Speisekarte oder Speisenkarte?

Textdaten
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Autor: Daniel Sanders
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Titel: Speisekarte oder Speisenkarte?
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 13, S. 236
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[236] Speisekarte oder Speisenkarte? Hierüber wünscht die Redaktion – angeregt durch eine an sie gerichtete Anfrage, von mir eine kurze Entscheidung, und demgemäß erkläre ich denn, daß die zuerst genannte Form als die allgemein übliche (s. mein „Wörterbuch der deutschen Sprache“ Bd. I, S. 872b) unbedingt den Vorzug verdient, aber nicht, weil (wie der Anfragende meint) man auch „Wein-, Tanz-, Spiel-“ und nicht „Weine-, Tänze-, Spiele-Karte“ sage; denn dem ließen sich andere Zusammensetzungen von Karte entgegensetzen, wie z. B. Figuren-, Fremden-, Personen-, Staaten-, Visiten-Karte etc., und man hat sich wohl davor zu hüten, in dem „en“ der ersten Hälfte derartiger Zusammensetzungen immer die Form der Mehrzahl zu erblicken. Ich verweise der Kürze halber aus Das, was ich in meinem „Wörterbuch der Hauptschwierigkeiteu in der deutschen Sprache“ (14. Aufl.) S. 329 unter der Ueberschrift: „Weibliche Hauptwörter“ gesagt habe, vgl. Zusammensetzungen wie „Liebfrauenkirche = Unserer lieben Frauen (= Frau oder Jungfrau, das ist Maria) Kirche etc.; Nasen-Bein. -Ring etc. (wobei offenbar nur an eine Nase, nicht an mehrere zu denken ist) u. a. m. Auch erinnere ich an das in meinem „Wörterbuch der deutschen Sprache“, Bd. I, S. 372b über den Unterschied zwischen „Erde“ und „Erden“ in Zusammensetzungen Bemerkte, wo sich Beispiele finden, wie: Der Regenwurm gehört zu den „Erdwürmern und „Der Mensch, der schwache Erdenwurm“ und, aus Goethes „Faust“: „Mächtiger der Erdensöhne“, dagegen aus Goethes „Achilleis“: „Und der Herrliche lag an dem Fuße verletzt wie ein Erdsohn“, – mit der Hinzufügung: Jenes ist christlich-orientalisch, Dies heidnisch-griechisch u. a. m. – Wer die Verschiedenheit der Bestimmungswörter in Zusammensetzungen auch nur mit ein und demselben Grundworte (Braten) erwägt, wie: Enten-, Gänse-, Hammel-, Hirsch-, Kalbs- oder Kälber-, Ochsen-, Reh-, Schweine-, Wild-Braten etc., wird erkennen, daß sich die Frage im Allgemeinen nicht so kurzer Hand beantworten läßt und daß man sich in den einzelnen Fällen nach dem allgemein anerkannten Sprachgebrauch zu richten hat, der wie ich oben hervorgehoben, in dem vorliegenden Falle sich für „Speisekarte“ entschieden hat.

Altstrelitz, den 8. März 1886. Daniel Sanders.