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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Er schlief gar lang’. Die andern fünf
Zechbrüder hatten schon den Schimpf

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     zur Hälfte überstanden,

da suchte man ihn überall,
bis ihn kurz vor dem Mittagsmahl
     zwei Kanoniere fanden.

O Jerum, wie erschrecken die,

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als den vermißten Pagen sie

     da draußen liegen sehen.
Er lag in schrecklichster Gefahr,
und rückte er sich um ein Haar,
     so war’s um ihn geschehen.

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Denn hört! Die Festungsmauer stand

vier Spannen kaum vom Felsenrand,
     und auf dem schmalen Raume
lag Heinrich, aller Sorgen bar,
daß neben ihm der Abgrund war,

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     im holden Zechertraume.


Der Churfürst2) hört’s, und eilt herbei,
und heißt der Kanoniere zwei
     rasch durch das Schießloch klettern,
und Seile um den Pagen zieh’n,

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und drauf aus seinem Schlafe ihn

     mit drei Trompeten schmettern.


[Ξ] 2)

Churfürst Johann Georg II., der von 1656 bis 1680 regierte.

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_183.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)