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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band

     Wo Leipzig, das schöne, jetzt pranget, da stand
     vor Zeiten von Linden ein schattiger Hain,
     und längst an dem Haine hinunter, da wand
     sich zickzack ein Dörfchen, gar ärmlich und klein,

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von diesem seitweges, nach Morgen ein wenig,

erhob sich ein Schloß, drin wohnte der König.

     Der König zwar hatte nur kleines Gebiet,
     doch war er gewißlich ein glücklicher Mann,
     denn was er verlangte in seinem Gemüth,

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     das hatte das Glück ihm zu Willen gethan.

Doch traue nur Jemand dem launischen Glücke,
es schmeichelt und heuchelt mit heimlicher Tücke!

     Wohl hatte der König ein stattliches Schloß,
     wohl auch einen Garten voll Rosen daran,

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     wohl hatt’ er ein schönes arabisches Roß,

     wohl konnte er jagen auf waldigem Plan,
wohl konnte er fischen in Teichen und Flüssen,
wohl konnt’ er ermüden in lauter Genüssen.

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_003.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)