St. Gallus im Harmersbacher Thal

Textdaten
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Autor: Unbekannt
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Titel: St. Gallus im Harmersbacher Thal
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 487–488
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Originaltitel:
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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[487]
St. Gallus im Harmersbacher Thal.

Vor Alters, als das Harmersbacher Thal noch eine Wildniß war, wohnte darin der heilige Gallus als Einsiedler. Seine Hütte stand an einem Brunnen und nächst einer Dornhecke, aus welcher manchmal ein wunderschöner Gesang ertönte. Eines Tages kam zu dem Heiligen ein Bär dahergehinkt und hielt ihm mit Stöhnen seine Tatze hin, worin ein großer Dorn steckte. Gallus zog ihn geschickt heraus und nun führte ihn das dankbare Thier zu einem Felsen, wo er eine Menge wilden Honigs fand; auch wich es nicht mehr von seiner Seite, trug ihm Holz herbei und verrichtete sonstige häusliche Dienste[1].

Als der Andrang der Leute zu dem Heiligen zu sehr überhand nahm, zog er sich eine Stunde weiter in das Thal zurück, an den Ort, wo jetzt die ihm geweihte Pfarrkirche von Oberharmersbach steht. Aber auch hier entging er dem Zulaufe der frommen Menge nicht, weßhalb er sich mit seinem Bären in die [488] Schweiz begab, wo er nachmals das Kloster St. Gallen gründete. Ungeachtet seiner Entfernung pilgerten die Leute noch immer in das Thal zu seinen verlassenen Hütten, und als auch sie den Gesang aus dem Dornbusche hörten, suchten sie daselbst nach und fanden ein hölzernes Muttergottesbild mit dem Jesuskindlein im Arme. Dort erbauten sie nun eine Kapelle, und nachher ließ sich der Gesang nicht wieder vernehmen. Statt der Kapelle steht jetzt auf dem Platze die Wallfahrtskirche „Maria zur Kette“, und außen über ihrer Hauptthüre das hölzerne Madonnabild. Bei demselben haben schon Manche Hülfe gefunden, auch werden durch das Wasser des Brunnens verschiedene Leibesübel, besonders Augenleiden, vertrieben.

(Siehe Mone’s „Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit.“ Jahrg. 1839.)

  1. Einerseits scheint dieser Zug der Legende vom heiligen Hieronymus nachgebildet, der ebenso einen Löwen heilte, anderseits ist es bemerkenswerth, daß der Bär das Wappenbild des Klosters St. Gallen war, von welchem auch die Städte St. Gallen und Appenzell den Bären in ihre Wappen aufnahmen. Diese Sage von Gallus und dem Bären scheint daher auch in der Schweiz bekannt gewesen.
    Mone.