Spruner-Menke Handatlas 1880 Karte 44

Textdaten
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Autor: Theodor Menke, Karl Spruner von Merz u. A.
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Titel: Deutschland zur Zeit des 30jährigen Krieges 1618–1648
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aus: Hand-Atlas für die Geschichte des Mittelalters und der neueren Zeit
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Auflage: 3. Auflage
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Erscheinungsdatum: 1880
Verlag: Justus Perthes
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Erscheinungsort: Gotha
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Deutschland. No. XIV. Deutschland zur Zeit des dreissigjährigen Krieges, 1618-1648. Mst. 1 : 3 700 000. – Nebenkarten: 1) Das Rheinthal von Breisach bis Coblenz, 1618-1648. Mst. 1 : 1 850 000. 2) Thüringen im Anfange des XVII. Jahrhunderts. Mst. 1 : 1 850 000. 3) Plan der Schlacht am Weissen Berg bei Prag, 8. Nov. 1620. 4) Schlachtfeld bei Wimpfen, 6. Mai 1622. 5) Magdeburg, 1630 und 1631. 6) Schlacht bei Breitenfeld, 7. Sept. 1631. 7) Schlacht bei Lützen, 6. Nov. 1632. 8) Nördlingen, 6. Sept. 1634. 9) Wittstock, 24. Sept. 1636. 10) Breitenfeld, 2. Nov. 1642, – sämmtliche Nebenkarten von No. 3–10 im Maassstab 1 : 185 000. 11) Schlachtfeld bei Freiburg, 4., 5. und 7. August 1644. Mst. 1 : 50 000. 12) Schlachtfeld bei Jankau, 6. März 1645. Von B. Hassenstein.

Von den territorialen Veränderungen, aus welchen sich während des 16. Jahrhunderts bis zum Beginn des dreissigjährigen Krieges der Besitzstand innerhalb Deutschlands herausgebildet hatte, sind folgende als die wichtigsten hervorzuheben.

Die grösste Veränderung war an der westlichen Grenze eingetreten; hier waren die schönsten Theile vom Mutterlande abgerissen worden, die gesammten Burgundischen Provinzen waren an die Spanische Linie des Hauses Habsburg und somit aus dem engeren Reichsverband gekommen; von ihnen aber hatten die sieben nördlichen Provinzen: Holland, Seeland, Utrecht, Geldern, Friesland, Groningen und Oberyssel nach langen Kämpfen (1566–1609) sich losgerissen und 1581 die Republik der Vereinigten Niederlande gebildet.

Die drei wichtigen Lothringischen Bisthümer Metz (nebst der ehemaligen Reichsstadt), Toul und Verdun waren 1552 an Frankreich gekommen, wogegen die 1571 Lothringen zugestandene volle Landeshoheit über Bar nur geringen und stets zweifelhaften Ersatz bot.

In Westfalen waren die von 1511 bis 1609 in Einer Linie vereinigten Lande von Jülich, Berg, Cleve, Mark und Ravensberg nach Erlöschen derselben Gegenstand eines langen über die Zeit des dreissigjährigen Krieges hinaus dauernden Streites zwischen Brandenburg und Pfalz-Neuburg geworden. – Die untere und obere Grafschaft Hoya war nach Aussterben ihrer Grafen (1503, 1543), und die Grafschaft Diepholz 1585 an das Haus Braunschweig-Lüneburg gekommen.

In Niedersachsen war das Fürstenthum Göttingen 1495 an Kalenberg, die Grafschaft Blankenburg, nachdem 1579 das dortige Grafengeschlecht ausgestorben, an Wolfenbüttel gefallen. Die Mecklenburgischen Lande waren 1611 (1621) aufs Neue in die beiden Herzogthümer Schwerin und GüstrowRostock blieb beiden Linien gemeinschaftlich –, sowie Schleswig und Holstein zwischen der königlich Dänischen und herzoglich Gottorpischen Linie getheilt worden. – Die Landgrafen von Hessen-Cassel waren seit 1571 in Besitz der Herrschaft Plesse.

