Textdaten
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Titel: Spargelgrün
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aus: Die Gartenlaube, Heft 19, S. 323
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
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[323] Spargelgrün. Die meisten Liebhaber des Spargels kümmern sich wenig um die Pflanze, die uns die saftigen Stangen liefert, und doch ist dieselbe in mancher Hinsicht interessant und eigenartig. Ist nicht das Spargellaub wunderbar gestaltet? So fein und zierlich, daß es den duftigsten Schmuck eines Blumenstraußes abzugeben vermag! Und dieses Spargellaub ist der eigentliche Schöpfer der „Stangen“, die wir genießen. Während des Sommers schießt es hoch und buschig empor, arbeitet im Sonnenlicht, erzeugt eine Fülle Materials, auch das dem Spargel seinen Wohlgeschmack verleihende Asparagin, und die Pflanze führt das Ergebnis dieser unermüdlichen Arbeit seines Laubes zu dem weitverzweigte kriechenden Wurzelstocke und nährt mit ihm im nächsten Frühling die schönen Spargelsprossen.

Das Spargelgrün arbeitet just wie alle anderen Pflanzenblätter, aber das zierliche Gebilde ist kein Blatt. Die Blätter des Spargels sehen ganz anders aus. Die kleinen rötlichen Schuppen an den eßbaren Stangen sind die einzigen wahren Blätter, welche die Pflanze hervorbringt, und die vielfach verästelten grünen Fäden des zierlichen Laubwerkes sind lauter Blütenstiele. Nur einige wenige von ihnen tragen kleine gelblichgrüne Glockenblumen, aus denen später die glänzend roten Beeren hervorgehen, die meisten sind fehlgeschlagen – bleiben nur Blütenstiele, die aber durchaus nicht zwecklos sind, sondern die Stelle der Blätter vertreten und wie diese arbeiten. Was hat wohl den Spargel veranlaßt, solche Launen zu entfalten? Forschen wir ein wenig in seiner Entwicklungsgeschichte, die weiter als die geschriebene Geschichte der Menschheit zurückreicht. Dieses Küchengewächs gehört zu der lieblichen und poetisch verklärten Gruppe der Lilienpflanzen und hatte wohl früher gleich diesen lange, dünne und saftige Blätter. Der Boden, auf dem es wuchs, und der Himmel, unter dem es blühte, veränderten sich mit der Zeit. Die Regen in jener Gegend wurden seltener und der sumpfige Grund verwandelte sich in trockenen Boden. Da rangen die Lilienpflanzen gegen diese Unbill der Natur und die meisten von ihnen gingen ein; eine aber wußte sich dem trockenen Standort, auf dem sie nunmehr angewiesen war, anzupassen. Sie warf ihre Blätter ab und erzeugte dafür eine Menge grüner Zweige und harter Blätterstiele, welche der Dürre besser trotzen konnten. Sie behauptete sich durch diese Aenderung, aber die Lilie hatte sich in den Spargel verwandelt. Fremdartig steht der Spargel unter den anderen grünen Pflanzen unserer Flora, auf unserem heimischen Boden das seltene Beispiel einer blattlosen Pflanze, deren Zweige die Arbeit der Blätter übernommen haben und dem unkundigen Blicke als Spargellaub, als wunderbar gefiedertes Blatt erscheinen. *