Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 5. März 1870
Nachdem der Vorsitzende, Herr Bastian, einige Worte dem Andenken des verstorbenen Prof. Voigt gewidmet hatte, theilte derselbe einen Brief des Dr. Nachtigal aus Murzuk mit, nach welchem sich die Lage des Reisenden insofern günstiger zu gestalten scheint, als der Sultan der Türkei Abgesandte mit Geschenken an den Sultan von Bornu abgesandt hat, in deren Begleitung Dr. Nachtigal die Wüstenreise anzutreten gedenkt. Gleichzeitig schildert aber derselbe die Lage
[191] Fezan’s als höchst gefährlich, indem die Tuaregs einen Ueberfall dieser Provinz beabsichtigen, und wäre wegen der Machtlosigkeit der Regierung schon jetzt die Straße von Tripoli nach Murzuk ohne Escorte kaum passirbar. Außerdem besprach der Vorsitzende einen von dem Reisenden Ed. Mohr aus Süd-Afrika an ihn eingegangenen Brief, mit einem Bericht seines geologischen Begleiters, des Bergingenieurs Hübner, aus Tatin in Südafrika, in welchem die Ausbeute der von Mauch entdeckten Goldfelder als eine kaum nennenswerthe dargestellt wird. Zu dem im August in Antwerpen stattfindenden internationalen Congreß war eine Einladung eingelaufen und ebenso eine Mittheilung der in Antwerpen neu begründeten geographischen Gesellschaft, die einen Schriftenaustausch anbietet.
Hierauf hielt Herr Fritsch einen Vortrag über die Eingeborenen zur Zeit der Coloniengründungen am Cap. Die frühesten Besuche, welche die Eingeborenen berührten, fallen 1497 durch Vasco-de-Gama, der von ihnen verwundet wurde; 1508 wurde der portugiesische Gouverneur auf seiner Rückkehr dort von Eingeborenen getödtet; 1626 besuchte Herbert das Cap und beschrieb die Bewohner; 1652 gründete van Ribeck die holländische Colonie am Cap. Nach den Beschreibungen beschäftigten sich die Eingeborenen damals mit Viehzucht und lebten als Nomaden. Die Gesammtzahl der Bevölkerung war sehr gering. 1659 fand der erste Krieg mit den Hottentotten statt in Folge von Viehdiebstählen, die in der Nachbarschaft verübt waren. Unter den Eingeborenen gab es damals vielfache Fehden. Auf der Westküste, wohin 1670 ein Schiff zur Erforschung ausgeschickt wurde, fand man nördlich vom Orange-Fluß damals schon Namaqua-Hottentotten, welche indessen südlich nie weiter als bis zum Olifants-Rivier vorgedrungen sind. Die Buschmänner kamen schon mit van Ribek in Verbindung und sie hießen damals Soaqua oder Bosjesmann, was Waldmenschen bedeutet. 1687 scheiterte ein Schiff an der Küste von Natal, dessen Mannschaft die Kaffern, mit denen sie in Berührung kam, friedlich, die Hottentotten hingegen räuberisch fand. Gegen 1700 und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts fanden Collisionen zwischen Europäern und Kaffern statt. Die Buschmänner wurden in größerem Maßstabe 1774 ausgerottet. Der Vortragende wendet sich dann gegen mehrere Bemerkungen des Herrn Josaphat Hahn, die den Thatsachen nicht entsprechen.
Herr Baron v. Korff, welcher der Eröffnung des Suez-Canals beigewohnt hatte, schilderte in einem längeren Vortrage die dort empfangenen Eindrücke. Nachdem der Vortragende der von den Pharaonen bereits ins Leben gerufenen Verbindung beider Meere durch einen Canal gedacht hatte, entwarf er ein Bild des innerhalb 10 Jahre von Herrn v. Lesseps geschaffenen Riesenwerkes, indem er gleichzeitig auf die lehrreiche Schrift Zenker’s über den Suez-Canal hinwies. Zur Beschreibung der Festlichkeiten übergehend, schilderte er die Spannung, mit der die aus allen Weltgegenden zusammengeströmten Fremden in Port Said dem Eintritt des ersten Schiffes in den Canal folgten. Die Feste in Ismailia versetzten die Europäer in die orientalische Fabelpracht von 1001 Nacht und wirkten wie ein berauschender Traum. Suez selbst bot im Gegensatz zu Port Said, der französirten Fabrikstadt, und zu Ismailia, dem orientalischen Zeltlager, in welches das Wort des Khedive 23,000 Söhne der Wüste versammelt hatte, den Eindruck einer indischen Faktorei in Bauten, Bevölkerung, Zeltlager [192] und Schiffsverkehr. Der Vortragende ging darauf zur Gegenwart über und verlas mehrere an ihn von Herrn v. Lesseps gerichtete Briefe neuesten Datums, in welchen die Zahl der Schiffe, welche bei der Festfeier und später bis zum 3. März 1870 den Canal passirt hatten, angegeben wird; unter diesen befanden sich 11 Fahrzeuge, welche am 1. und 2. März in 23 Stunden die Strecke von Port Said bis Suez zurückgelegt hatten. Eine dem Vortragenden von der Königl. Admiralität zur Verfügung gestellte Karte, auf welcher die von preußischen Schiffen während der Festfahrt im Canal angestellten Peilungen eingetragen sind, diente zur Erläuterung des Vortrags.
An Geschenken gingen ein:
1) Rütimeyer, Ueber Thal- und See-Bildung. Basel 1869. – 2) von Littrow, Ueber das Zurückbleiben der Alten in den Naturwissenschaften. Wien 1869. – 3) A. B. Meyer, Charles Darwin und Alfred Russel Wallace. Erlangen 1870. – 4) Mémoire du Bureau topographique militaire de St. Pétersbourg. Vol. XXX. St Pétersbourg 1869. (Russisch.) – 5) Statistische Nachrichten von den Preußischen Eisenbahnen. Bd. XVI. Berlin 1869. – 6) Bulletin de l’Académie Impér. des Sciences de St. Pétersbourg. T. XIV. No. 1–3. St Pétersbourg 1869. – 7) Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Bd. V. Heft 1. Berlin 1870. – 8) Mittheilungen der geographischen Gesellschaft in Wien. 1870. No. 4. Wien. – 9) Le Globe. 1869. Mai. Juin. Genève 1869. – 10) Bulletin de la Société de Géographie. 1870. Janvier. Paris. – 11) Petermann’s Mittheilungen. 1870. No. II. III. Gotha. – 12) Jahresbericht der Norddeutschen Seewarte für das Jahr 1869. Hamburg. – 13) Revue maritime et coloniale. XXVIII. Février. Paris 1870. – 14) Revue des cours scientifiques de la France. 1870. No. 10–13. – 15) Neues aus der Geographie, Kartographie und Statistik Europa’s und seiner Colonien. Berlin 1870. – 16) Mittheilungen aus dem Osterlande. XIX. Heft 1. 2. Altenburg 1869. – 17) Preußisches Handelsarchiv. 1870. No. 1–3. Berlin.