Im Obersächsischen Kreis waren gleichfalls durch neue Theilungen 1523 und 1560 die Pommer’schen Lande in die von Wolgast und Stettin geschieden. – Brandenburg hatte 1523 durch den Erwerb des Fürstenthums Jägerndorf (bis 1623) in Oberschlesien Fuss gefasst, 1524 die Grafschaft Ruppin erworben und seit 1525 das ehemalige deutsche Ordensgebiet in Preussen als ein weltliches Fürstenthum, jedoch ausserhalb des deutschen Reichsverbandes in Besitz genommen. 1575 erwarb der Markgraf die Herrschaften Beeskow und Storkow, [32] 1609 erhielt er durch den Vergleich zu Dortmund die Anwartschaft auf Cleve, Mark und Ravensberg und die Cleve’sche Herrschaft Ravenstein, deren Besitz ihm aber erst nach dem Vertrag von Xanten 1614 und späteren Verträgen (1624, 1629, 1647, 1649 und 1666) grösstentheils bestätigt worden ist, mit Ausnahme von Ravenstein, welches schon 1624 wieder zurückgegeben werden musste.

In Sachsen hatte 1547 durch die Wittenberger Capitulation die jüngere, Albertinische Linie die Kurwürde und damit die sächsischen, osterländischen, vogtländischen und erzgebirgischen Besitzungen gewonnen, während der Ernestinischen Linie nur die Gebiete von Eisenach, Gotha, Weimar, Saalfeld und Koburg verblieben; dazu kommen zwar durch den Naumburger Vertrag 1554 noch die Gebiete von Herbisleben, Sachsenburg, Allstädt, Eisenberg, Altenburg, Neustadt, Weida und Königsberg in Franken, von denen aber wiederum durch die Gothaer Capitulation 1567 die sogenannten Assecurierten Ämter Sachsenburg, Neustadt und Weida an Kursachsen zurückfallen. (S. die Nebenkarte in vorhergehender Nr. des Atlas.) 1577 erwirbt Kurfürst August den vogtländischen Kreis nach dem Aussterben der unter Böhmens Lehnsherrlichkeit stehenden Burggrafen von Meissen und Hartenstein, bereitet 1574 den späteren Anfall des westlichen Mannsfeld vor und erwirbt das Gebiet des Burggrafthums Magdeburg: Gommern.

Der Oberrheinische Kreis ist, durch die Länder der Kurpfalz und des Kurrheinischen Kreises unterbrochen, sehr zerstückelt und zahlreiche kleine und kleinste Besitzveränderungen haben innerhalb seiner Grenzen fortwährend Statt gefunden. Seine beiden Hauptmassen waren die Lothringischen Lande jenseits des Stromes, und diesseits: Hessen, 1618 nur noch in die beiden Linien von Darmstadt und Kassel getheilt, nachdem die beiden anderen von Marburg und Rheinfels 1604, resp. 1583 erloschen und von ihren Gebieten das Fürstenthum Marburg an Hessen-Kassel, die Grafschaft Nidda mit Giessen an Hessen-Darmstadt gefallen, die Grafschaft Katzenellenbogen 1583 zwischen beiden überlebenden Linien getheilt worden war. Die Abtei Hersfeld, welche bereits 1525 dem Landgrafen Ludwig von Hessen hatte huldigen müssen, unterwarf sich 1606 der Oberhoheit Hessen-Kassels, wurde aber erst im Westphälischen Frieden zu dessen Gunsten säcularisiert.

In Franken waren die Geschlechter von Henneberg (1583) und Rieneck (1559) erloschen; das Gebiet des ersteren zwischen Hessen-Kassel und den beiden sächsischen Linien, das des letzteren zwischen Hanau, Mainz und Würzburg vertheilt. – Das Gebiet der Brandenburgischen Markgrafen in Franken, seit 1603 ganz der jüngeren Linie überlassen, erscheint in die Markgrafschaft Kulmbach (Bayreuth) und Onolzbach getheilt.

Schwaben war in seinem alten Zustand der Zerrissenheit geblieben; unter den innerhalb seiner Grenzen liegenden Gebieten hatte, abgesehen von vielen kleinen Territorial-Veränderungen, Würtemberg (seit 1495 Herzogthum) eine Vergrösserung durch die Herrschaft Heidenheim (1505) und mehrere andere Herrschaften von geringem Umfang erhalten und sich in dem Besitz der schon früher ererbten Grafschaft Mömpelgard 1608 befestigt.

