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man sich kaum bey einem so jungen Kinde vorstellen solte, ein solches vertracktes Gemüth anzutreffen.

Nicht immer waren die bezahlten Verpflegungskosten gleich hoch, sondern abgestuft nach den Versmögensverhältnissen der Zahler. In der Stadt Eutin fehlten die Mittel zur Einschließung der Unruhigen, es wurde 1748 eine Frau in Neumünster recipirt, nachdem auf Gesuch des Magistrats in Eutin die Kosten von 40 auf 36 herabgesetzt waren, da das Vermögen der Stadt sehr schwach sei. Eine Privatrequisition aus Oldenburg wurde für 30 jährlich durchgesetzt durch Vermittelung des Bürgermeisters und Raths der Stadt. 1749 wird eine Unsinnige aus dem Amte Trittau für 100 aufgenommen, welche die Hufe ein für allemal leisten könne.

Im November 1750 wird ein Hans M. aus dem Flecken Braunschweig recipirt, der an chronischem Alkoholismus litt. Er ging täglich in die Branntweinhäuser, trank für 2 ß täglich, drohte wiederholt mit Brandstiftung, schlug seine Frau und drohte sie zu tödten. Schon 1746 äscherte durch seine Schuld ein Brand 13 Gebäude ein, man hatte aber die Frau verdächtigt und sogar für 2 Jahre ins Zuchthaus gebracht.

1752 wird ein junger Kaufmann aus Lübeck, also ein Auswärtiger, wegen ausschweifender Lebensweise für 200 = 66 32 ß recipirt, wovon 17 32 ß für Stube, Feuerung, Aufwartung und Bewachung gerechnet wurden, 13 für Wäsche, Licht, Medicin und Bett.[WS 1]

In diesem Jahre wird auch eine Leibeigene aus dem Gute Eschelsmark, also aus dem Herzogthum Schleswig recipirt.

1753 wird die unsinnige Tochter eines Wittwers mit 6 Kindern gratis aufgenommen; nach einer Angabe in dem Gesuche des Vaters war sie nur dann von zwei starken Manns-Personen zu regieren, wenn sie zuvörderst gebunden und an einer Krampe befestigt worden war. Wäre dies nicht geschehen, so sei sie während des Paroxysmus wohl schon ein Mörder an ihrem eigenen Cörper geworden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. = Mark (lübisch); 1 Reichstaler = 3 Mark (lübisch) vgl. Reichstaler
Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0170.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2022)