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das sei nur um so unverantwortlicher als ja das arme Mensch nicht einmal etwas pecciret habe, wodurch sie die Strafe des Zuchthauses verdienet, und erwecke sie so schon mit ihrem elenden Leben Mitleid genug. Er nennt es dann ein gutes Werk die Zusammenkunft dieser Personen zu verhindern. Die vorgenannte Thoden war noch 1746 dort, aber im Dollhause, und erwartete ihre Abholung.

Daß unter den Züchtlingen in Neumünster manche Geisteskranke waren, werden wir noch später erfahren, aber man erkannte sie damals meistens nicht als solche; einzelne Kranke kamen indessen sicher in’s Zuchthaus, wie die vorstehenden Beispiele beweisen, trotz des daneben bestehenden Dollhauses; dieses hatte damals wohl nur Einzelzellen. Die geringe Zahl der vorhandenen Plätze war einer der Gründe hierfür, und darum wurden immer neue Vorschläge zur Entlassung gemacht und ausgeführt. Schon aus dem Jahre 1739 liegen Berichte darüber vor. 1746 wird bei Entlassung einer P. aus dem Dollhause Bericht erfordert, ob die übrigen drei Personen, die wegen delirium daselbst verwahrt waren, nur albern oder auch zugleich furieux und toll seien, so daß in dem Fall, wann sie frei kämen, man einer Schadens-, Zufug- und Ausübung von ihnen zu besorgen habe. 1748 wird ein Wüthender, der sich von seiner Kette losgerissen und den Chirurgen attakirt hatte, in ein geheimes Zimmer des Zuchthauses gesetzt und an die Krampe geschlossen, weil er im Dollhaus weniger sicher verwahrt schien; denn der Speisemeister[1] und der Dollhauswärter seien alte abgelebte Leute. Von den sonst erwähnten 2 Dollhausbedienten ist hier nicht die Rede. Die übrigen damaligen Insassen des Dollhauses waren, wie der Pastor berichtet, Gottlob nicht gänzlich rasend, sondern theils wahnwitzig, theils mit einer starken Melancholie behaftet, und bedürften seines Unterrichts und öfteren Zuspruchs. Für diese Thätigkeit war ihm schon 1729 eine Instruktion im Zuchthaus-Reglement gegeben. Nach demselben

  1. 1744 wurde nämlich ein Speisemeister allein für das Dollhaus mit 4 Tollen bestellt, was ein „mühsames Brod“ genannt wird.
Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0156.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)