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Das Obergericht trug aber, durch mehrere Beispiele von der Unsicherheit der scheinbaren Besserung wahnsinniger Leute belehrt, billig Bedenken.“

1808 wollte man eine Melancholische von der Aufnahme abweisen, weil sie augenblicklich an stillem Wahnsinne leide. Erst eine Bitte des Mannes an den Kronprinzen erzwang die Aufnahme. Die Kranke hatte Versuche gemacht, sich das Leben zu nehmen.

Ueber sonstige Einzelheiten unterlasse ich es hier zu berichten, weil sie vielfach nur die bei den andern Zucht- und Tollhäusern berührten Verhältnisse wiederholen würden. Die Trennung des Zucht- und Tollhauses geschah erst 1820 mit Errichtung der Irrenanstalt bei Schleswig. Daher ändern sich auch in dem Zeitraume bis dahin die Zustände kaum, und noch 1816 begegnen wir z. B. dem Vorschlag, minder gefährliche und besser gesinnte Zuchthausgefangene als Wärter und Wärterinnen bei den Irren anzustellen. Ein nach meiner Auffassung zweifellos Geisteskranker wird 1818 zu lebenslänglicher Haft gebracht.

Obwohl nicht im Zusammenhange stehend mit dem Tollhause in Glückstadt, füge ich hier doch ein Beispiel der Irrenbehandlung in Glückstadt aus jenen Zeiten an. Im Jahre 1761 wurde ein Soldat der Garnison, der aus Lebensüberdruß ein sechsjähriges Kind auf der Straße erschoß, auf öffentlichem Markte gerädert, nachdem er 9 Wochen hindurch wöchentlich an dem Ort der That gepeitscht worden war. [1] Das geschah in einer Stadt die ein Irrenhaus besaß! Uebrigens hatte noch 1714 in Glückstadt eine Teufelsverschreibung stattgefunden.[2]

Unter den größeren Städten der Provinz hatte besonders Flensburg schon frühzeitig ein Zuchthaus. Am 24. October 1748 reichten Bürgermeister und Rath der Stadt Flensburg


  1. A. C. Lucht, Glückstadt oder Beiträge zur Geschichte dieser Stadt etc. Kiel 1854, Seite 117.
  2. ebd. Seite 116.
Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0188.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)