Die Schweiz, das zweite vom deutschen Mutterlande abgetrennte westliche Bollwerk, war in ihrem Innern zwar mannigfach durch politische und Glaubenskämpfe zerrissen, wie denn jede Bewegung in Deutschland auch dort ihre Rückwirkung hatte, gegen Aussen aber einig und stark.

Im Südosten Deutschlands war durch die dauernde Verbindung der Habsburgisch-Deutschen Länder mit den Kronen von Böhmen und Ungarn (1526) die Grundlage eines mächtigen Österreich gewonnen, doch wurde die Kraft desselben bald wieder durch eine vorübergehende Theilung geschwächt (1564–1619), wonach das eigentliche Österreich mit Böhmen und Ungarn die eine, Inner-Österreich, d. h. Steyermark, Kärnthen, Krain und die (1500 erworbene) Grafschaft Görz die andere, und Tyrol mit dem schwäbischen Vorder-Österreich eine dritte Gruppe bildeten. Der vielnamige und unzusammenhängende Länderbesitz der letztern Gruppe hatte bereits 1507 in Tyrol durch die von Bayern abgetretenen Gebiete von Kufstein, Kitzbühel, Rottenberg und das Zillerthal, durch die von Venedig 1516 erlangten Welschen Confinien mit Roveredo und Arco einen bedeutenden Zuwachs erhalten, und war durch Erwerbung der Reichsstadt Konstanz 1548 vergrössert worden. Das von Karl V. 1520 gekaufte Herzogthum Würtemberg ward 1534 wieder zurückgegeben, blieb aber bis 1599 österreichisches Afterlehen. – Das an der südlichen Grenze von Deutschland liegende Mailand, in heissen Kämpfen gegen die französischen Ansprüche gewonnen, gehörte dem habsburgisch-spanischen Hause.

Bayern war aus dem verheerenden Landshuter Erbfolgekrieg 1505 zwar durch bedeutende Verluste an Österreich in Tyrol, an Nürnberg, Würtemberg und die Pfälzer Linie verkleinert, doch unendlich gekräftigt durch die Vereinigung all seiner Länder unter einem Herrn hervorgegetreten. Unter den Erwerbungen sind hervorzuheben: die Grafschaft Hals 1517 von den Herren von Degenberg, die Reichsherrschaft Hohenschwangau 1567, die Reichsgrafschaft Haag 1567 nach Aussterben der einheimischen Grafen, die bisherige Reichsstadt Donauwörth 1607 durch Execution, die Reichsherrschaft Mindelheim 1612 von den Herren von Frundsberg. –

Es ist von verschiedenen Seiten der Wunsch ausgesprochen worden, es möchten auf der vorliegenden Karte die Kriegszüge Gustav Adolph’s angegeben werden. So berechtigt dieser Wunsch auch dem Bearbeiter der Karte erschien, so hat sich doch bei dem praktischen Versuch einer Ausführung desselben bald herausgestellt, dass der kleine Maassstab von 1 : 3 700 000 und die Vielseitigkeit der anderweitigen Anforderungen, welche an sie gestellt werden: – die Zerrissenheit der Grenzen, Nomenklatur von Hunderten kleiner Gebiete, Angabe aller grösseren Gefechts- und Schlachtplätze – eine klare Darstellung der Kreuz- und Querzüge Gustav Adolph’s nicht erlaubten ohne Gefährdung der Übersichtlichkeit und Deutlichkeit des Kartenbildes. Es würde dazu einer besonderen Übersichtsskizze bedürfen, wofür jedoch der nöthige Raum mangelt. Um dem Bedürfnisse einer kriegsgeschichtlichen Karte der inhaltsschweren Periode nach Möglichkeit entgegenzukommen, sind alle wichtigeren Orte durch Unterstreichung und Datumzahl der betreffenden Schlacht besonders hervorgehoben, sowie in den 11 Nebenkarten und Schlachtplänchen eine reiche Nomenklatur für das Detail der Kriegs- und politischen Geschichten niedergelegt worden.

Haupthülfsmittel sind: Carl du Jarrys, Freiherr von La Roche: Der dreissigjährige Krieg vom militärischen Standpunkte aus beleuchtet, 3 Bände 1848–1852 und die bereits unter Deutschland XIII genannten Werke, sowie eine grosse Anzahl nicht näher aufzuführender Monographien und Karten über einzelne Territorien oder Zeitepochen Deutschlands im 30jährigen Krieg.