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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

hinaus in das Weite, und hastig gebeut
er einem der Knechte, bei guter Zeit

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     zwei Rosse zu satteln und zäumen

                    ohn’ Säumen.

Und als nun das Frühroth in Osten tagt,
     da bestellt er sein Haus noch, und reitet
von dannen behend wie zu lustiger Jagd,

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     vom treusten der Knappen begleitet,

und spricht unterwegs: „Wohl haben wir weit,
denn siehst du, wir reiten zur Ewigkeit,
     drum laß uns nur sonder Verweilen
                    recht eilen.“

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Der Knappe frägt ängstlich: „Wohin denn? wohin?

     Wohin, Herr, wollen wir reiten?
Euch ist so verzweifelt vergnüglich zu Sinn,
     das mag mir nichts Gutes bedeuten.“
Da lachet der Ritter: „Armseliger Knecht,

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was frägst du so unnütz? Doch, hast wohl recht.

     Will Trost mir und Ruhe für’s Leiden
                    erreiten!“

Jach spornt er den Rappen, und sprengt in den Wald,
     und kommt auf die Höh’ eines Felsen,

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und stiert in die Tiefe, und schauerlich schallt

     sein Verzweiflungsruf in den Gehölzen:
„Hier finde ich Ruhe, hier find’ ich ein Grab!
Hinunter, mein Roß! in die Tiefe hinab!
     Ich will ja der Hölle mein Leben

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                    gern geben!“


Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 033. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_033.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)