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„Ist einmal ein solch holzweiblein winterszeit zu dem bauer in die stube gekommen, eben dessen der berg zugehörig, und sich den ganzen winter aufgehalten. haben ihm auch zu essen gegeben. frühjahrszeit kommt wieder dergleichen ein anderes solches holzweiblein zu dem bauer unter das fenster und ruft dem, das in der stube ist, zu: ‚deuto, deuto!‘ wie das in der stube solches höret, stehet es auf und gehet mit jammern fort und haben’s nicht mehr gesehen.“

Anmerkung. Sollte der ruf deuto durch ‚deutsche‘ zu erklären sein, so wären zwei hypothesen möglich. entweder ist es der name des holzweibleins; dann würde der ursprung der sage in die zeit der Wendeneinwanderung zu setzen sein, oder es heißt so viel als: ‚deutsche kommen!‘ und würde dann ein warn- und fluchtruf, die zwerge selbst aber repräsentanten der vertriebenen Slaven sein. für die erste annahme spricht vielleicht die erwähnung der blonden haare.

Eine solche historisch-nationale deutung ist indessen niemals stricte zu nehmen. in der anschauung des volkes vermischte sich die vorstellung von verdrängten nationen immer mit der ihrer götter, deren epigonen ja die zwerge sind.


15. HOLZWEIBLEINS KUCHEN.

Ein bauer aus Spitzkunnersdorf ackerte einst gegen abend noch auf seinem felde, welches am fuße des forsten lag und bis an den busch hin sich erstreckte. da hörte er ein geräusch und mehrere weiberstimmen und als er sich umsah, da dampfte der gipfel des berges und eine menge holzweibel waren da, die bucken kuchen. der bauer bekommt appetit und wagt endlich die bitte auch für ihn einen kuchen mitzubacken; und siehe da, wie er den nächsten morgen aufs feld kommt, findet er auf dem raine neben seinem acker den allerschönsten kuchen von der welt.

Anmerkung. Zwerge sind freunde der pflügenden. eine ganz ähnliche sage bei Grimm d. s. n. 298, im volksb. 1844. s. 91. v. d. Hagens Germania 9, 27. Mone, anzeiger 1838. Wolf, hessische sagen anm. s. 193. Rocholtz, Aargauer s. 281. Grimm, myth. 423. sie ist in Westflandern eben so zu hause wie in der Schweiz, auf der Lüneburger heide wie in den Lausitzer bergen.

Zwerge sind meister im backen, daher ihre kuchen und brodgeschenke, und wiederum ihre broddiebstähle. die Schweizersage kennt

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV. Dieterische Buchhandlung, Göttingen 1859, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_deutsche_Mythologie_und_Sittenkunde_-_Band_IV.djvu/225&oldid=- (Version vom 1.8.2018)