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ohne zu besorgende üble Folgen in Keines der Armenhäuser dergestalt recipiret werden könnten, daß sie im selbigen gleich andern, Armen und Kindern, sich beständig aufzuhalten vermöchten. Sie wurde vorläufig in eine geheime Kammer des Zuchthauses gebracht wegen Mangels an Platz im Tollhause. Auch wurde der Magistrat in Kiel verpflichtet einen Theil der Verpflegungskosten zu zahlen, weil die Erträge der Klosterpräbende wohl nicht genügten.

Bei dem Mangel an allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen über die Fürsorge für Irre geriethen die Nächstbetheiligten oft genug in Rathlosigkeit und Verlegenheit, die dann schließlich nur durch einen für jeden einzelnen Fall besonders gegebenen obrigkeitlichen Befehl beseitigt werden konnten. 1670 war ein sinnloser Mensch, nachdem er bereits „groß unglück“ angerichtet hatte, gebunden auf dem Amthause in Apenrade abgeliefert; der Herzog befahl ihn wohlverwahrt hinzusetzen und war daher sehr erstaunt, als er nach Verlauf eines Jahres erfuhr, daß derselbe sinnlose Mensch noch immer im Amthause sitze und von seinen Amtsunterthanen bewacht werden müsse. Er solle seinen nächsten Freunden überliefert werden, denen es von Rechtswegen obliege für ihn zu sorgen. Diese sollten ihn dergestalt bewachen, daß er niemand ferner beschädigen könne, sonst sollten sie es verantworten und büßen. Ob diese nun unvermögend waren dies zu thun oder es nicht wollten, genug sie thaten es nicht, und schließlich gab der Herzog am 19. V. 1671 seine Einwilligung dazu, daß der Kranke vorläufig daselbst verbleibe bis zur Erbauung eines besonderen Hauses, zu welchem die Eingesessenen der Heimathsortschaft des Erkrankten sich gutwillig erboten hätten. Die gesetzliche Verpflichtung zur Fürsorge irgend eines Theiles ist also damals hier noch nicht vorhanden; Landesfürst, Rath und Angehörige fühlten sich nicht verpflichtet, und es heißt ausdrücklich, daß die Heimathseingesessenen sich gutwillig erboten, ein besonderes Haus zu erbauen. Daß das Einzel-Irrenhaus auch gerade kein Palast geworden sein wird, können wir uns denken.

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0147.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)