Seite:Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde - Band IV.djvu/175

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
8. DIE GUTEN ERDLUITLE.
1.

     In der nähe von Marbach in einem dorfe, der erzähler konnte mir’s nicht mehr genau sagen, war ein schuhmacher ein gar christlicher und allgemein beliebter mann. zu dem kamen jede nacht erdluitle. er hatte immer viel arbeit und machte sie so gut und schön wie kein anderer schuhmacher im orte. nachts vor er ins bett ging warf er schuhe und stiefel und alles was man ihm tagsüber zum machen brachte unter sein schuhmacher-bänkle, sagte jedesmal dazu: ’so besorgt mein sach pünktlich und gut!’ sowie er im bett und alles ruhig war gings an ein trippeln und trappeln, an ein hämmern und klopfen und morgens wenn man aufstand lag alles schön und prächtig und gut gemacht da. der schuhmacher hatte viele kunden überall her auch von auswärts; wurde bald ein reicher mann. wäre er nicht so rechtschaffen gewesen, so wären die erdluitchen nie bei ihm geblieben.


2.

     Bei Murhardt ist eine mühle in der lange zeit erdluitle waren. diese arbeiteten dem müller alles und niemand durfte hand anlegen, aber nur bei nacht wenn es ruhig war. der müller wußte es wohl und stellte die gefüllten fruchtsäcke abends nur in die mühle hinein. morgens war alles gemahlen. um mitternacht gings dann an ein rennen und geschäftiges hin- und herlaufen. eine unzählbare menge von kleinen männlein tummelten herum, der eine holte den sack, einer leerte ihn aus, wieder einer hatte eine wanne auf dem kopf, andere fegten, stäupten, schütteten auf, kehrten zusammen, readeten, alles ging so flink, daß morgens nichts mehr zu thun war. dabei war es ganz ruhig. der müller war auch mal wieder neugierig und wollte sie bei ihrem geschäfte sehen. da bemerkte er wie alle so lumpig angezogen und alles an ihnen zerrissen war. mitleidig ließ ihnen der müller eine große zahl kleiner mäntelchen und röcklein machen und legte sie in die mühle. allein die

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV. Dieterische Buchhandlung, Göttingen 1859, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_deutsche_Mythologie_und_Sittenkunde_-_Band_IV.djvu/175&oldid=- (Version vom 1.8.2018)