Seltne Dankbarkeit
Der Pabst Sixtus der Fünfte stieg aus dem niedrigsten
Stande durch alle geisteliche Würden
bis zur höchsten Staffel und wurde Pabst: sein
bißiger Kopf verursachte ihm mancherley unangenehme
Vorfälle, besonders war er mit seinem Pater
General sehr unzufrieden. Er vergaß sich einmal
so weit, daß er sogar Satiren auf ihn machte,
und sie auf dem Speisesaale anschlug. Der General
erfuhr es, und gab allen Franciskanernklöstern
Befehl, den Pater Monalto, wie er damals hieß,
gefangen zu nehmen. Montalto war klug, und
kehrte auf seinen Reisen in keinen Kloster seines
Ordens ein. Einmal nahm er Nachtquartier bey
den Augustinern, und borgte von dem Pater Kellner
zehn Thaler, schrieb aber einen falschen Namen
unter seiner Handschrift. Da er Pabst worden
war, fiel ihm die Schuld wieder ein, er erkundigte
sich, ob der Pater Kellner noch lebte, und
erfuhr, daß derselbe noch immer Pater Kellner wäre,
er befahl, daß man ihn mit einer guten Bedeckung
als Gefangenen nach Rom bringen sollte.
Der Pater Kellner war aber damals in Streit mit
dem Bischof, und alle glaubten, daß dieser Uneinigkeit
wegen der Verhaftsbefehl von Rom gekommen
wäre. Vier Mönche die ärger waren als
zehn Häscher, begleiteten ihn nach Rom. Wie er
dem Pabst vorgestellt wurde, bat er gleich um Vergebung
wegen seiner Uneinigkeit mit dem Bischof,
und versprach alles mögliche; der Pabst sagte: davon
ist gar die Rede nicht, ich weiß aber daß ihr
mit dem Klostervermögen nicht richtig umgeht.
Heiliger Vater, sagte er, davon weiß ich kein
Wort. Der Pabst erwiederte: aber ich weiß es;
habt ihr nicht einmal einen Franciskanermönch
zehn Thaler auf eine Handschrift geliehen, und
nichts wieder erhalten? Das ist wahr, Heiligster
Vater, aber ich dachte, der Mönch wäre ein ehrlicher
Mann, ich kann aber nichts dafür, daß er
unredlich gehandelt hat. Der Pabst erwiederte:
ich kenne den Franciskaner, und ich habe Auftrag
euch zu bezahlen. Doch seht mich nur einmal recht
an, ich bin selbst der Franciskaner, dem ihr das
Geld geliehen habt. Der arme Pater Kellner wurde
wie vom Schlage gerührt, fiel dem Pabst zu
Füßen und bat um Gnade. Stehet auf, sagte der
Pabst, Freund, da ich unglücklich war, nahmt ihr
mich in eurem Kloster und eurer Zelle auf, jetzt
bin ich Pabst, nun will ich euch in meinem Pallast
und in meinen Zimmern aufnehmen, und aus
Dankbarkeit mache ich euch hiermit zum Bischof.