnabends auszulegen. Das sagt viel! Von einer Schmuckfirma bekamen wir eine Anfrage über unseren Kundenkreis, da sie nur noch liefern dürfe, wenn folgende Käufer in folgender Reihenfolge für den Wiederverkauf in Frage kämen: 1) Wehrmachtsangehörige u. Verwundete. – 2). „Mutter u. Kind“, so weit diese in Heimen untergebracht sind, – 3) Bombengeschädigte. Nun, – es dürfte bald keine Deutschen mehr geben, die nicht Bombengeschädigt sind. – Elektrische Glühbirnen werden nicht mehr verkauft, jede Familie darf nur eine Birne haben.