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großen Bettlerfaust“ sich zum Himmel streckt, so hebt sie hier den Ueberfluß ihres gesegneten Schooßes in überschäumenden Bechern empor. Der ganze südliche Küstenring taucht als ein einziger umstrickender Sirenenarm aus der duftumhauchten Fluth herauf, der das empfängnißvolle, unverwelkte Menschengemüth unwiderstehlich in seine Reize hineinzieht. Hier wiegt die Palme „ein Wald über dem Walde“ ihr königliches Haupt in freier, einsamer, stolzer, goldner Aetherhöhe; hier reift im tiefen Schatten die Cacaofrucht, das echte Schooßkind der heißen, fruchtschwellenden Tropenerde; hier breitet in saftstrotzender, übermächtiger Wucht und Fülle der fleischige Schaft der herrlichen Schilfrohr- und Musengewächse seine großen, seidenartig gewobenen Blätter über den lichtumflossenen Wasserspiegel der Lagune aus: Alles hervorragende Typen der tropischen Schöpfungskraft.

Die Fächerpalmen finden ihre Vertretung nur in der Gattung Trithrinax; in zahlreichen Trupps und Sippen aber durchwandert die Palme mit gefiedertem Blatte die wilde Forst; die hochstämmigen Arten derselben, vorherrschend aus den Gattungen Scheelea, Attalea, Oreodoxa, Maximiliana und Acrocomia, schwingen sich auf mächtigen Säulen über das geschlossene Waldgewölbe empor; die kleinen rohrartigen Arten der Gattung Bactris ziehen sich als schmückende Bosquets durch die Waldparthieen. Eine der anziehendsten Erscheinungen ist die schöne Oenocarpus Mapora[1]. Im Unterwalde bergen sich, Schatten suchend, die anmuthvollsten Typen des Gewächsreiches, die Farnbäume; zartgefiederte Ingobäume hüllen die ernstblickenden, schwarzstämmigen Farren und Zwergpalmen in ein träumerisches Halbdunkel, zu welchem der goldschimmernde Tagesstrahl durch das leichtbewegte Maschennetz des Fiederlaubes blinzelnd hinablauscht; Erythrinenbäume spannen darüber flammendrothe, weithinleuchtende Blumenbaldachine aus; an Zweigen und Stämmen empor klimmen farben- und blumenreiche Rank- und Lianengewächse aus den großblumigen Gattungen der Bignonien, Passifloren und Apocynen, während


  1. Die schöne, fiederblättrige Oenocarpus Mapora – heißt es in einem Berichte – ist jetzt durch die Bemühung des unterrichteten Reisenden Engel eine Zierde unserer Gewächshäuser geworden etc. – Andere Citate aus Briefen lauten: Tausende von den Samen der Oreodoxa oleracea keimen und versprechen binnen einiger Jahre ausreichende Reisefonds; – die Samen der Cinchona Tuenjensis keimen prächtig und kann jede junge Pflanze auf 20 Thlr. veranschlagt werden; – endlich sind zwei Kisten mit Orchideen in gutem Zustande angekommen; Herr R. taxirt den Werth derselben auf 800 Thlr. u. s. w. u. s. w. – Und von allen jenen keimenden Samen, Pflanzen, Orchideen etc. ist dem, der sie mit seinem Gut und Blut herübergeschafft, in seinen schwersten Bedrängnissen nicht ein einziger Thaler baares Geld zugegangen, und nicht sah er nach seiner Rückkehr, die durch einen anderthalbjährigen Verwaltungsdienst auf einer Hacienda ermöglicht wurde, auch nur eine einzige seiner Pflanzen!
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 450. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_450.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)