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Walther Kabel: Zwei neue fremdländische Säugetiere (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 2)

zu der Familie der Nager und vermag mit seinen scharfen Schneidezähnen und starken Krallen sowohl starke Holzhindernisse zu beseitigen, als auch das festeste Erdreich zu durchdringen. Die Heimat der Bisamratte ist hauptsächlich Kanada, wo sie an Flüssen und Teichen lebt und ähnliche Bauten wie der Biber errichtet. Von den Pelzjägern wird sie eifrig verfolgt, da das Fell mit ein bis zwei Dollar bezahlt wird. Auch die erwähnte Güterverwaltung gedachte das Pelzwerk der Bisamratten, die man in den ersten Jahren ganz ungestört sich vermehren lassen wollte, später nutzbringend zu verwerten und sich so eine neue Einnahmequelle zu verschaffen, hatte bei dieser Kalkulation aber zweierlei übersehen. Einmal liefern nämlich Pelztiere, die aus nördlichen Ländern in das mitteleuropäische Klima versetzt werden, erfahrungsgemäß infolge der veränderten Lebensbedingungen bedeutend weniger wertvolle Felle; dann aber vermehrt sich die Bisamratte – das Weibchen wirft jährlich viermal drei bis sechs Junge – auch so ungeheuer schnell, daß sie in kurzem infolge ihrer Neigung zum Unterwühlen des Bodens geradezu zu einer Landplage werden kann, da hier in Europa alle ihre natürlichen Feinde, namentlich der Luchs, fehlen, die in Kanada ihrem Überhandnehmen vorbeugen.

Heute ist die Bisamratte nach knapp achtjährigem Aufenthalt in Böhmen bereits die Elbe aufwärts bis Dresden vorgedrungen. Nach den Angaben der böhmischen Deichämter haben die schädlichen Tiere bereits von ganz Böhmen Besitz ergriffen und sind bis in die kleinsten Nebenflüßchen der Elbe gewandert. Überall stehen die Deichbauten in Gefahr, da die Bisamratten sie vollständig unterwühlen. Auch in Sachsen ist man schon auf die lästigen Eindringlinge aufmerksam geworden und verfolgt sie auf Schritt und Tritt. Trotzdem wird es kaum möglich sein, ihre weitere Ausbreitung zu verhindern. Jedenfalls wiegt das Pelzwerk dieser Nager auch nicht im entferntesten den Schaden auf, den sie durch das Unterminieren der Deichdämme anrichten.

Ähnlich wie mit den Bisamratten verhält es sich mit der ursprünglich in Nordafrika heimischen Ginster- oder Genettkatze, die im Laufe der Jahrhunderte bei ihrem Vordringen

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Walther Kabel: Zwei neue fremdländische Säugetiere (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 2). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1915, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_neue_fremdl%C3%A4ndische_S%C3%A4ugetiere.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)